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Die Linksfraktion ist mit ihrer Forderung nach einem Grundrecht auf Wohnen gescheitert. Der Bundestag lehnte am Donnerstag, 10. Februar 2010, nach einstündiger Debatte den Antrag der Linken ab, in dem diese verlangt hatte, das Recht auf eine "menschenwürdige Wohnung“ gesetzlich zu verankern (17/3433). Das Plenum folgte damit der Empfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (17/4659), der zuvor bereits die Vorlage mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der SPD abgelehnt hatte. In der Debatte bezeichneten Redner von CDU/CSU und FDP die Ziele der Linksfraktion als "realitätsfremd und unsachlich“. Kaum anders fiel das Urteil der SPD aus: Nicht umsetzbar seien die Vorschläge. Einzig Bündnis 90/Die Grünen billigten den Antragstellern zu, die Situation auf dem Wohnungsmarkt richtig analysiert zu haben. Für eine Zustimmung reichte es dann aber doch nicht: Die Grünen enthielten sich der Stimme.
CDU/CSU: Die Wohnraumversorgung ist gut
Gero Storjohann (CDU/CSU), Fraktionssprecher für Wohn- und Bauförderung, warf der Linksfraktion vor, die Lage auf dem Wohnungsmarkt zu verkennen. Deren Aussage, nirgendwo gebe es ein bedarfsgerechtes Wohnangebot, wies er sogar strikt zurück: "Diese Behauptung muss man korrigieren. Die Wohnraumversorgung in Deutschland ist gut.“ Es gebe zwar regionale Unterschiede, gab Storjohann zu, aber keinen Mangel.
Auch die Mietpreise blieben stabil: Nur um 1,1 Prozent seien die Nettomieten gestiegen, so der CDU-Politier: "Eine dramatische Preissteigerung hat es nicht gegeben.“ Viele der Forderungen der Linken seien zudem bereits heute Praxis: So habe sich das staatliche Wohngeld bereits als "flexibles und treffsicheres Instrument der Wohnungspolitik“ bewiesen. Das Sozialstaatsprinzip verpflichte zudem den Staat bereits heute dazu, Obdachlosigkeit zu bekämpfen. "Die Aufnahme eines Grundrechts auf Wohnen ins Grundgesetz würde an den Lebensbedingungen nichts ändern“, resümierte Storjohann.
SPD: Forderungen nicht umsetzbar
Auch Sören Bartol (SPD) vertrat die Meinung, die Forderungen der Linken seien "nicht realistisch und nicht durchsetzbar“. Zielführender wäre es stattdessen, so Sprecher der Arbeitsgruppe Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, wenn man als Opposition gemeinsam Bestehendes wie das Wohngeld besser verteidigen würde. Dieses sei nämlich gerade von Schwarz-Gelb gekürzt und die Heizkostenpauschale abgeschafft worden.
Auch die Kürzung von Städtebauförderungsprogrammen wie "Soziale Stadt“ kritisierte Bartol ausdrücklich, doch eine Zusammenlegung der Mittel, wie von der Linken gefordert, lehnte der Sozialdemokrat ebenso ab. "Das halte ich nicht für sinnvoll. Die differenzierte Struktur hat sich bewährt.“ Ziel der Städtebauförderung müsse es sein, dass das Wohnen in der Stadt auch für Menschen mit geringen Einkommen erschwinglich bleibe. "Schwarz-Gelb tut aber genau das Gegenteil“, monierte Bartol. Die SPD stelle sich dagegen. Es sei schön, wenn sich Die Linke daran "in sinnvoller Art“ beteiligte.
FDP: Keine sozialistische Wohnungspolitik
Petra Müller, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, zeigte sich über den Antrag der Linken "verblüfft“: Das Bild, das diese darin vom Wohnungsmarkt zeichne, könne sie nicht nachvollziehen. "Die Versorgung mit Wohnungen ist seit Jahren sicher gestellt“, erklärte Müller. Dafür, dass es natürliche regionale Unterschiede“ gebe, werde außerdem zu Unrecht die Immobilienbranche verantwortlich gemacht, kritisierte sie.
Müller warf der Linksfraktion vor, ein "Diktat aus Berlin, eine sozialistische Wohnungspolitik“ einführen zu wollen. In ein solches "ideologisches Korsett“ dürfe man aber die Immobilienbranche nicht zwängen, so die Liberale. Den Forderungskatalog der Linken bezeichnete sie zudem als "Schaufensterpolitik“. Den großen Herausforderungen von demografischem Wandel und Klimawandel stelle sich die Bundesregierung bereits mit dem Kohlendioxid-Gebäudesanierungsprogramm oder mit Krediten der KfW-Förderbank für altergerechtes Bauen: "Beide Maßnahmen fördern Innovationen und sind erfolgreich.“
Linke: Recht auf Wohnung ins Grundgesetz
Heidrun Bluhm (Die Linke), Mitglied im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, verteidigte die Initiative ihrer Fraktion für ein Grundrecht auf Wohnen. Wohnraum werde zunehmend zur Handelsware, kritisierte sie. "Er macht jetzt schon 86 Prozent des Anlagevermögens aus - nicht des Sozialvermögens.“ Nach Ansicht der Linken jedoch sei Wohnen ein existenzielles Recht jedes Menschen. Wohnen dürfe daher weder zum "Luxusgut“ noch zum "Armutsrisiko“ werden, betonte Bluhm.
Sie verwies auf die gegensätzliche Wohnungssituation in Städten wie Hamburg, in denen bezahlbare Wohnungen knapp würden, und die Situation in vielen Regionen im Osten, in denen ganze Quartiere leerstünden und verfielen. "Das regelt nicht der Markt“, antwortete Bluhm direkt auf ihre Vorrednerin Müller: "Der Markt hat versagt!“ Bluhm sprach sich für eine Objektförderung aus, die "die Lasten gerecht verteilt, Anreize für langfristige Investitionen schafft und Länder und Kommunen mitreden lässt“. Wohnen sei Daseinsvorsorge und müsse daher "ins Grundgesetz“.
Grüne: Grundrecht auf Wohnen ist ein Luftschloss
Daniela Wagner, Sprecherin für Wohnungspolitik von Bündnis 90/Die Grünen, hielt den Linken zugute, sie hätten zumindest eine treffende Analyse ihrem Antrag zugrunde gelegt. Tatsächlich sei die Situation auf dem Wohnungsmarkt sehr unterschiedlich. "Es gibt genug Wohnungen - aber falsch verteilt“, so Wagner. Große Herausforderungen seien zudem ein großer Bedarf an energetischen Sanierungen und an altersgerechten Wohnungen. Tatsächlich brauche man mehr Anreize für die Immobilienwirtschaft.
Kritisch beurteilte die Grünen-Politikerin jedoch die Forderung der Linken nach einer Zusammenlegung der Mittel in der Städtebauförderung. "Das klingt zwar interessant, birgt aber Risiken. Ich befürchte einen Verlust an Steuerungsfähigkeit.“ Den Plan, das Recht auf Wohnraum gesetzlich zu verankern, bezeichnete Wagner zudem als "Luftschloss“. Er würde nur "maßlose Illusionen und falsche Hoffnungen“ erzeugen. Denn: Wohnraum müsse jedoch erstmal zur Verfügung stehen. (sas)