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Mitarbeiter im öffentlichen Dienst können auch weiterhin auf eine frühere Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR überprüft werden. Zudem wird der überprüfbare Personenkreis ausgeweitet. Ebenso ausgeweitet wird das Recht auf Einsicht die Stasi-Unterlagen. Der Bundestag verabschiedete am Freitag, 30. September 2011, in der abschließenden Lesung die von CDU/CSU und FDP eingebrachte achte Novelle des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (17/5894, 17/7170) gegen die Stimmen der Linksfraktion. SPD und von Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich der Stimme. Abgelehnt hingegen wurde ein Änderungsantrag der Sozialdemokraten und der Grünen (17/7199).
Die Möglichkeit der Überprüfung auf eine frühere Stasi-Tätigkeit wäre Ende des Jahres ausgelaufen. Mit der Gesetzesnovelle wird diese Frist bis zum 31. Dezember 2019 verlängert. Zukünftig können alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes ab der Besoldungsgruppe A9 beziehungsweise Entgeltgruppe E9 überprüft werden.
Diese Regelung wird von den Oppositionsfraktionen abgelehnt. So setzten sich SPD und Grüne, die eine Gesetzesnovelle prinzipiell unterstützen – dafür ein, Überprüfungen nur dann vorzunehmen, wenn „tatsächliche Anhaltspunkte für eine hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit“ für die Stasi vorliegt.
Die Linksfraktion lehnt das Gesetzesvorhaben prinzipiell ab und forderte die Überführung der Stasi-Akten in das Bundesarchiv. Die Parlamentarierin Rosemarie Hein betonte aber, dass auch ihre Fraktion für eine Aufarbeitung des Stasi-Unrechts eintrete.
Die Abgeordnete Beatrix Philipp (CDU/CSU) rechtfertigte die Verlängerung und Ausweitung der Überprüfungsfrist: „Wir wollen keinen Schlussstrich.“ Es könne nicht sein, dass der Dienstherr im öffentlichen Dienst weniger Überprüfungsmöglichkeiten habe als jeder Journalist. SPD und Grünen warf Philipp vor, den alten Konsens über das Stasi-Unterlagen-Gesetz aufgekündigt zu haben.
Auch der SPD-Parlamentarier Dr. Wolfgang Thierse erteilte Forderungen nach einem Schlussstrich unter die Aufarbeitung des Stasi-Unrechts eine klare Absage. Doch die Koalition habe mit der Ausweitung der Überprüfungsmöglichkeiten „übers Ziel hinausgeschossen“. Er habe den Eindruck, dass sich in der Koalition die Sichtweise auf das begangene Unrecht in der DDR 20 Jahre nach ihrem Ende „radikalisiert“ habe.
Dem widersprach der FDP-Abgeordnete Reiner Deutschmann. Es gehe weder um Rache oder Vergeltung. „Es geht um die Integrität des öffentlichen Dienstes“, sagte Deutschmann.
Kritisiert wurde von den Oppositionsfraktionen zudem das im Gesetz verankerte Beschäftigungsverbot für ehemalige Stasi-Mitarbeiter beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes (BSTU). Höchst umstritten ist vor allem die Regelung, dass bereits beim BSTU beschäftigte ehemalige Stasi-Mitarbeiter innerhalb der Bundesverwaltung auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz versetzt werden sollen, wenn ihnen dies zumutbar ist.
Es sei den Opfern der Stasi nicht zumutbar, in der Stasi-Unterlagenbehörde auf frühere Stasi-Mitarbeiter zu treffen, argumentierten Philipp und Deutschmann. Sozialdemokraten und Grüne unterstützten dieses Argument zwar, verwiesen zugleich aber darauf, dass diese Mitarbeiter vor 20 Jahren beim BSTU eingestellt worden seien und seit diesem Zeitpunkt dort „ohne Beanstandung“ gearbeitet hätten.
Statt eine gesetzliche Regelung zu treffen, sollte eine Versetzung im Einvernehmen mit den betroffenen Mitarbeitern erreicht werden. Der FDP-Parlamentarier Patrick Kurth hingegen argumentierte, die ehemaligen Stasi-Mitarbeiter hätten sich in der Vergangenheit stets gegen eine einvernehmliche Versetzung gesperrt. Freiwillig würden sie nicht gehen.
Der Grünen-Abgeordnete Wolfgang Wieland bezeichnete die gesetzliche Versetzungsregelung für frühere Stasi-Mitarbeiter als „verfassungswidrig“. Die Antwort auf die Stasi müsse der Rechtsstaat sein. Wieland widersprach dem Vorwurf, Grüne und Sozialdemokraten hätten den Konsens über das Stasi-Unterlagen-Gesetz aufgekündigt. Dies habe die Koalition getan. (aw)