"Kalte Progression" soll abgebaut werden

Finanzen/Gesetzentwurf - 22.02.2012

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung will inflationsbedingte und „nicht gewollte Steuerbelastungen“ abbauen. Diesem Ziel dient der von der Regierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zum Abbau der kalten Progression (17/8683). Zur Begründung heißt es, im System des progressiv gestalteten Einkommensteuertarifs profitiere der Staat von systembedingten Steuereinnahmen, die über den Effekt der kalten Progression entstehen würden. Es solle jedoch verhindert werden, „dass Lohnerhöhungen, die lediglich die Inflation ausgleichen, zu einem höheren Durchschnittssteuersatz führen“.

Daher ist eine stufenweise Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrags in zwei Schritten zum 1. Januar 2013 auf 8.130 Euro und zum 1. Januar 2014 auf 8.354 Euro (insgesamt plus 350 Euro) vorgesehen. Die Anhebung orientiert sich an der voraussichtlichen Entwicklung des steuerfrei zu stellenden Existenzminimums. Auch der Tarifverlauf soll prozentual wie der Grundfreibetrag um 4,4 Prozent angepasst werden. Ohne Anpassung des Tarifverlaufs käme es durch die alleinige Anhebung des Grundfreibetrags bei konstantem Eingangssteuersatz zu einer nicht gewollten „Stauchung“ des Tarifs innerhalb der ersten Progressionszone und damit zu einem Anstieg der Progression, wird erläutert.

In der Begründung des Gesetzentwurfs verweist die Bundesregierung auf die positiven Ergebnisse des Arbeitskreises Steuerschätzungen. Dessen Prognosen würden für die nächsten Jahre den Spielraum eröffnen, den Bürgern in zwei Schritten inflationsbedingte Mehreinnahmen in einem Volumen von sechs Milliarden Euro zurückzugeben und das „im vollen Einklang mit der konsequenten weiteren Umsetzung der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse“. So werde sichergestellt, dass der Staat nicht von Lohnerhöhungen profitiere, denen keine höhere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen zugrundeliege. „Verbunden damit ist das klare Bekenntnis, bewusst nicht auf progressionsbedingte Mehreinnahmen aus einer Inflation zu setzen, um aus der Verschuldung herauszuwachsen“, versichert die Regierung.

Im Verhältnis zur gezahlten Steuer soll die Entlastung der unteren Einkommensgruppen am größten sein. Dazu legt die Bundesregierung Beispielsrechnungen vor. So werde ein alleinstehender Arbeitnehmer mit einem Jahresbruttolohn von 30.000 Euro aufgrund der Tarifänderung 2014 jährlich etwa 150 Euro weniger Steuern zahlen müssen als nach geltendem Recht. Dies entspreche einer Entlastung von 3,4 Prozent seiner bisherigen Steuerzahllast von 4.328 Euro (Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag). Ein Arbeitnehmer mit einem Jahresbruttolohn von 60.000 Euro werde im Jahr 2014 dagegen nur 2,5 Prozent weniger Steuern zahlen müssen als nach geltendem Recht (bisherige Steuerbelastung 14.590 Euro).

Noch deutlich wird die größere Entlastung unterer Einkommensgruppen nach Berechnungen der Regierung am Beispiel eines verheirateten Arbeitnehmers mit zwei Kindern. Bei einem Jahresbruttoarbeitslohn von 30.000 Euro zahle dieser Arbeitnehmer 2014 164 Euro weniger Steuern. Dies entspreche einer Entlastung von 10,6 Prozent seiner bisherigen Steuerbelastung. „Ein vergleichbarer Arbeitnehmer mit 60.000 Euro Jahresbruttolohn erfährt 2014 hingegen nur eine Entlastung von 3,3 Prozent seiner bisherigen Steuerzahllast, das sind 301 Euro weniger Steuern im Jahr“, schreibt die Bundesregierung.

In dem Gesetzentwurf wird darauf hingewiesen, dass hohe Einkommen wesentlich stärker zum Steueraufkommen beitragen würden als untere Einkommensgruppen. Prozentual würden höhere Einkommen weniger entlastet, nur in absoluten Beträgen betrachtet steige die Wirkung des Ausgleichs der kalten Progression bei steigender Steuerbelastung an. Dies gelte jedoch nur für mittlere Einkommen bis zum Erreichen des Höchststeuersatzes von 42 Prozent. „Bei einem zu versteuernden Einkommen von rund 55.000 Euro ab 2014 kommt es zu einer tariflichen Entlastung von absolut rund 380 Euro im Jahr, die für höhere Einkommen – trotz stark steigender Steuerlast – nicht mehr zunimmt“, rechnet die Bundesregierung vor.

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