Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Textarchiv > 2010 > kanada
Am 26. und 27. Juni 2010 gingen der G8- und der G20-Gipfel in Huntsville und Toronto (Kanada) zu Ende. Die Ergebnisse dieses Treffens von Vertretern der sieben wichtigsten Wirtschaftsnationen und Russlands sowie der wichtigsten Schwellenländer stehen am Freitag, 2. Juli 2010, ab 10.05 Uhr im Zentrum einer einstündigen Plenardebatte. Dann diskutieren die Abgeordneten auch über die Konsequenzen aus den letztjährigen G8- und G20-Gipfeln in L’Aquila, London und Pittsburgh. Hintergrund der Debatte ist eine Große Anfrage der SPD sowie ein von der Linksfraktion angekündigter Antrag zum aktuellen Gipfel in Toronto.
Unter dem Titel "Umsetzung der Ergebnisse im Bereich der Wirtschafts- und Finanzpolitik der G8- und G20-Gipfel durch die Bundesregierung“ (17/1796) hat die SPD im Vorfeld der Gipfeltreffen einen 20 Punkte umfassenden Fragenkatalog vorgelegt, in dem sie sich nach den Konsequenzen aus den G8- und G20-Beratungen im letzten Jahr erkundigt.
Noch sei die Weltwirtschaftskrise nicht bewältigt. Daher komme es darauf an, einen internationalen Rahmen für ein "robustes, nachhaltiges und ausgewogenes Wirtschaftswachstum“ zu schaffen, schreibt die Fraktion zur Begründung für ihre Große Anfrage.
Die beschlossenen Reformen im Bereich der Finanzmarktregulierung müssten entschlossen umgesetzt werden. Nur durch die Beseitigung der deutlich gewordenen Schwächen bei der Regulierung und Aufsicht könne die Bereitschaft im Finanzsektor zum Eingehen unverhältnismäßiger Risiken effektiv entgegengewirkt werden, erklären die Sozialdemokraten.
Weiter dringen sie darauf, Finanzmärkte, Finanzprodukte und Finanzmarktakteure durch Entscheidungen der G8- und G20-Gipfel einer wirksamen Regulierung zu unterwerfen. Allerdings, so die Kritik der Fraktion, mehrten sich die "Anzeichen“, dass die Umsetzung der internationalen Abstimmungen von Seiten der Bundesregierung nicht mit der "notwendigen Intensität“ verfolgt würde.
Es sei aber im Hinblick auf funktionierende internationale Finanzmärkte unumgänglich, dass sich die Regierung im Rahmen der Gipfeltreffen konsequent gegen "Offshore-Finanzzentren“ und Steueroasen und für eine internationale Transaktionsteuer einsetze.
Auch brauche man dringend ein international gültiges Aufsichts- und Regelwerk für systematisch relevante Kredit- und Versicherungsinstitute sowie Hedge-Fonds, Private-Equity-Fonds und Ratingagenturen, heißt es in der Vorlage weiter. Bonuszahlungen müssten zudem begrenzt und ein Frühwarnsystem für Fehlentwicklungen auf den Finanz- und Kapitalmärkten müsse etabliert werden.
Angesichts dieser Aufgaben erkundigen sich die Abgeordneten in ihrer Anfrage nach den Konsequenzen der letztjährigen G8- und G20-Gipfel. So wollen sie etwa wissen, zu welchen Ergebnissen der Austausch im italienischen L’Aquila geführt habe.
Zudem interessiert die SPD, ob sich die Bundesregierung beim G20-Gipfel in London über eine massive Aufstockung der Mittel etwa für den Internationalen Währungsfonds verständigen konnte und ob es eine Einigung auf ein schärferes Vorgehen gegen Steueroasen gäbe.
Weitere Fragen betreffen auch den G20-Gipfel in Pittsburgh: Hier fragt die SPD nach einer abgestimmten Strategie zum Ausstieg aus den zur Stützung von Konjunktur und Finanzmarkt getroffenen Maßnahmen ("Exitstrategie“) und will wissen, welche konkreten Maßnahmen einer solchen Strategie die Bundesregierung bereits in Deutschland eingeleitet hat.
Darüber hinaus erkundigen sich die Sozialdemokraten nach den Erfolgen, welche durch die Umsetzung des Aktionsplans zur Reform der Finanzmarktregulierung schon erzielt werden konnten. Ob etwa "Qualität und Quantität“ des von den Banken vorzuhaltenden Kapitals verbessert, die Derivatemärkte effektiv reguliert oder die Aufsicht über Hedge-Fonds erweitert worden seien, wird gefragt.
Ferner hakt die Fraktion in punkto internationaler Finanztransaktionsteuer nach: "Welche konkreten Initiativen, insbesondere zur Einführung der internationalen Finanztransaktionsteuer, hat die Bundesregierung selbst in die G20 eingebracht, um die Ziele zu erreichen?“
Weitere Fragen beziehen sich unter anderem auf die Etablierung eines Europäischen Systems der Finanzaufsicht, der Haltung der Bundesregierung bezüglich der Kompetenzen einer europäischen Aufsichtsbehörde und ihrer Erfolge, sich für eine Begrenzung der "exzessiven Ölpreisvolatilität“ durch mehr Aufsicht auf den Ölterminmärkten einzusetzen. Inzwischen liegt auch die Antwort der Bundesregierung vor (17/2295).
Die Linksfraktion wirft in ihrem Antrag (17/2232) den Regierungen der G20-Staaten vor, bei der Regulierung der Finanzmärkte sowie bei der Überwindung der Wirtschaftskrise "vollständig versagt“ zu haben. Bisher seien weder besonders gefährliche Finanzprodukte verboten noch die Verursacher der Krise, die Banken, an den Kosten beteiligt worden, kritisiert die Fraktion.
Auch habe man es versäumt, nationale Konjunkturprogramme international abzustimmen und auszuweiten: "Stattdessen wurden in IWF-Rettungsprogrammen in Lateinamerika, Osteuropa und auch in Griechenland brutale Kürzungen von Sozialausgaben an die Vergabe von Krediten verknüpft“, schreibt die Die Linke in ihrer Vorlage.
Sie fordert daher die Bundesregierung dazu auf, sich nun bei den G20 dafür einzusetzen, dass die Finanzmärkte effektiv unter demokratische Kontrolle gestellt werden. Dazu müssten Wechselkurse stabilisiert, regional Währungsabkommen unterstützt und die Leitwährungsrolle des Dollars "durch einen supranationalen Währungskorb analog zu den Sonderziehungsrechten des IWF“ abgelöst werden.
Außerdem verlangt die Fraktion die Schaffung einer funktionsfähigen, weltweiten Finanzaufsicht unter dem Dach der UN, eine Vereinbarung für die Einrichtung öffentlicher Rating-Agenturen sowie eine Transaktionsteuer auf den Handel mit Wertpapieren und Devisen.
"Konjunkturmaßnahmen international koordinieren"
Darüber hinaus drängen die Abgeordneten die Regierung zu einer nachhaltigen Regulierung der Weltwirtschaft. So müssten insbesondere "globale Leistungsbilanzungleichgewichte“ entschärft werden. Auch Konjunktur- und Subventionsmaßnahmen sollten weiterhin international koordiniert werden, um einen "Subventionswettlauf“ zu verhindern, heißt es im Antrag.
Ferner solle sich die Regierung bei den G20 dafür einsetzen, dass die Kernarbeitsnomen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sowie Menschenrechts-, Sozial- und Umweltstandards gegenüber transnationalen Konzernen durchgesetzt werden. Ziel müsse ein globales Investitionsabkommen sein, mit dem Investitionen nachhaltig reguliert werden können.