Navigationspfad: Startseite > Kultur & Geschichte > Geschichte > Historische Ausstellungen > Paul-Löbe-Haus > Selbstentmachtung des Parlamentes
Die Nationalsozialisten versprachen sich von der Reichstagswahl am 5. März 1933 eine absolute Mehrheit der Stimmen und somit eine Festigung ihrer Macht. Gewalt und Propaganda dominierten den Wahlkampf der NSDAP. Führende Politiker von KPD und SPD waren verhaftet worden, ins Ausland geflüchtet oder untergetaucht. Mit 43,9 Prozent aller Wählerstimmen verfehlte die NSDAP die sicher geglaubte Mehrheit.
Ein wesentlicher Schritt zur Errichtung der Alleinherrschaft war das dem Reichstag am 23. März 1933 vorgelegte verfassungsändernde "Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich". Es ermächtigte die Regierung zum Erlass von Gesetzen ohne Zustimmung von Reichstag und Reichsrat sowie ohne Gegenzeichnung des Reichspräsidenten. Unter massivem Druck verabschiedete der Reichstag gegen die Stimmen der SPD das "Ermächtigungsgesetz ". Alle 81 Abgeordneten der KPD und 26 SPDAbgeordnete konnten an der Abstimmung nicht teilnehmen: Sie befanden sich in "Schutzhaft" oder waren vor drohender Verfolgung geflohen. In seiner Reichstagsrede gegen das "Ermächtigungsgesetz" legte der sozialdemokratische Parteivorsitzende Otto Wels ein eindrucksvolles Bekenntnis zur parlamentarischen Demokratie ab. Er bekannte sich zur Weimarer Verfassung und zu den in ihr verankerten Grundsätzen der Menschlichkeit, Gerechtigkeit und Freiheit.
Das "Ermächtigungsgesetz" bildete die rechtliche Grundlage für die systematische Zerstörung des Verfassungsstaates. Mit diesem Gesetz hatte das - nationalsozialistisch beherrschte - Parlament sich selbst entmachtet. Gleichzeitig entfernten die Nationalsozialisten das ihnen verhasste Symbol der Republik: die schwarzrotgoldene Nationalflagge. Sie erklärten die Hakenkreuzfahne gleichberechtigt mit der schwarzweißroten Trikolore des Kaiserreiches zum Staatssymbol des Deutschen Reiches.