Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > April 2011 > Auftragspolster der deutschen Werften schmelzen weiter
Von den Auftragseinbrüchen seien Werften, die sich vor allem auf den Containerschiffbau konzentriert hätten, am stärksten betroffen gewesen. Sie hätten strukturelle Anpassungen vornehmen müssen, schreibt die Regierung. Als Ergebnis sei es selbst traditionsreichen Containerschiffswerften gelungen, neue Aufträge für den Bau beispielsweise von Windpark-Errichterschiffen und Arctic-Spezialschiffen einzuwerben. Als Lehre aus der Krise würden die Unternehmen ihre schiffbauliche Forschung mit dem Ziel der stärkeren Positionierung in den Hightech-Segmenten des Passagier-, RoRo- und Spezialschiffbaus intensivieren. Zugleich gab es einen ”schmerzhaften Beschäftigungsrückgang“ bei den Werften. Im September 2010 hätten die deutschen Werften noch 16.760 Direkt-Beschäftigte gehabt. Dies seien 3.800 weniger (minus 18,4 Prozent) als 2008.
Insgesamt zählt die deutsche maritime Wirtschaft mehr als 380.000 Beschäftigte und ein jährliches Umsatzvolumen von 50 Milliarden Euro. Die Krise habe 2009 ”zu erheblichen Wachstumseinbrüchen in nahezu allen Bereichen der maritimen Wirtschaft“ geführt, berichtet die Bundesregierung. So seien die Fracht- und Charterraten in der internationalen Containerschifffahrt um 50 bis 80 Prozent und der Güterumschlag in den deutschen Seehäfen um 18 Prozent eingebrochen. Aus dem Kredit- und Wirtschaftsprogram der Regierung hätten die Reeder Kredite und Bürgschaften von 643 Millionen Euro und die Werften in Höhe von 672 Millionen Euro erhalten, um die auf die Krise zurückzuführenden Finanzierungsprobleme bewältigen zu können. Inzwischen profitiere die maritime Wirtschaft jedoch von der Erholung der Weltwirtschaft. So sei der Umschlag in den deutschen Häfen 2010 um 6 Prozent auf 275 Millionen Tonnen gestiegen.
Weiter heißt es in dem Bericht, die Flotte der deutschen Reeder habe sich in den letzten 10 Jahren fast verdoppelt. Heute sei die deutsche Handelsflotte mit 3.605 Schiffen die drittgrößte weltweit. Im Bereich der Containerschifffahrt verfüge Deutschland über 35 Prozent der weltweiten Kapazitäten. Allerdings gehe der Anteil der deutschflaggigen Schiffe in der von deutschen Reedern disponierten Handelsflotte immer weiter zurück, ”und die Schere zwischen Schiffen unter deutscher Flagge und unter fremder Flagge öffnet sich weiter“, beklagt die Bundesregierung. Trotz öffentlicher Förderung würden die Unternehmen ihr Verhalten besonders mit Kostennachteilen bei der Fahrt unter deutscher Flagge im Vergleich zu anderen Flaggen begründen.
Grundsätzlich sieht die Regierung eine wachsende Bedeutung der Meere für die Gewinnung von Energie, Rohstoffen oder den Transport von Gütern. Zur Situation der meerestechnischen Wirtschaft heißt es, sie habe ein ”außerordentlich hohes Wachstums- und Zukunftspotenzial“. Es gebe in Deutschland 500 Unternehmen und 200 wissenschaftliche Institute. Der umsatzstärkste Bereich sei ”Offshore Öl und Gas“ mit einem Umsatz von 8 Milliarden Euro. Da die Menschheit auf absehbare Zeit weiter von fossilen Energievorkommen abhängig bleiben werde, sei für Deutschland als rohstoffarmes Land die Sicherung von Rohstoffquellen in den Tiefen der Ozeane von großer Bedeutung. Insbesondere in der Offshore-Öl- und Gasförderung sei mit einem deutlichen Anstieg im Tiefseebereich zu rechnen.
Das Umsatzvolumen der Offshore-Windenergie wird mit 1 Milliarde Euro beziffert. Aufgrund der gegebenen Rahmenbedingungen wie Küstenentfernung und Wassertiefen in Deutschland sei die Wirtschaftlichkeit von Offshore-Windparks im Vergleich zum europäischen Ausland ”bisher allerdings nur teilweise gegeben“, schreibt die Bundesregierung. Die Vielzahl von zum Teil noch ungeklärten technischen Fragen sowie administrativen Hemmnissen führe zu Unsicherheiten. Diese Hemmnisse sollen überwunden werden. Bis 2030 bestehe beim Ausbau der Offshore-Windenergie ein geschätzter Investitionsbedarf von 100 Milliarden Euro, schreibt die Bundesregierung.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Jörg Biallas
Redaktion: Dr. Bernard Bode, Claudia Heine, Alexander Heinrich, Michael Klein, Hans-Jürgen Leersch, Monika Pilath, Dr. Verena Renneberg, Helmut Stoltenberg, Alexander Weinlein