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Wie entwickelt sich die deutsche Wirtschaft im Jahr 2011? Die Erwartungen der Bundesregierung hinsichtlich der konjunkturellen Entwicklung offenbart der Jahreswirtschaftsbericht 2011 (17/4450), über den der Bundestag am Donnerstag, 20. Januar 2011, ab 9 Uhr zwei Stunden lang in erster Lesung berät. Mit dem Bericht, den Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) am Mittwoch, 19. Januar, vorstellen wird, nimmt die Bundesregierung auch Stellung zu dem vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage vorgelegten Jahresgutachten 2010/2011 (17/3700).
Im Jahreswirtschaftsbericht erwartet die Bundesregierung nach einem Wachstum von 3,6 Prozent im Jahr 2010, dem größten seit der deutschen Wiedervereinigung, ein Wachstum von 2,3 Prozent für dieses Jahr. Damit wachse die deutsche Wirtschaft spürbar stärker als der Durchschnitt der Eurozone.
Die Arbeitslosenquote dürfte nach 8,2 Prozent im Jahr 2009 und 7,7 Prozent 2010 weiter sinken und nach den Berechnungen des Wirtschaftsministeriums sieben Prozent betragen. Bei den Exporten wird ein Zuwachs von 6,5 Prozent, bei den Importen von 6,4 Prozent erwartet.
Weiter heißt es in dem Bereicht, die realen verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte nähmen seit 2010 so stark zu wie seit 2001 nicht mehr. Dazu trügen die postivie Arbeitsmarktentwicklung, die moderate Entwicklung des Preisniveaus und auch die Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung bei.
Bei den Konsumausgaben rechnet die Regierung mit einem deutlichen Anstieg um preisbereinigt 1,6 Prozent. Risiken für den Aufschwung kämen vor allem aus der weltwirtschaftlichen Entwicklung. Das weltwirtschaftliche Wachstum werde 2011 wohl etwas an Fahrt verlieren, heißt es weiter.
Im Gutachten der "fünf Wirtschaftsweisen“, zu denen die Wirtschaftprofessoren Peter Bofinger, Wolfgang Wiegard, Wolfgang Franz, Christoph Schmidt und Beatrice Weder di Mauro gehören, heißt es: "Der unerwartet positive Aufwärtstendenz der deutschen Wirtschaftsaktivität bietet Chancen für einen stabilen, wenngleich möglicherweise eher flachen Wachstumspfad.“
Die Erholung der Weltkonjunktur seit der Jahresmitte 2009 habe die deutsche Exporttätigkeit spürbar gestärkt und die Wirtschaft bei der Überwindung der Krise unterstützt, schreiben die Autoren. Im Jahresverlauf 2010 sei die konjunkturelle Verbesserung zunehmend von der inländischen Nachfrage getragen worden. Die Sachverständigen gehen in ihrem im Herbst 2010 vorgelegten Gutachten von einer Steigerung der gesamtgesellschaftlichen Produktion im Jahr 2010 um 3,7 Prozent aus.
Laut ersten Berechnungen des Statistischen Bundesamtes stieg das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) tatsächlich um 3,6 Prozent. Im Krisenjahr 2009 war das BIP noch um 4,7 Prozent eingebrochen.
Die fünf Wirtschaftsweisen machen gleichzeitig auch deutlich, dass sich das "wirtschaftliche Expansionstempo“ 2011 nicht halten lassen könne. Zwar prognostizieren sie "stützende Nachfrageimpulse“ aus dem Inland. Angesichts einer abgeschwächten globalen Konjunktur sowie auslaufender fiskalischer Stützungsmaßnahmen werde der Aufschwung aus Sicht des Sachverständigenrates jedoch "an Schwung verlieren“. Gerechnet wird mit einer Steigerung des BIP um 2,2 Prozent.
Als überraschend bewerten die Experten die äußerst robuste Entwicklung des deutschen Arbeitsmarktes. In der Krise habe die Beschäftigung zwar weitgehend stagniert, doch seien in der aktuellen Aufschwungphase neue Arbeitsplätze geschaffen worden.
Mit Optimismus blickt Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle in das Jahr 2011. "Der wirtschaftliche Aufschwung ist insbesondere ein Beschäftigungsaufschwung“, so der Minister, der auf die Erhöhung der Zahl der Erwerbstätigen um 212.000 Personen verweist.
Der Beschäftigungsstand sei 2010 mit 40,5 Millionen Personen so hoch wie noch nie zuvor gewesen. Die aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes zeigten, dass die Menschen optimistisch in die Zukunft blicken könnten.
Angestoßen von außenwirtschaftlichen Impulsen sei der Aufschwung zunehmend von der Binnenwirtschaft getragen worden. Die Beschäftigung habe im vergangenen Jahr ein Rekordniveau erreicht und liegt auf dem höchsten Stand seit der Wiedervereinigung. "Unser Land nimmt Kurs auf Vollbeschäftigung“, so Brüderle.
Für die Wirtschaftspolitik kommt es aus Sicht des Ministers nun darauf an, die langfristigen Wachstumskräfte zu stärken und damit den Wohlstand von morgen zu sichern. "Dazu gehört auch und insbesondere die Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen, bei denen aufgrund der Aufwärtsdynamik nun auch die kalte Progression wieder verstärkt greifen wird“, betont er.
Rasche Steuersenkungen lehnen hingegen die Wirtschaftsweisen in ihren Gutachten ab. "Die Spielräume für weit reichende Steuerentlastungen sind über die laufende Legislaturperiode hinaus begrenzt“, urteilen sie. Auch vor "überzogenen Lohnsteigerungen“ warnen die Sachverständigen. Würde man in der Tarifpolitik den branchenüblichen Verteilungsspielraum voll ausschöpfen, würde das Erreichte gefährdet werden, heißt es in dem Gutachten. (hau)