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Städtepartnerschaften in Form von „Know-how-Partnerschaften“ können sowohl zur Unterstützung des Demokratisierungsprozesses in den arabischen Ländern beitragen als auch bei der Stabilisierung der Wirtschaft und Gesellschaft in Griechenland helfen. Zu dieser Einschätzung gelangten die zu einer öffentlichen Anhörung des Unterausschusses Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik unter Vorsitz von Dr. Peter Gauweiler (CDU/CSU) am Montag, 27. Februar 2012, geladenen Experten.
Insbesondere wenn es um den Auf- und Ausbau der Infrastruktur gehe, hätten deutsche Kommunen viel zu bieten, sagte der Präsident des Deutschen Städtetages, Christian Ude, vor diesem Unterausschuss des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages. Mit Blick auf Nordafrika betonte der Münchner Oberbürgermeister die große Bedeutung der politischen Stiftungen, um „Projekte auf den Weg zu bringen“.
Susanna Vogt von der Konrad-Adenauer-Stiftung äußerte die Hoffnung, dass es durch Städtepartnerschaften gelingen könne, die zivilgesellschaftliche Ebene in die Entwicklungsprozesse besser einzubinden. Die Konrad-Adenauer-Stiftung wolle dabei als Ideen- und Netzwerkgeber fungieren.
„Ich bin ein ausgesprochener Freund von Städtepartnerschaften, wenn sie mit Leben erfüllt werden können“, sagte Christian Ude. Statt einer „unübersehbaren Vielfalt ohne wirkliches Leben“ gingen viele Städte dazu über, konkrete Projekte der Partnerschaftsbeziehung vorzuziehen.
Dabei würden sie aber oft in „rechtlich unsicherem Terrain landen“, sagte der Präsident des Deutschen Städtetages, der sich Unterstützung dergestalt wünschte, dass die „internationale Entwicklungszusammenarbeit als kommunale Aufgabe angesehen wird, die nicht immer des Alibis der Städtepartnerschaft bedarf“.
Mit Blick auf Griechenland sprach Ude von einem hohen Infrastrukturberatungsbedarf. Die Frage der Müllentsorgung sei dabei ein zentrales Thema. Hier gehe es um einen Know-how-Transfer, der für die Empfängerkommune Gold wert sein könne, sagte der Münchner Oberbürgermeister. Zugleich warnte er vor einer getarnten Interessenvertretung, die nur für heimische Firmen wirbt. „Dann schlägt das Ganze ins Gegenteil um“, machte Ude deutlich.
Was die Situation in Nordafrika angehe, so habe der Städtetag die Anregung, koordiniert einzusteigen, aufgegriffen und ein entsprechendes Programm aufgelegt, sagte der Städtetagspräsident. Man sei jedoch bisher noch nicht wesentlich über die Angebotsphase hinausgekommen, räumte er ein. „Ohne die politischen Stiftungen wird es nicht gelingen, zahlreiche Projekte auf den Weg zu bringen“, betonte Ude. Er könne sich die Inszenierung sowohl von Städtepartnerschaften als auch von Projektpartnerschaften vorstellen.
Die Friedrich-Ebert-Stiftung, so kündigte Nicole Katsioulis an, werde im Frühsommer ein Büro in Athen eröffnen. Dabei gebe es zwei Schwerpunkte: „Das eine ist der Modernisierungsprozess und das andere der Ausbau und die Förderung des deutsch-griechischen Dialogs“, sagte sie. Die Eröffnung eines Büros in Kairo plant die Rosa-Luxemburg-Stiftung, sagte Wilfried Telkämper. Die Planungen lägen aber brach, weil angesichts des „NGO-Gesetzes“ in Ägypten derzeit nicht gearbeitet werden könne.
Ebenso wie der Vertreter der Heinrich-Böll-Stiftung, Dr. Albert Statz, machte auch Telkämper deutlich, das man derzeit damit beschäftigt sei, zu schauen, „wer in Tunesien und Ägypten die Träger der demokratischen Entwicklung sind“.
Über die praktischen Erfahrungen mit Städtepartnerschaften sprach Frieder Wolf, Leiter des Büros für Internationale Angelegenheiten der Stadt Köln. Man führe schon lange keinen „Bürgermeistertourismus“ mehr durch sondern unterhalte „Know-how-Partnerschaften“, sagte Wolf. Darunter fielen unter anderem Jugend-, Sport- und Kulturaustausche, aber auch zunehmend der Austausch zwischen den kommunalen Verwaltungen.
Mit Tunis habe Köln seit 1964 eine Partnerschaft, sagte er. Nach den Entwicklungen vor einem Jahr sei sehr schnell der dortige Bedarf sondiert worden. Das Ergebnis sei der Wunsch nach einem Know-how-Transfer im Bereich der Abfallwirtschaft gewesen. „Da sind wir jetzt dran“, betonte Wolf.
Stuttgart unterhalte zehn Städtepartnerschaften, die alle lebendig seien, sagte Alexander Kreher, Leiter der Stabsabteilung Außenbeziehungen der Stadt Stuttgart. In Nordafrika existierten mit Kairo und einer tunesischen Kleinstadt zwei Städtepartnerschaften, mit denen die Projekte in den vergangenen zwei Jahren kräftig angestiegen seien, sagte Kreher. Wichtig dafür sei es, einen Ansprechpartner im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu haben.
Aus Sicht des Städtetages formulierte dessen Präsident Ude abschließend zwei Bitten an die Bundespolitik: „Denken Sie bei jedweder Form der internationalen Zusammenarbeit an die Kommunen, aber überfordern Sie uns nicht.“ (hau)