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Christoph Schnurr (FDP), Anita Schäfer (CDU/CSU), Hellmut Königshaus, Norbert Lammert, Verteidigungsausschuss-Vorsitzende Susanne Kastner (SPD), Karin Evers-Meyer (SPD) © DBT/Hill
Wenn es in Zukunft keine Wehrpflichtigen in der Bundeswehr mehr gibt, wird es schwieriger und teurer, Nachwuchs zu gewinnen. Darauf weist der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Hellmut Königshaus, in seinem Wehrbericht für das Jahr 2010 (17/4400) hin. Königshaus hat den Bericht am Dienstag, 25. Januar 2011, an Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert übergeben.
Ausreichenden Nachwuchs werde die Bundeswehr nur gewinnen, wenn der Dienst in den Streitkräften attraktiv bleibe, betont Königshaus. Zu einem attraktiven Dienst gehörten auch attraktive Laufbahnen und realistische Karrierechancen. Das sei nicht überall der Fall.
In Eingaben und Gesprächen hätten Soldaten immer wieder darauf hingewiesen, wenn sie über fehlende Planstellen und Beförderungsstaus klagten, betont der Wehrbeauftragte.
Der Dienst müsse aber auch in Einklang mit den Erwartungen und Bedürfnissen der Familien zu bringen sein. Wichtig sei dabei eine heimatnahe Stationierung und Ausbildung. Zahlreiche Eingaben machten dies deutlich.
Königshaus empfiehlt der Bundeswehr, die Chance der Strukturreform unbedingt zu nutzen, um Truppengattungen wie etwa die Instandsetzung oder die Pioniere regional zu konzentrieren, um das Pendeln zum Dienstort und Trennungen von der Familie aufgrund von Lehrgängen so weit wie möglich zu reduzieren.
Ein besonders dringendes Problem bei der Vereinbarkeit von Familie und Dienst sei die Kinderbetreuung. Hier reiche das Angebot der Bundeswehr nicht aus. Bisher gebe es nur einen Betriebskindergarten, und zwar auf dem Gelände des Bundesverteidigungsministeriums auf der Bonner Hardthöhe.
Der Wunsch vieler Soldatinnen und Soldaten nach eigener Kinderbetreuung könne nicht immer erfüllt werden, weil es an Vertretungen fehle und die Tele- und Teilzeitarbeit trotz hoher Nachfrage immer noch ein Nischendasein führe. Dabei dürfe es nicht bleiben.
Königshaus unterstreicht: "Die Vereinbarkeit von Familie und Dienst ist keine Frage von ein bisschen mehr oder weniger Fürsorge. Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der Verfassung. Das gilt erst recht, wenn der Staat selbst Dienstherr ist."
Sorge bereitet dem Wehrbeauftragten nach wie vor der Sanitätsdienst. Trotz zusätzlicher Dienstposten, höheren Stellenzulagen und früheren Facharztzusagen habe der Mangel an Ärzten und Pflegepersonal nicht ausgeglichen werden können. Der Sanitätsdienst könne seinen Auftrag seit mehreren Jahren nicht mehr ohne Rückgriff vor allem auf Vertragsärzte und Fachabteilungen ziviler Krankenhäuser, über die die Bundeswehr selbst nicht mehr verfüge, erfüllen.
Königshaus: "Wenn die Streitkräfte vom Einsatz her gedacht werden müssen, dann muss der Sanitätsdienst in der Lage sein, die sanitätsdienstlichen Leistungen, die zur Versorgung der Soldatinnen und Soldaten erforderlich sind, aus eigener Kraft zu erbringen."
Was die Ausrüstung und Bewaffnung der Soldaten und den Zustand des eingesetzten Geräts angeht, verzeichnet der Wehrbeauftragte "unverkennbare" Verbesserungen. Diese dürften aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Mängel und Defizite immer noch vorhanden sind.
Der Jahresbericht 2010 ist der 52. Jahresbericht eines Wehrbeauftragten, der nun in den kommenden Monaten im Deutschen Bundestag beraten werden wird. Königshaus hatte das Amt am 12. Mai 2010 von seinem Vorgänger Reinhold Robbe übernommen.
Norbert Lammert sagte bei der Berichtsübergabe: "Es gibt keinen Bericht, der so oft erstellt und gleichzeitig so sorgfältig im Deutschen Bundestag behandelt wird wie der Bericht des Wehrbeauftragten." Es gebe nur wenige Aufgabenfelder, die der Bundestag so lange und so gründlich wahrnehme, wie die im Wehrbericht dokumentierten besonderen Verpflichtungen für den Einsatz der Soldatinnen und Soldaten.
Hier komme sowohl in der Institution des Wehrbeauftragten wie in der Auseinandersetzung mit seinen Berichten eine besondere Verpflichtung des deutschen Parlaments für die Bundeswehr zum Ausdruck, sagte Lammert.
Diese Aufgabe stelle sich unter jeweils veränderten Rahmenbedingungen immer wieder neu. "Das konnten wir in den vergangenen Tagen einmal mehr zur Kenntnis nehmen", bezog sich der Bundestagspräsident auf die jüngsten Vorfälle in der Bundesmarine und bei den deutschen Soldaten in Afghanistan.
Lammert unterstrich: "Der Wehrbeauftragte ist weder der Verteidigungsminister noch Regierungssprecher und auch nicht Sprecher der Opposition, sondern der Beauftragte des Deutschen Bundestages in der Beobachtung und möglichst systematischen Aufarbeitung von Entwicklungen in der Bundeswehr, von denen die Parlamentarier den Eindruck haben, dass sie sich darum künmmern müssen."
Königshaus bekräftigte, er sei der Beauftragte des ganzen Parlaments.
Er fühle sich von allen Fraktionen wahrgenommen und fair behandelt. "Und es wird umgekehrt auch so empfunden", glaubt Könighsaus, der sich für die breite Unterstützung seiner Arbeit bedankte. (vom/eis)