Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Textarchiv > 2011 > Klimaverträgliche EU-Energiepolitik
"Erneuerbare Energien kommen in der Europapolitik gar nicht vor“, sagte Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) während der zum Teil sehr emotional geführten Debatte am Freitag, 11. Februar 2011, über einen Antrag ihrer Fraktion mit dem Titel "Klimaverträgliche Energien für Europa - erneuerbar, effizient, sicher" (17/4687). Darin fordern die Abgeordneten ein stärkeres Engagement der Bundesregierung für den Klimaschutz auf nationaler wie europäischer Ebene. Die Bundesregierung halte in Fragen der Energiepolitik Sonntagsreden und verfolge dort eine "zahnlose Umsetzung“ der EU-Gesetzgebung. Dies sei auch zuletzt auf dem EU-Energiegipfel in Brüssel am 4. Februar wieder deutlich geworden, sagte Höhn, die insbesondere die jüngsten Vortsöße von EU-Energiekommissar Günther Oettinger ins Visier nahm. Öttinger hatte unter anderem höhere Renditen für die Netzbetreiber von den nationalen Aufsichtsbehörden ins Gespräch gebracht. Oettinger plane damit einen Angriff auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), so Höhn.
Den Stromkonzernen warf sie vor, den Ausbau erneuerbarer Energien zu verhindern und bezeichnete "Brückentechnologie“ als Unwort des Jahres. Die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke bedeute eher eine Mauer als eine Brücke, so Höhn.
Scharfe Kritik am Antrag der Grünen kam dagegen aus den Reihen der Koalitionsfraktionen. Jens Koeppen (CDU/CSU) betonte, es fehlten darin entscheidende Aspekte wie die Fragen nach der Versorgungssicherheit sowie nach der Wirtschaftlichkeit. "Energiepolitik nur am Klimaschutz in Deutschland auszurichten, ist nur zu wenig, sondern auch fahrlässig“, sagte Koeppen. Eine moderne Energieversorgung müsse vielmehr ganzheitlich ausgerichtet sein.
Wenn etwa bezahlbare Energie nicht möglich sei, wanderten die Stromunternehmen in Richtung "ausländischer Energieparadiese“ ab, warnte er. Zudem habe ihn sehr geärgert, dass der Antrag "kein Wort zum nötigen Netzausbau“ enthielte. "Sie fordern erneuerbare Energien und überlassen die Drecksarbeit den anderen. Dies ist keine redliche Politik.“
Auch Horst Meierhofer (FDP) kritisierte die aus seiner Sicht unpräzise formulierten Ziele des Antrags, die er zudem als unrealistisch bezeichnete. "Dies ist ein Schaufensterantrag und an Populismus nicht zu überbieten“, sagte Meierhofer. Er enthalte ambitionierte Ziele, aber keinerlei Ansätze, wie man diese erreichen könne.
Daher sei der Antrag das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben wurde. Zudem kritisierte er, dass das Papier mit seinen Forderungen die europäischen Partner nicht einbeziehe. "Dort steht nicht, wie Deutschland mit anderen Ländern in Europa gemeinsam vorgehen kann. Immerhin geht es um den Klimaschutz in Europa.“
Demgegenüber betonte Ulrich Kelber (SPD), Deutschland sei Schlusslicht bei den europäischen Bemühungen um erneuerbare Energien. "Das ist ein Jammerspiel“, sagte Kelber, der gleichzeitig betonte, seine Fraktion fordere eine Kehrtwende in der Energiepolitik der Bundesregierung.
Bezeichnend sei es in diesem Zusammenhang gewesen, dass diese vor dem Energiegipfel in Brüssel offenbar keine Veranlassung für eine Regierungserklärung gesehen habe, um darzulegen, mit welchen Zielen sie an diese Veranstaltung herangehe. Doch auch auf europäischer Ebene bestünden noch erhebliche Defizite. "Der Energiegipfel war in Wirklichkeit ein Krisengipfel“, sagte Kelber.
Dies sah Eva Bulling-Schröter (Die Linke) ähnlich. "Der Energiegipfel stand im Schatten der Ereignisse in Ägypten, und das war auch besser so“, sagte Bulling-Schröter. "Es wurde nichts beschlossen, was uns weiter bringt.“ Beschlüsse, die schmerzhaft seien, wie etwa zur Einsparung von Treibhausgasen, würden permanent verschoben.
Daher müssten spätestens auf der kommenden UN-Klimakonferenz in Durban im November Beschlüsse her, forderte sie und kritisierte die aus ihrer Sicht bestehende Bevorteilung der Stromkonzerne. "Warten wir einmal ab, wie lange der Einspeisevorrang seine Gültigkeit behält. Ich traue Ihnen da nicht über den Weg“, sagte Bulling-Schröter an die Koalitionsfraktionen gewandt und betonte: "Sie unterstützen die Konzerne, dafür sind Sie gewählt.“ (jmb)