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Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf zur Regelung des Beschäftigten- datenschutzes (17/4230) wird von der Opposition heftig kritisiert. Während der ersten Lesung des Entwurfs am Freitag, 25. Februar 2011, warfen Redner von SPD, Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen der Bundesregierung vor, sie wolle den Arbeitnehmerdatenschutz zu einem Abwägungstatbestand machen, bei dem die Interessen der Arbeitgeber im Vordergrund stehen. Unions- und FDP-Redner verteidigten den Entwurf hingegen als bemerkenswerten Schritt, um Rechtssicherheit für Unternehmen zu schaffen und Mitarbeiter zu schützen.
Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière (CDU) machte zu Beginn der Debatte deutlich, dass es schwierig sei, einen gerechten Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu finden. So "wollen und müssen“ die Arbeitgeber die Korruption bekämpfen.
Gleichzeitig wollten die Arbeitnehmer jedoch nicht unter einen Generalverdacht gestellt werden. "Wir haben den Versuch unternommen, diesen Ausgleich mit dem Gesetz hinzubekommen“, sagte der Minister. Dass es dabei Kritik sowohl von der Arbeitgeberseite als auch von den Gewerkschaften gegeben habe, zeige ihm, dass es sich um einen "ausgewogenen Entwurf“ handle.
Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte dürften nicht zu einem Abwägungsgegenstand gemacht werden, entgegnete der SPD-Abgeordnete Gerold Reichenbach dem Innenminister. Die Grundrechte, so Reichenbach, dürften nicht vor dem Werktor enden.
Nach Ansicht seiner Fraktion müsste angesichts des vorhandenen Ungleichgewichtes zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern die Regelungen im Arbeitsrecht und nicht im Datenschutzrecht vorgenommen werden. In dem Gesetz würden sich auch viele "unbestimmte Begriffe“ finden, die zugunsten der Arbeitgeber auslegbar seien.
Das gelte für Regelungen der Korruptionsbekämpfung wie auch bei den "Compliance-Regelungen“, wo die Definitionshoheit eindeutig bei den Arbeitgebern liege.
"Das wollen wir nicht“, sagte Reichenbach und stellte klar: "Arbeitnehmerdatenschutz bedeutet Schutz der Arbeitnehmer und nicht Abwägung gegenüber den Interessen der Arbeitgeber.“
Ziel des Gesetzentwurfs sei es, die Arbeitnehmer in ihren Grundrechten zu schützen, sagte die FDP-Abgeordnete Gisela Piltz. So werde ein Verbot der heimlichen Videoüberwachung festgeschrieben.
Lediglich wenn "belegbare berechtigte Interessen“ der Arbeitgeber erkennbar seien oder gesetzliche Standards eingehalten werden müssten, könnten Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen gerechtfertigt seien, sagte Piltz.
Zwar seien Arbeitnehmer auch heute schon am Arbeitsplatz "nicht rechtlos“. Doch sei die aktuelle Rechtslage durch einzelfallorientierte Rechtsprechung geprägt. Die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion machte zugleich deutlich, dass die Liberalen sich "viele Nachbesserungen an dem Gesetzentwurf wünschen“.
So dürften offene Fragen nicht in der Begründung zu dem Gesetz aufgelöst werden, sondern im Gesetz selbst. Außerdem sei ein "Massenscreening“, wie es das Gesetz zulasse, "mit uns nicht zu machen“.
"Gebraucht wird ein eigenes Arbeitnehmerdatenschutzgesetz und kein Anklatschen an das Datenschutzgesetz“, sagte Jan Korte (Die Linke). Es seien vor allem die "prekär Beschäftigten“, die unter fehlendem Datenschutz zu leiden hätten, betonte er.
Statt deren Rechte zu stärken, sei das Gesetz jedoch für die Arbeitgeber abgewogen. "Wir wollen eine Abwägung für die Arbeitnehmer“, machte Korte deutlich. Ein wirkliches Arbeitnehmerdatenschutzgesetz müsse wie eine Fibel für den Arbeitnehmer sein, mit der er dem Arbeitgeber gegenübertreten könne.
Als eine "besondere Finte“ in dem Gesetzentwurf bezeichnete es der Abgeordnete der Linksfraktion, dass auf der einen Seite heimliche Videoüberwachungen verboten werden sollen.
Stattdessen solle es jedoch "flächendeckend offene Videoüberwachungen“ geben. "Das ist doch absurd“, urteilte Korte.
Angesichts des strukturellen Ungleichgewichts zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sei ein Austarieren der Interessen überfällig, befand Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen). "Mit dem Gesetzentwurf scheitern Sie jedoch an diesem Vorhaben“, lautete seine Einschätzung.
Dass es Kritik von Arbeitsgeberseite und den Gewerkschaften gegeben habe, sei für ihn nachvollziehbar, da der Entwurf weder Rechtsklarheit noch Rechtssicherheit bringe.
Auch von Notz kritisierte, dass sich die Bundesregierung mit dem Verbot der heimlichen Videoüberwachung ein "Feigenblatt“ gegeben habe, während zugleich anlasslose Überwachungen zulässig seien.
Durch die Legalisierung von Massenscreenings legalisiere das Gesetz zudem die Praxis der Deutschen Bahn, die "rasterfahndungsähnliche Maßnahmen“ gegen 170.000 Mitarbeiter durchgeführt habe und dafür zu Recht vom Landesdatenschutzbeauftragten hart sanktioniert worden sei.
Der Gesetzentwurf sei nicht nur ein bemerkenswerter Schritt, sondern zeige, dass die Bundesregierung in der Lage sei, ein Konzept für die Lösung schon lange bestehender Fragen vorzulegen, sagte der Unionsabgeordnete Michael Frieser. Ziel sei es, "Unternehmen zu stärken und Mitarbeiter zu schützen“, so Frieser.
Unternehmen müssten in die Lage versetzt werden, legal Daten zu sammeln, "die dem Unternehmen dienen können“. Die Grundlagen dafür dürften nicht "ins Belieben des Arbeitsgebers oder der Betriebsverfassung gestellt werden“. Vielmehr müsse sich das Unternehmen in Compliance-Vereinbarungen dazu verpflichten, alles dafür zu tun, damit die Grundregeln eingehalten werden.
Frieser forderte abschließend die Opposition dazu auf, während des parlamentarischen Verfahrens "im Interesse der Mitarbeiter, aber auch der Unternehmen“ an der Weiterentwicklung des Gesetzes mitzuarbeiten.
Im Anschluss an die Debatte überwies der Bundestag sowohl den Gesetzentwurf der Bundesregierung als auch den von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten Gesetzentwurf zur Verbesserung des Schutzes personenbezogener Daten der Beschäftigten in der Privatwirtschaft und bei öffentlichen Stellen (17/4853) zur weiteren Beratung an den Innenausschuss. (hau)