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Der Bundeshaushalt sieht für das Jahr 2011 Gesamtausgaben von 305,8 Milliarden Euro und eine Neuverschuldung von 48,4 Milliarden Euro vor. So sieht es das durch den Haushaltsausschuss geänderte Haushaltsgesetz 2011 (17/2500, 17/2502, 17/3523, 17/3524, 17/3525) vor, welches der Bundestag am Freitag, 26. November 2010, in namentlicher Abstimmung verabschiedet hat. 323 Abgeordnete stimmten für, 253 Abgeordnete dagegen, es gab eine Enthaltung. Damit sinken die Ausgaben verglichen mit den Planungen für 2010 um 13,7 Milliarden Euro. Die Nettokreditaufnahme geht im Vergleich zum Etatansatz für 2010 um 31,4 Milliarden Euro zurück. Für Investitionen sind im kommenden Jahr 32,33 Milliarden Euro vorgesehen, die Einnahmen aus Steuern sollen 2011 insgesamt 229,16 Milliarden Euro betragen. Während der Debatte zum Haushaltsgesetz 2011, die zugleich den Abschluss der Haushaltsberatungen bildete, lobte die Koalition das vorgelegte Zahlenwerk als sinnvollen Beitrag zur Konsolidierung, mit dem die Vorraussetzungen für nachhaltiges Wachstum geschaffen würden. Die Opposition lehnte den Entwurf hingegen ab. Der Haushalt sei weder sozial gerecht noch sei er zukunftsfähig ausgerichtet.
Gespart werde zulasten der Arbeitnehmer, der Arbeitslosen und der Rentner, während die Verursacher der Krise ungeschoren davon kommen würden, kritisierte Carsten Schneider (SPD). Der Haushalt sei "nicht sozial ausgerichtet“, befand er. Bedauerlicherweise habe die FDP bei den Kürzungen im sozialen Bereich ihre Ideologie durchgebracht. Schneider beanstandete, dass die Abgeordneten der Koalition das Budgetrecht als höchstes Recht des Parlaments, vollkommen aus der Hand gegeben hätten.
Mit der "nicht nachvollziehbaren“ Berechnung der Schuldenbremse durch das Bundesfinanzministerium sei der Bundestag einer "Selbstentmachtung“ einen weiteren Schritt entgegengekommen. Dadurch, dass trotz 11,2 Milliarden Euro an konjunkturell bedingten Mehreinnahmen die Nettokreditaufnahme lediglich um 9,1 Milliarden Euro gesenkt worden sei, habe sich die Bundesregierung einen Puffer bei der Schuldenbremse eingebaut und so für höhere Verschuldungsspielräume in den kommenden Jahren gesorgt, bemängelte Schneider.
Es gebe keine rechtliche Verpflichtung, die Schuldenbremse ständig neu anzupassen, entgegnete dem der Unionsabgeordnete Norbert Barthle. Bundesrechnungshof und Bundesbank forderten lediglich, so viel zu sparen wie möglich sei. "Genau das tun wir auch“, sagte Barthle. Die Höchstgrenze der Nettokreditaufnahme werde um über vier Milliarden Euro unterschritten.
Mit dem Vorwurf, der Finanzminister schaffe sich eine "Kriegskasse“, demaskiere sich die SPD nur selbst. "So denken Sie, wir aber nicht“, sagte der CDU-Politiker. Die Koalition nutze keine eventuellen Verschuldungsspielräume aus, sondern mache so wenig Schulden wie irgend möglich. Ohnehin sei die Argumentation der Opposition widersprüchlich. Zum einen gebe es den Vorwurf, es werde zu wenig gespart, was angesichts der Ausgabensenkung von 14 Milliarden Euro falsch sei. Andererseits heiße es, der Haushalt sei unterfinanziert. Festzuhalten sei, dass die Zeit der Ausgabenzuwächse vorbei sei. "Strukturelles Sparen ist der richtige Weg“, urteilte Barthle.
Dass die Koalition für die Aufnahme neuer Schulden in Höhe von 48,4 Milliarden Euro Lob erwarte, sei unglaublich, befand Steffen Bockhahn (Die Linke). Zwar seien in der Tat Ausgaben gekürzt worden, allerdings auf Kosten weiterer neuer Einnahmen. "Das ist doppelt kontraproduktiv.“ Folge dieser Politik sei eine Steigerung der Neuverschuldung, weil die Einnahmen verloren gingen. Etwa wenn bei den sozial Benachteiligten, die ohnehin schon eine geringe Kaufkraft hätten, weiter gekürzt werde.
"Damit würgen Sie die Kaufkraft ab und berauben sich der Steuereinnahmen, die für die Konsolidierung des Haushaltes gebraucht werden“, sagte der Linken-Abgeordnete. Zugleich kritisierte er die Kürzungen bei der Städtebauförderung und beim Programm zur CO2-Gebäudesanierung. Damit würden auch Folgeinvestitionen verloren gehen, da einem Euro staatlicher Förderung acht bis neun Euro privater Investitionen nachfolgen würden.
In der Haushaltswoche sei deutlich geworden, dass die Opposition zum Konsolidierungskurs der Koalition "keinerlei Alternativen hat“, sagte der FDP-Abgeordnete Jürgen Koppelin. Stattdessen sei nur "gejammert und geklagt worden“. Während die Koalition im Bund spare, nehme die SPD in Nordrhein-Westfalen "Schulden noch und noch auf“, kritisierte er.
Die Grünen wiederum seien gegen alles, insbesondere gegen die Atomindustrie. Unter der rot-grünen Bundesregierung habe es jedoch seinerzeit Ausfuhrgenehmigungen und Hermes-Bürgschaften für Atomkraftwerke gegeben, beispielsweise nach China, sagte der FDP-Politiker und verlangte: "Tun Sie nicht so, als seien Sie die Gutmenschen.“ Die Koalition jedenfalls, das zeige der Haushalt, habe "hervorragend gearbeitet“. Man könne angesichts von Wachstum und weniger Arbeitslosen fast von einem "zweiten Wirtschaftswunder“ reden, befand Koppelin.
Trotz des zu begrüßenden "XXL-Wachstums“ sehe der Haushalt die zweitgrößte Neuverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik vor, kritisierte Alexander Bonde (Bündnis 90/Die Grünen). Der Haushalt versuche sich richtigerweise an der Schuldenbremse zu orientieren, habe dabei aber ausschließlich die Frage der "fiskalischen Verschuldung“ im Blick. "Die damit verursachte ökologische und soziale Verschuldung ignorieren Sie einfach“, sagte er.
Die Konsolidierungsleistung werde ausschließlich von den Schwachen erbracht. "Das geht auch anders“, betonte Bonde. Etwa durch den sinnvollen Abbau von Subventionen. Hier habe seine Fraktion eine Reihe von Vorschlägen gemacht, die von der Koalition abgelehnt worden seien. Gleiches gelte für die "moderaten“ Vorschläge zu sozial gerechten Mehreinnahmen. Die Strategie der Koalition, so Bonde, bringe keine gesamtgesellschaftliche Lösung.
Der Haushalt halte die Schuldenbremse ein und generiere trotzdem Wachstum, lobte Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU). Dieser richtige Kurs müsse nun fortgesetzt werden ohne den Fehler zu machen, "konjunkturelle Spielräume strukturell zu verschenken“.
Auf die Situation in Irland eingehend sagte der Finanzminister: "Wir verschwenden nicht das Geld unserer Steuerzahler für irgend jemanden in Europa, der angeblich weniger solide ist.“ Vielmehr nehme man die eigenen Interessen wahr, wenn man auf politische und ökonomische Integration in Europa setze und die gemeinsam europäische Währung, "die zu unserem Vorteil ist“, stabil halte.
Im Anschluss an die Debatte lehnte der Bundestag in namentlicher Abstimmung einen Änderungsantrag der SPD-Fraktion (17/3870) zum Haushaltsgesetz 2011 mit 313 Nein-Stimmen bei 178 Ja-Stimmen und 64 Enthaltungen ab. Keine Mehrheit fand auch ein Änderungsantrag der Linksfraktion (17/3852) zum Haushaltsgesetz.
Ebenfalls abgelehnt wurden eine Reihe von Entschließungsanträgen der Oppositionsfraktionen. Auf das Haushaltsgesetz selbst bezogen sich Entschließungsanträge der SPD (17/3911, 17/3912), der Linksfraktion (17/3913) und von Bündnis 90/Die Grünen (17/3914).
Weitere Entschließungsanträge nahmen auf Einzelpläne Bezug: Bildung und Forschung (17/3910, Die Linke), wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (17/3907, 17/3908, Die Linke; 17/3909, Bündnis 90/Die Grünen), Innenministerium (17/3902, Die Linke), Verteidigungsministerium (17/3905, Die Linke), Umweltministerium (17/3906, Bündnis 90/Die Grünen), Verkehr und Bau (17/3904, Bündnis 90/Die Grünen), Arbeit und Soziales (17/3903, Bündnis 90/Die Grünen).
Bereits vor der Schlussdebatte hatte der Bundestag ohne Aussprache die Einzelpläne 32 (Bundesschuld) und 60 (Allgemeine Finanzverwaltung) angenommen. In namentlicher Abstimmung wies das Parlament einen Änderungsantrag der Linksfraktion (17/3851) zum Einzeplan 60 ab. 437 Abgeordnete votierten dagegen, 66 befürworteten ihn und 61 enthielten sich. Keine Mehrheit fanden weitere Änderungsanträge der Linksfraktion (17/3848, 17/3849, 17/3850) sowie ein Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen (17/3901) zum Einzelplan Allgemeine Finanzverwaltung.
Den Finanzplan des Bundes 2010 bis 2014 (17/2501) nahm der Bundestag auf Empfehlung des Haushaltsausschusses (17/3526) zur Kenntnis. (hau)