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Mit scharfen Worten haben Vertreter der Koalitionsfraktion die Haltung einiger Abgeordneten der Linksfraktion zum Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad kritisiert. In einer auf Verlangen von CDU/CSU und FDP anberaumten Aktuellen Stunde warfen sie am Donnerstag, 19. Januar 2012, der Linksfraktion vor, sich mit dem despotischen Regime in Damaskus und nicht mit den seit Monaten protestierenden Syrern zu solidarisieren.
Hintergrund der Debatte war ein Aufruf einer Initiative mit dem Titel "Kriegsvorbereitungen stoppen - Embargos beenden - Solidarität mit den Völkern Irans und Syriens", den einige Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion unterzeichnet hatten. In ihm wird der USA und der Nato der Vorwurf gemacht, einen Krieg "gegen die strategisch wichtigen beziehungsweise rohstoffreichen Länder Syrien und Iran" vorzubereiten. Die Linksfraktion gab die Kritik im Plenum vor allem an Union und FDP zurück und erinnerte an deren "lange Tradition der Kollaboration" mit arabischen Despoten.
Als erster Redner der Debatte warf Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) den Unterzeichnern vor, nicht zur Kenntnis zu nehmen, dass es das syrische Volk selbst sei, das sich mit "übermenschlichem Mut" gegen ein "Mörderregime" stelle und dass es führende syrische Oppositionelle und andere arabische Staaten seien, die ein Eingreifen der internationalen Staatengemeinschaft forderten.
Der beste Beweis, dass es dem Westen nicht um Rohstoffinteressen gehe, sei zudem, dass die EU Öl-Sanktionen gegenüber dem Iran beschlossen habe, auch auf die Gefahr hin, dass mit dieser Verknappung der Ölpreis in Europa steigen kann.
Der Sozialdemokrat Günter Gloser nannte das Papier "einen makabren Aufruf" und ein "Zeugnis des blanken Zynismus gegenüber den Opfern" in Syrien. Zynisch sei der Aufruf auch gegenüber der internationalen Staatengemeinschaft, die etwa im Rahmen der UN versuche, den blutigen Konflikt friedlich beizulegen.
Nicht die USA und die Nato würden einen Angriff starten, es sei Syriens Präsident Assad gewesen, der bereits vor Monaten einen "Angriff auf die eigene Bevölkerung" gestartet habe, sagte Gloser.
Die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion, Birgit Homburger, sah die gesamte Linksfraktion in der Verantwortung, weil sie sich nicht entschlossen vom Aufruf und den Unterzeichnern distanziere. Die Haltung der Fraktion in der Syrien-Frage nannte Homburger nicht nur "politisch blind und ignorant". Die Linke mache sich auch zum "Mittäter" des Assad-Regimes.
Die Syrer seien offenbar fest entschlossen, Menschenrechte und Demokratie einzufordern .„Und dabei haben sie unsere Unterstützung“, sagte Homburger und verwies auf ein Treffen von Außenminister Dr. Guido Westerwelle (FDP) im vergangenen Herbst mit dem Vorsitzenden des (oppositionellen) syrischen Nationalrates, Burhan Ghalioun, in Brüssel.
Angesichts der massiven Kritik holte Ulrich Maurer als stellvertretender Vorsitzender der Linksfraktion zum Rundumschlag aus. Zwar sei es "nicht gut", dass der Aufruf die Gewalt des syrischen Regimes gegen die Bevölkerung nicht eindeutig verurteile. Dass nun aber die Koalitionsfraktionen ihn zum Thema einer Aktuellen Stunde machten, sei "Heuchelei". Seit Jahren stehe Die Linke an der Seite der Opposition in Syrien, während Bundesregierung und Koalitionsfraktionen lange eher an der Seite Assads gestanden hätten, sagte Maurer.
Noch im Jahre 2011 seien 166 Syrer unter Verantwortung der schwarz-gelben Bundesregierung aus Deutschland abgeschoben worden. Und im Juni 2011 hätten Union und FDP im Auswärtigen Ausschuss einen Antrag der Linken abgelehnt, den Export von Kriegswaffen nach Syrien zu stoppen. Jetzt kämen beide Fraktionen daher und "blasen sich auf und verbreiten Lügen über meine Partei", kritisierte Maurer.
Als "unangemessen" bezeichnete Volker Beck von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Titel und Gegenstand der Debatte, weil in ihr schwierige Fragen zu einer gewaltfreien Lösung und eine Verhinderung eines Bürgerkrieges in Syrien nicht konkret verhandelt werden könnten. Den Inhalt des Aufrufs nannte Beck "politisch reichlich unterkomplex". Seine Betonung des Prinzips der Nichteinmischung in innenpolitische Angelegenheiten anderer Länder erinnere an die 1980er Jahre.
Dieses Prinzip sei mit dem OSZE-Prozess – etwa bei schweren und fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen – längst überwunden, sagte Beck. Der Bundesregierung warf der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen eine frühere "Kumpanei mit dem Assad-Regime" vor und kritisierte, dass ein 2009 in Kraft getretenes Flüchtlingsrücknahme-Abkommen mit Syrien bis heute nicht ausgesetzt worden sei.
Die Diskussion um Syrien geht weiter: Am Freitag, 20. Januar, debattieren die Abgeordneten im Plenum einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/8132). Die Fraktion fordert darin unter anderem die Bundesregierung dazu auf, das Assad-Regime international zu isolieren und die syrische Opposition zu unterstützen. (ahe)