Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Textarchiv > 2011 > Thema "Frauenquote"
Frauen sollen in die Führungsetagen der Wirtschaft - dieses Ziel unterstützten sie alle ausnahmslos, Redner der Opposition ebenso wie der Koalition. Doch ob es dafür eine gesetzliche Quote braucht, die den Unternehmen einen bestimmten Anteil von Frauen in Vorstand und Aufsichtrat vorschreibt, darin gingen die Meinungen doch weit auseinander. So geriet am Freitag, 25. Februar 2011, die erste Lesung von zwei Anträgen, die SPD (17/4683) und Die Linke (17/4842) zur Einführung einer Frauenquote vorgelegt hatten, zu einem Schlagabtausch zwischen Quotenbefürwortern in der Opposition und Quotengegnern in der Koalition.
Während SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen der Regierung vorwarfen, mit dem von Frauenministerin Dr. Kristina Schröder (CDU/CSU) angekündigten Gesetz zur Einführung einer "Flexiquote“ den Status Quo zu zementieren, bezeichneten Redner von Union und FDP Frauenquoten als untauglich, um Frauen wirklich zu fördern.
Christel Humme, gleichstellungspolitische Sprecherin der SPD, hatte eingangs die Forderungen ihrer Fraktion auf den Punkt gebracht: "Wir wollen eine 40-Prozent-Quote, wir wollen eine gesetzliche Regelung und wir wollen Sanktionen.“ Die SPD habe ein klares Konzept vorgelegt, ganz im Unterschied zur "zerstrittenen Koalition“.
Humme kritisierte insbesondere die ablehnende Haltung von Bundeskanzlerin und Frauenministerin zur gesetzlichen Quote. Die Bundesregierung könne doch nicht weiterhin auf das Prinzip Freiwilligkeit zu setzen. "Das ist Kapitulation!“ Die Vergangenheit habe doch gezeigt, dass freiwillige Selbstverpflichtungserklärungen der Wirtschaft ohne Effekt seien, so die SPD-Politikerin.
Trotz gleichwertiger oder besserer Qualifikation scheiterten Frauen noch immer an Personalchefs, die "in ihnen vor allem Mütter“ sähen, ärgerte sich Humme. Die Quote durchzusetzen erfordere zwar Mut. Doch es brauche gesetzliche Rahmenbedingungen und Sanktionen, um an den bestehenden Verhältnissen etwas zu ändern.
Elisabeth Winkelmann-Becker (CDU/CSU), Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, pflichtete ihrer Vorrednerin bei, dass der Status Quo dringend geändert werden müsse. Frauen seien gut für Unternehmen - nicht, weil sie per se besser qualifiziert seien, sondern weil unterschiedliche Denk- und Herangehensweisen der Mitarbeiter einem Unternehmen nützten, erklärte die Abgeordnete und sprach sich für eine „verbindliche Vergabe“ von Aufsichtsratsmandaten an Frauen "in absehbarer Zeit“ aus.
Der Druck auf die Unternehmen, endlich zu handeln, dürfe jetzt nicht nachlassen, so Winkelmann-Becker.
Deutlicher als sie sprach sich ihr CDU/CSU-Fraktionskollege Dr. Stephan Harbarth gegen eine gesetzliche Quote für Frauen in Führungspositionen aus. Insbesondere der Antrag der Linksfraktion mit der Forderung 50 Prozent der Mandate in Aufsichtsräten an Frauen zu vergeben, wurde von ihm scharf kritisiert: Die Linke verlange damit im Kern die Quote für jedes Unternehmen, das eine aufsichtsratsfähige GmbH sei - also auch für Handwerksbetriebe oder Autowerkstätten.
"Das ist Gängelung, das ist Irrsinn pur. Dafür stehen wir nicht zu Verfügung“, sagte Harbarth, der Mitglied im Rechtsausschuss ist.
Ähnlich sah dies Marco Buschmann (FDP), ebenfalls Mitglied im Rechtsausschuss des Bundestages. Die Forderungen der Opposition bezeichnete er als unverhältnismäßig, die "Zwangsquote“ sei zudem völlig untauglich, um an der Situation von Frauen in der Wirtschaft etwas zu verändern.
"Ihr Konzept ist so undifferenziert und so mittelstandsfeindlich, dass es nicht einmal ein Quotenbefürworter unterschreiben würde“, hielt Buschmann SPD und Linksfraktion entgegen. Bei kleinen Unternehmen käme die geforderte Frauenquote im Vorstand einem "Einstellungsverbot für Männer“ gleich.
Zudem belegten Studien, dass Quotenmodelle untauglich seien. Die erwartete "Strahlkraft“ einer Quotierung von Vorstands- und Aufsichtsratsmandaten sei beispielsweise in Norwegen, das die Quote eingeführt habe, ausgeblieben. "Der Erfolg ist nur symbolisch!“ Für eine Änderung der Verhältnisse brauche es eher eine "kulturelle Revolution im Kopf als die Frauenquote.“
Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, sprach sich dagegen vehement für die Einführung einer gesetzlichen Quote aus. "Wir brauchen einen Pakt für die Frauen.“ Dabei gehe es gar nicht so sehr um die Höhe der Quote, wichtig sei, den Zustand zu beenden, in dem Männern 90 Prozent der Sitze in Aufsichtsräten innehätten: "Das toppt ja nur noch der Vatikan!“
Die Haltung der Bundesregierung kritisierte sie scharf: "Die Frauenministerin will die Tatenlosigkeit gesetzlich absichern - und nennt das Flexiquote!“ Die Politik der Bundesregierung sei im Kern "frauenfeindlich, unsozial und ungerecht“, so die Abgeordnete. Die Linke fordere stattdessen, dass Männer und Frauen gleichberechtigt Zugang zu allen Ressourcen hätten und in allen Teilen der Wirtschaft gleichberechtigt seien. "Dazu gehört eben auch, dass Frauen Unternehmen leiten!“
Auch Monika Lazar (Bündnis 90/Die Grünen), stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, sprach sich für eine 40-Prozent-Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten aus. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf einen Gesetzentwurf, den ihre Fraktion bereits im vergangenen Jahr zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsratsposten vorgelegt hatte.
Länger auf Selbstverpflichtungen der Wirtschaft zu vertrauen, sei aus ihrer Sicht falsch. Die Quote müsse nun kommen. Der erste Gleichstellungsbericht der Bundesregierung habe zudem deutlich gemacht, dass ein Handeln auch aus finanzieller Hinsicht geboten wäre: "Die Kosten des Nichtstun übersteigen weit die Kosten einer Gleichstellungspolitik.“
Die Anträge von SPD und Linksfraktion wurden im Anschluss an die Debatte zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen. Die Federführung hat der Rechtsausschuss. (sas)