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Alle Fraktionen des Bundestages haben sich am Donnerstag, 17. März 2011, klar zum Kampf gegen die Steuerhinterziehung bekannt. Mit dem Gesetzentwurf zur Verbesserung der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung (17/4182, 17/5067) werde bewiesen, "dass unionsgeführte Bundesregierungen die Steuerhinterziehung energisch bekämpfen“, sagte der CDU/CSU-Finanzexperte Manfred Kolbe in der Debatte über den Gesetzentwurf, der mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen angenommen wurde.
SPD und Linksfraktion stimmten dagegen, eine Enthaltung gab es von Bündnis 90/Die Grünen. Mit dem Gesetz wird die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige für Steuerhinterzieher beibehalten, aber die Regeln werden zum Teil stark verändert. Ein Antrag der Koalition (17/1755), in dem die Ziele des Gesetzentwurfs konkretisiert werden, wurde gegen die Stimmen aller Oppositionsfraktionen angenommen.
Man gebe damit Menschen die Chance, in die Steuerehrlichkeit zurückzukehren, sagte der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Klaus-Peter Flosbach, der auch darauf hinwies, dass im vergangenen Jahr nach Selbstanzeigen zwei Milliarden Euro hinterzogene Steuern nachentrichtet worden seien.
Kolbe sagte, daher liege die Selbstanzeige im staatlichen Interesse, da sie zu einem höheren Steueraufkommen führe. Die Strafbefreiung sei kein Fremdkörper im Strafrecht, sondern es gebe sie auch in anderen Bereichen. Auch SPD-Länderfinanzminister würden die strafbefreiende Selbstanzeige für wirkungsvoller halten als den Einsatz von Ermittlern.
Dagegen forderte Martin Gerster (SPD) die Abschaffung der Selbstanzeige. Die SPD-Fraktion hatte dazu auch einen Gesetzentwurf (17/1411) eingebracht, den aber neben den Sozialdemokraten nur noch die Linksfraktion unterstützte. Die Koalitionsfraktionen und Bündnis 90/Die Grünen lehnten ab.
Gerster kritisierte, die Koalition habe ihr Ziel verfehlt und einen "Eiertanz“ um den Zuschlag von fünf Prozent aufgeführt, den Steuerhinterzieher freiwillig zahlen sollen, wenn sie mehr als 50.000 Euro Steuern hinterzogen haben und straffrei bleiben wollen.
Gerster wies darauf hin, dass die FDP diesen Zuschlag noch vor drei Wochen als "verkappten Strafzuschlag“ strikt abgelehnt habe, während die Union ihn Zuschlag mit der Begründung, er sei ein "Gebot der Steuerehrlichkeit“, einführen wollte.
Auch mit dem Zuschlag werde das Problem, dass sich selbst anzeigende Steuerhinterzieher gegenüber säumigen Steuerzahlern bevorzugt würden, nicht gelöst. "Eine effektive Bekämpfung der Steuerhinterziehung sieht anders aus“, rief Gerster.
Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Dr. Volker Wissing, warf der SPD vor, nur über das Thema Steuerhinterziehung zu reden und nicht zu handeln: "Das ist der Unterschied zwischen Ihnen, die es nicht ernst meinen mit der Bekämpfung von Steuerhinterziehung, und uns, die wir Fakten schaffen.“
Mit der Erhöhung der Sanktionen bei der Selbstanzeige in schweren Fällen sorge man dafür, "dass der Ehrliche in Deutschland nicht länger der Dumme ist“. Zu Zeiten von SPD-Finanzministern habe man die Selbstanzeige noch als Geschäftsmodell nutzen können. Das sei jetzt vorbei, freute sich Wissing.
Richard Pitterle (Linksfraktion) nannte die Selbstanzeige ein "Privileg für Menschen mit viel Geld“. Dagegen werde ein Hartz-IV-Empfänger, der etwas hinzuverdiene und dies nicht melde, "knallhart bestraft“. Die strafbefreiende Selbstanzeige trage dazu bei, Steuerhinterziehung attraktiv zu machen. Bei der von der Koalition gepriesenen Verschärfung handele es um einen "Papiertiger“.
Dr. Gerhard Schick (Bündnis 90/Die Grünen) sprach von einem "großen Bluff“ der Koalition. Union und FDP würden von einer Verschärfung sprechen, während es an manchen Stellen sogar Verschlechterungen gebe. Steuerhinterzieher müssten nicht alle Hinterziehungen offenbaren, sondern nur in einer Steuerart.
"Die vollständige Steuerehrlichkeit ist nicht mehr erforderlich“, beklagte Schick, der kritisierte, dass die Selbstanzeige mehrfach im Leben erstattet werden könne.
Das Gesetz sieht vor, dass Steuerhinterzieher bei einer strafbefreienden Selbstanzeige in Zukunft alle Hinterziehungssachverhalte offenlegen müssen und nicht nur die Bereiche, in denen eine Aufdeckung bevorsteht. Damit sollen sogenannte Teilselbstanzeigen ausgeschlossen werden.
Die Koalitionsfraktionen hatten diesen Punkt bei der letzten Ausschussberatung mit einem Änderungsantrag konkretisiert. Danach ist es für eine wirksame Selbstanzeige erforderlich, dass alle unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart - zum Beispiel Einkommensteuer - vollständig offenbart werden.
”Die strafbefreiende Wirkung tritt - vorbehaltlich der weiteren Bedingungen - dann für die verkürzte Steuer 'Einkommensteuer‘ ein“, heißt es in dem Änderungsantrag, den der Finanzausschuss am 16. März in den Entwurf eingefügt hatte.
Außerdem soll die Straffreiheit nicht mehr eintreten, wenn bei einer der offenbarten Taten ohnehin die Entdeckung droht. Dies soll schon dann der Fall sein, wenn die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wird. Bisher ist die Selbstanzeige bis zum Erscheinen des Steuerprüfers möglich.
Damit verschärften die Koalitionsfraktionen den Entwurf weiter. Die Strafbefreiung soll nur bis zu einer Hinterziehungssumme von 50.000 Euro gelten. Um bei höheren Summen Anreize zur Selbstanzeige zu schaffen, soll von Strafverfolgung abgesehen werden, ”wenn neben der Entrichtung von Steuer und Zins eine freiwillige Zahlung von fünf Prozent der jeweiligen einzelnen verkürzten Steuer zugunsten der Staatskasse geleistet wird“.
Abgelehnt wurde ein Antrag der SPD-Fraktion für einen automatischen Informationsaustausch auf internationaler Ebene in Steuersachen (17/4670). Die Koalitionsfraktionen waren dagegen, die Oppositionsfraktionen dafür.
Auch die Forderung der Linksfraktion (17/1149), Doppelbesteuerungsabkommen mit Staaten zu kündigen, die nicht zu einem umfassenden Informationsaustausch nach OECD-Standard bereit sind, wurde abgelehnt. Nur SPD- und Linksfraktion waren dafür, Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich.
CDU/CSU, SPD- und FDP-Fraktion lehnten einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (17/1765) zur wirksameren Bekämpfung der Steuerhinterziehung unter anderem durch Gründung einer Steuerfahndungsstelle auf Bundesebene ab. Die Linksfraktion enthielt sich.
Die Koalitionsmehrheit lehnte darüber hinaus einen Entschließungsantrag der SPD-Fraktion (17/5085) ab, in dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, den Entwurf eines Vertragsgesetzes für das neue Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz vorzulegen.
Die Diskussion um den Kauf von Steuerdatenträgern durch deutsche Behörden belege, welche besondere politische Bedeutung die Bevölkerung gerade diesem Abkommen zumesse, hatten die Sozialdemokraten argumentiert. (hle)