Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Textarchiv > 2012 > Patrick Sensburg, CDU/CSU
Mit 35 Jahren Professor, mit 38 Bundestagsabgeordneter: Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) ist beruflich und politisch früh durchgestartet. Seit Herbst 2009 sitzt der Jurist als Nachfolger des Unionsabgeordneten Friedrich Merz für den Hochsauerlandkreis (Nordrhein-Westfalen) im Bundestag. Er ist Mitglied im Rechtsausschuss und Vorsitzender des Unterausschusses Europarecht.
Und dann die Bundesversammlung. Christian Wulff gegen Joachim Gauck, die politische Prominenz versammelt im Reichstagsgebäude, mittendrin ein junger Abgeordneter aus dem Sauerland: Patrick Sensburg. Ein knappes Dreivierteljahr ist er da im Bundestag, 39 Jahre alt, einige kommunalpolitische Erfahrung.
Aber mitentscheiden zu dürfen, wer als Nachfolger des überraschend zurückgetretenen Bundespräsidenten Horst Köhler das höchste Amt im Staat übernehmen soll? Das habe ihn nachhaltig beeindruckt, erzählt Sensburg in seinem Berliner Abgeordnetenbüro. Und das will was heißen.
Denn so schnell ist einer wie Sensburg nicht aus der Fassung zu bringen. Mit heute 40 Jahren ist er bereits ein alter politischer Hase, geradlinig, zielstrebig, eloquent. 15 ist er, als er in die Junge Union eintritt, in seiner Heimatstadt Brilon. Weil er dafür ist, in der Innenstadt eine Fußgängerzone einzurichten. Wie die CDU. Und weil er mitmischen will, aktiv werden, nicht nur zugucken, wie andere entscheiden.
Auch das Vorhaben der Christdemokraten, ein großes Spanplattenwerk in den Ort zu holen, findet der Teenager gut. Anders als viele seiner Altersgenossen, darf man vermuten. Gegen das Spanplattenwerk formiert sich eine Bürgerbewegung, viele haben Angst, dass durch die Produktion Dioxine freigesetzt werden.
Heute gibt es in Brilon beides: die Fußgängerzone und das Spanplattenwerk. Für Sensburg zwei "goldrichtige Entscheidungen". Denn durch die Schaffung der Fußgängerzone habe sich der Einzelhandel im Zentrum des Ortes überhaupt erst entfalten können. Und was das Spanplattenwerk betreffe, seien heute alle froh, einen so guten Arbeitgeber in Brilon zu haben.
Und da ist der smarte Jurist schon bei einem seiner Lieblingsthemen – das produzierende Gewerbe im Sauerland, die vielen mittelständischen Familienunternehmen dort. "Wir haben in der Region mehr Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe als zum Beispiel das Ruhrgebiet", erzählt er nicht ohne Stolz.
"Viele denken, im Sauerland gebe es nur Tourismus und Landwirtschaft. Beides gibt es bei uns", erklärt er, "aber zugleich ist das Sauerland wirtschaftlich eine ganz starke Region."
Die Interessen der heimischen mittelständischen Wirtschaft in Berlin zu vertreten – das ist eines seiner Hauptanliegen. "Als direkt gewählter Abgeordneter hat man eine besondere Verpflichtung gegenüber den Menschen aus seinem Wahlkreis", findet der begeisterte Motorradfahrer. "Durch die Wahl haben sie großes Vertrauen und Erwartungen in einen gesetzt. Diese möchte ich erfüllen."
Dass das mehr als eine Floskel ist – man glaubt es sofort. Denn seiner sauerländischen Heimat ist Sensburg treu geblieben, dorthin ist er nach Jura- und Politikstudium in Trier, Luxemburg und Speyer zurückgekehrt. Dabei hätte er eine erfolgreiche Karriere als Anwalt zweifellos auch in München, Hamburg oder Berlin starten können.
Stattdessen arbeitet er von 1998 bis 2004 als Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Mediation (DGM) mit Sitz in Hagen und ist von 2000 bis 2006 in einer Anwaltskanzlei tätig, Schwerpunkt Kommunalrecht und neue Medien, 2003 wird er an der FernUniversität Hagen mit einer Arbeit über den "Kommunalen Verwaltungskontrakt" promoviert.
Von 2006 bis 2008 ist Sensburg zudem Professor an der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung und seit 2008 Professor für öffentliches Recht und Europarecht an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen in Münster.
Auch in der heimischen Kommunalpolitik mischt er wieder kräftig mit, wird 2004 Fraktionsvorsitzender der CDU im Briloner Stadtrat und stellvertretender Bürgermeister. Dann, 2009, die große politische Chance: Friedrich Merz, wie Sensburg Jurist und Briloner, verkündet seinen Rückzug aus der Bundespolitik und kandidiert nicht wieder für den Bundestag, wo er den Hochsauerlandkreis vertreten hatte.
Flugs wird Sensburg als Merz’ Nachfolger nominiert und zieht mit 51,7 Prozent der Erststimmen erwartungsgemäß für die CDU in den Bundestag ein.
In seinen Wunschausschuss, den Verkehrsausschuss, kommt Sensburg zwar nicht. Stattdessen drängen seine neuen Fraktionskollegen den Jura-Professor, in den Rechtausschuss zu gehen. Außerdem übernimmt er – für einen Parlamentsneuling keine Selbstverständlichkeit – gleich den Vorsitz des Unterausschusses Europarecht.
Damit ist er im Bundestag für ein Rechtsgebiet zuständig, das nicht erst seit der Euro-Krise eine große Bedeutung hat. "Immerhin sind in manchen Bereichen bis zu 90 Prozent des deutschen Rechts vom Europarecht beeinflusst", erklärt Sensburg. "Wir müssen daher nicht mehr nur national denken, sondern immer auch international."
Er selbst ist ein Verfechter einer vertieften Integration und plädiert für eine effektive europäische Wirtschaftsregierung, die in die nationalen Haushalte eingreifen darf. Voraussetzung dafür sei allerdings ein starkes europäisches Parlament, das die Exekutive auch wirksam kontrollieren könne.
Der Aufstockung und Erweiterung des Euro-Rettungsfonds EFSF hingegen steht er ablehnend gegenüber; ihm fehle in dem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung eine Regelung für ein geordnetes Staatsinsolvenzverfahren für Euro-Staaten wie Griechenland, die ihre Schulden nicht in den Griff bekämen, sagte er Anfang September 2011 dem Internetportal EurActiv.de.
Bei der Abstimmung im Bundestag Ende September 2011 stimmt er dem EFSF-Gesetz der Regierung dann aber doch zu. Zwar löse es das Verschuldungsproblem nicht, doch sei es im Vergleich zu der von der SPD gezeichneten Alternative "der verantwortungsvollere Beitrag im Sinne der deutschen Haushaltsverantwortung", so Sensburg gegenüber der Online-Plattform "abgeordneten-check.de".
Wie es auch weitergehen wird mit Griechenland und der Euro-Krise: Über Langeweile und mangelnde Arbeit kann sich Sensburg, der in seiner Freizeit gern an einem alten Triumph Spitfire 1500 herumschraubt und hin und wieder an einer Oldtimer-Rallye teilnimmt, nicht beklagen.
Entsprechend positiv fällt seine Zwischenbilanz nach zweieinhalb Jahren Bundestag aus. "Mit den Erfahrungen der ersten Jahre kann ich mir gut vorstellen, den Hochsauerlandkreis noch länger in Berlin zu vertreten", sagt er. Und dann muss er auch schon los, zu einer namentlichen Abstimmung im Plenum. (nal)