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Eklat um Atompläne, Skandal im Umweltausschuss, Gebrüll im Sitzungssaal. Die Schlagzeilen in der letzten Oktoberwoche des vergangenen Jahres machen es deutlich: Es ging hoch her bei der Sondersitzung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit am Dienstag, dem 26. Oktober 2010. Hauptstreitpunkt waren die geplanten Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke. Die Koalitionsfraktionen waren dafür – aus der Opposition gab es erbitterten Widerstand. Und mittendrin stand die Ausschussvorsitzende Eva Bulling-Schröter von der Linksfraktion. "Ich musste da die Übersicht behalten und durfte nicht parteiisch sein. Auch wenn mir das als Oppositionspolitikerin in der Seele wehgetan hat“, erinnert sie sich.
Während Unions- und FDP-Fraktion auf die Abstimmung drangen, legten die Oppositionsfraktionen teils noch während der Sitzung weitere Anträge vor, die sie auch begründen wollten. "Was da innerhalb der Geschäftsordnung möglich ist, war niemandem bis dahin so richtig bewusst“, sagt Bulling-Schröter.
Um einen geregelten Ablauf der Sitzung gewährleisten zu können, wandte sie sich schließlich an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, der ihr einen Juristen aus der Bundestagsverwaltung zur Seite stellte. Nach zwei Sitzungsunterbrechungen fand die Beratung in den späten Abendstunden ein Ende. Die Vorlagen wurden verabschiedet – mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen.
Auch wenn laut Bulling-Schröter "die Laufzeitverlängerungen einen Riss in den Ausschuss gebracht haben“, geht es ansonsten nicht derartig turbulent zu. "Es gibt beispielsweise viel Übereinstimmung in Klimafragen – zumindest über die grundsätzlichen Ziele“, sagt die Ausschussvorsitzende.
Hart gestritten werde hingegen darüber, wie diese Ziele erreicht werden können, sagt sie. In der Forderung, dass die Europäische Union ihre CO2-Emissionen bis 2020 nicht lediglich um 20 Prozent, sondern um 30 Prozent gegenüber 1990 absenken soll, herrsche Einigkeit im Ausschuss, betont sie.
Selbst der Bundesumweltminister Dr. Norbert Röttgen (CDU) sei dafür und werde daher auch von der Opposition unterstützt. "Hier gehen die Konfliktlinien eher quer durch eine ganze Reihe von Fraktionen, die gegen ihre Wirtschaftsleute diskutieren müssen“, sagt die Abgeordnete der Linken.
Bei ihrer Arbeit als Ausschussvorsitzende sei es wichtig, „einen Konsens über die Sitzungsabläufe herzustellen“. Etwa damit die Anträge jeder Fraktion auf Berichterstattungen des Ministeriums oder auf Anhörung von Verbänden und Institutionen "angemessen behandelt werden“.
Bulling-Schröter will daher "für eine faire Leitung sorgen, sodass alle Fraktionen ausgiebig reden und fragen können“. Wer wie viele Sachverständige zu einer öffentlichen Anhörung einladen darf, wird nach einem auch von anderen Ausschüssen praktizierten Schlüssel entschieden.
Im Gespräch mit den Obleuten Josef Göppel (CDU/CSU), Dr. Matthias Miersch (SPD), Horst Meierhofer (FDP), Ralph Lenkert (Die Linke) und Dorothea Steiner (Bündnis 90/Die Grünen) stimmt sich die Ausschussvorsitzende genauer über den Ablauf der Anhörung ab.
Die Reiseaktivitäten des Umweltausschusses seien weniger ausgeprägt als die anderer Ausschüsse, sagt die Vorsitzende. Bei den UN-Klimakonferenzen sei ein Teil der Abgeordneten "natürlich vertreten“, So zuletzt im mexikanischen Cancún, als sechs Parlamentarier den Ausschuss vertraten.
Unmittelbar davor ging es drei Tage nach Guatemala, wo Gespräche mit Nichtregierungsorganisationen, Umweltverbänden und dem dortigen Umweltminister anstanden, unter anderem zum Waldschutz. "Wenn es fachlich Sinn macht, verbinden wir die UN-Gipfel immer mit Besuchen in der Region“, sagt Bulling-Schröter. "Das muss dann nicht doppelt bezahlt werden“, fügt sie hinzu.
Im neuen Jahr erwartet die Vorsitzende des Umweltausschusses intensive Debatten über das CCS-Gesetz, in dem geplant werde, unterirdische Lagerstätten für Kohlendioxid zu erproben. Aber auch mit der Einbringung einer Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes rechnet Eva Bulling-Schröter. Zudem soll Jochen Flasbarth, der Präsident des Bundesumweltamtes, demnächst zu einem Sachverständigengespräch in den Ausschuss eingeladen werden.
Seit Anfang dieser Legislaturperiode hat die aus Ingolstadt stammende Abgeordnete ihr Amt inne, nachdem sie vier Jahre lang als Stellvertreterin amtiert hatte. Hat sie den Wechsel bereut? Nein, sagt sie, auch nicht während der Tumulte in der "Atomsitzung“. "Es macht mir ganz viel Spaß und ist auch herausfordernd.“ Als "notwendig und alternativlos“ bezeichnet sie die Arbeit der Umweltpolitiker. "Wir schaffen vielfach zwar nur kleine Schritte, aber die sind umso wichtiger.“
Für die Ausschussarbeit wünscht sie sich künftig mehr Öffentlichkeit. "Ich bin dafür, prinzipiell öffentlich zu tagen“, sagt sie. Im bayerischen Landtag würden alle Ausschusssitzungen öffentlich stattfinden. "Was dort geht, muss auch bei uns gehen“, fordert die Bayerin. (hau)