Experten: Dialog ist wichtig im Kampf gegen Gewalt im Fußball

Sportausschuss (öffentliche Anhörung) - 08.02.2012

Berlin: (hib/HAU) Der Dialog zwischen Verbänden, Vereinen, Sicherheitskräften und Fans muss intensiviert werden. In dieser Einschätzung waren sich die zu einer öffentlichen Anhörung des Sportausschusses zum Thema „Gewalt in und um Fußballstadien“ am Mittwochnachmittag einig. Dieser Dialog müsse miteinander und nicht übereinander geführt werden, sagte Ben Praße vom vereinsübergreifenden Fanzusammenschluss „Unsere Kurve“. Auf die Bedeutung von Fanprojekten als „Brückenbauer“ verwies Michael Gabriel von der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) und forderte zugleich eine besser finanzielle Ausstattung der Projekte. Für einen „Fankodex“ plädierte Jürgen Schubert, Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder. Fans müssten die Gewalttäter in den eigenen Reihen ausgrenzen, so seine Forderung.

Die Vertreter der Deutschen Fußball Liga (DFL) und des Deutschen Fußball Bundes (DFB) mahnten eine Versachlichung der Diskussion an. Holger Hieronymus, stellvertretender Vorsitzender der DFL sprach sich für eine differenzierte Betrachtung aus. „Die Begriffe Gewalt, Fans und Fußball dürfen nicht in einen Topf geworfen werden“, verlangte er. Der DFB-Sicherheitsbeauftragte Hendrik Große Lefert machte deutlich, dass im Bereich der Sicherheit in Deutschland sehr gute Strukturen existierten. KOS-Leiter Michael Gabriel räumte hingegen ein, dass es ein Problem mit Gewalt im Fußball gebe. Eine Antwortsuche sei schwerer als „zu Zeiten der Hooligans“. Durch die sogenannten Ultras habe sich die Gewalt in die Fankultur und damit in die Stadien zurückverlagert. Gleichwohl seien die Ultras Bestandteil der Fankultur. Gabriel wandte sich gegen „Law and Order-Maßnahmen“, wie etwa den Einsatz von Gesichtsscannern und die Brandmarkung von Rädelsführern. Das könne zu einem Zusammenschluss und einer Radikalisierung der gesamten Fanszene führen.

Einen Einsatz von Gesichtsscannern vor den Stadien sieht DFL-Vertreter Hieronymus skeptisch. „Stand heute glaube ich nicht, dass die Vereine das unterstützen würden“, sagte er. Schon aus technischen Gründen sei derzeit ein solcher Einsatz nicht machbar, ergänzte Polizeivertreter Schubert. Bernhard Witthaut, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, sagte, man müsse sich damit auseinandersetzen, „das es Menschen mit Freude an der Gewalt gibt“. Seiner Ansicht nach hat sich das Mittel der Stadionverbote bewährt, wenngleich diese konsequenter durchgesetzt werden müssten. Deutlich wandte er sich gegen den Einsatz von Pyrotechnik in Stadien. Dieser berge zu viele Gefahren in sich. Der Verzicht darauf müsse der Beitrag der Ultras im Kampf gegen die Gewalt sein, forderte er.

Stadionverbote seien sehr kritisch zu bewerten, sagte hingegen Fanvertreter Praße. Sie würden noch immer ohne eine Anhörung der Betroffenen verhängt und verlagerten die Gewalt lediglich aus den Stadien in den öffentlichen Raum. Beim Thema Pyrotechnik wandte er sich gegen die Vermischung mit Gewalt. Schließlich könne Pyrotechnik auch gewaltfrei abgebrannt werden.

Die Fangruppen müssten sich „aus sich selbst bereinigen“, forderte Heribert Bruchhagen, Vorstandvorsitzender von Eintracht Frankfurt. Drakonische Strafen, so Bruchhagen, imponierten nicht. Ein Stadionverbot sei kein Makel, sondern eine Auszeichnung unter Jugendlichen, sagte er. Die einzige Chance sei die permanente Kommunikation und die Stärkung der gewaltlosen Fans. Gegen eine „Exempelstatuierung“ sprach sich der Präsident von Dynamo Dresden, Andreas Ritter, aus. Mit der gegen seinem Verein nach wiederholten Fanausschreitungen ausgesprochenen DFB-Pokal-Sperre würden auch normale Fans getroffen, was zu einer Verbindung mit den Gewaltanwendern führen könne.

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