Auch kleine Kinder sind im Bundestag willkommen

Frisbeescheibe

Mit der politischen Bildung kann gar nicht früh genug angefangen werden. Das dachten sich wohl auch Eltern und Betreuer einer Kita-Gruppe aus Berlin-Zehlendorf. Und so kam es, dass eine Schar Dreikäsehochs in gelben Signalwesten am Montag, 16. Januar 2012 durch das Reichstagsgebäude flitzte. Die Vier- bis Sechsjährigen nahmen auf Initiative des Berliner Abgeordneten Karl Georg Wellmann (CDU/CSU) am ersten Bundestags-Kindertag des neuen Jahres teil. Dabei wurde eines ganz deutlich: Der Bundestag bietet auch für Vorschulgruppen Interessantes an.

So zum Beispiel das Tastmodell des Reichstagsgebäudes. Eigentlich dafür geschaffen, damit auch blinde Besucher sich einen Eindruck von dem Gebäude machen können, fanden auch die Vorschulkinder Gefallen an den Türmchen und Treppen des imposanten Baus. "Das Reichstagsgebäude ist sehr alt", sagt die Besucherführerin. Innen sei aber fast alles modernisiert worden. "Eine alte Schale mit neuem Kern, sozusagen." Die Kinder nicken wissend. Im Andachtsraum nehmen sie ganz artig Platz auf den Bänken. "Hier suchen die Abgeordneten gelegentlich Ruhe an stressigen Sitzungstagen", erfahren die Vorschüler.

Von "Russengraffitis" und dem Mauerbau

Bedeutend bequemer finden sie die Ledersofas vor den sogenannten "Russengraffitis". Nachdem geklärt ist, wer neben wem sitzen darf, erzählt die Besucherführerin vom Zweiten Weltkrieg, den Deutschland erst angefangen und später verloren hat. Dass es einen solchen Krieg gegeben hat, weiß ein Teil der Kinder. Dass in seiner Folge eine Mauer gebaut wurde, die das Land lange getrennt hat, scheint hingegen neu zu sein.

Dafür wird eifrig geraten, wie denn die russischen Soldaten ihre Botschaften an die Wand geschrieben haben. Mit Filzstiften oder Spraydosen nicht, dass wird schnell klar. "Vielleicht mit Asche", ertönt es zaghaft aus einer Sofaecke. Fast richtig: Nach Aussage der Besucherführerin haben die Soldaten verkohltes Holz zum Schreiben benutzt. Die Möbel im alten Reichstag hätten schließlich - anders als jetzt -aus Holz bestanden.

Im Plenarsaal muss man leise sein

Weiter geht es für die Kinder in die kleine Bibliothek des Bundestages von wo man auf die große Bibliothek im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus blicken kann. Die riesigen Bullaugenfenster gefallen den Kindern. Auch das Kanzleramt, in dem die Bundeskanzlerin arbeitet, habe solch ein Fenster, weshalb der Eindruck einer überdimensionalen Waschmaschine entstehe, sagt die Besucherführerin.

Wo Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihren Reden steht wissen die Kleinen. "Dort in der Mitte", sagen sie auf das Rednerpult im Plenarsaal zeigend. Sie selbst haben auf den Zuschauertribünen Platz genommen, wo während der Debatten "jeder sitzen kann", wie die Frau vom Besucherdienst sagt. "Aber man muss leise sein", weiß einer der Vorschüler. Ein anderer glänzt mit der richtigen Antwort auf die Frage, welche Fahnen im Plenarsaal aufgestellt sind, nämlich "die von Deutschland und die von Europa". Die im Bundestag vertretenen Parteien sind hingegen bei den Kleinen unbekannt. Erst als die Besucherführerin die CDU als die am stärksten vertretene Partei benennt, erinnern sich einige, schon davon gehört zu haben...

"Adler sind stark und schick"

Einen Adler im Plenarsaal hängen zu haben, finden die Kinder gut. „Adler sind stark und schick", lautet eine Einschätzung. „Der Adler kann gut fliegen", eine andere. Dieser Adler, so erzählt die Besucherführerin den Kindern, werde vielfach als "wie ein Huhn aussehend" bezeichnet. "Daher nennt man ihn auch die fette Henne", sagt sie, und die Kinder staunen. Ihnen hat die Führung gut gefallen. "Das Haus ist schön groß", sagt der fünfjährige Luca. "Leider gibt es hier kein Spielzeug", fügt er bedauernd hinzu.

Daran wird sich wohl auch bis zum kommenden Kindertag am Montag, 13. Februar, nichts geändert haben. Wer dennoch mit seiner Vorschulgruppe oder Schulklasse den Bundestag besuchen, dabei viel Neues und Interessantes entdecken und zum Abschluss auch in die Kuppel steigen möchte, kann sich für diesen Termin noch beim Besucherdienst anmelden. (hau)