Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Textarchiv > 2011 > Rechte für Europäische Betriebsräte
Unterschiedlich beurteilt haben die geladenen Experten am Montag, 4. April 2011, in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales unter Vorsitz von Katja Kipping (Die Linke) die geplante Umsetzung einer Änderung der EU-Richtlinie über Europäische Betriebsräte. Besonders weit auseinander lagen sie bei der Frage nach Sanktionen sowie nach einem Zutrittsrecht für ausländische Mitglieder des Europäischen Betriebsrats zu inländischen Betrieben einer Europäischen Aktiengesellschaft. Grundlage der Anhörung waren der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Europäischen Betriebsräte-Gesetzes (17/4808) sowie ein Antrag der SPD-Fraktion (17/5184) mit Forderungen nach "wirkungsvollen Sanktionen zur Stärkung von Europäischen Betriebsräten".
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) lehnt in ihrer Stellungnahme die im SPD-Antrag geforderten Ausweitungen des Gesetzes, insbesondere zu den Sanktionen, ab. "Die Forderungen gehen über die Vorgaben der Richtlinie hinaus und stehen damit im Widerspruch zu dem Ziel, europäische Rechtsetzung so in das deutsche Recht einzufügen, dass die Akzeptanz von europäischen Gesetzen gestärkt wird“, heißt es zur Begründung.
BDA-Vertreter Roland Wolf lehnte zudem eine gesetzliche Regelung des Zutrittsrechts ab. "Mir ist kein Fall aus der Praxis bekannt, in dem sich ein entsprechendes Problem stellte“, sagte er.
Auch der Bundesarbeitgeberverband Chemie lehnte die Forderung der SPD-Fraktion nach schärferen Sanktionen ab. Die Gesetzentwurf der Regierung vorgesehenen Sanktionen "sind aus unserer Sicht ausreichend“.
Gleichzeitig plädierte der Verband bei der Definition des Begriffs "Anhörung“ für eine engere Orientierung an den Vorgaben der neu gefassten Richtlinie. Andernfalls würde der "auf europäischer Ebene zwischen den Sozialpartnern gefundene und von Europäischem Parlament und Rat übernommene Kompromiss verändert“, betonte der Verband.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sprach sich dafür aus, Sanktionen vorzusehen, die wirksam, abschreckend und im Verhältnis zur Schwere des Verstoßes angemessen seien. DGB-Vertreter Ralf-Peter Hayen forderte in diesem Zusammenhang, bei der Umsetzung in deutsches Recht nachzubessern. "15.000 Euro sind keine abschreckende Sanktion“, kritisierte er.
Außerdem forderte der DGB, das Zugangsrecht von Europäischen Betriebsräten gesetzlich zu regeln. "Durch eine entsprechende Klarstellung werden Prozesse auf EU-Ebene vermieden“, sagte Hayen.
Die Einzelsachverständige Antje Orentat betont in ihrer Stellungnahme die entscheidende Bedeutung des Anspruchs auf Unterlassung. Ein Unterlassungsurteil, das der Europäische Betriebsrat der Fluggesellschaft British Airways vor dem Arbeitsgericht in Brüssel erreicht habe, habe die Unternehmensleitung davon überzeugt, die Kooperation zu pflegen und Konsultationsprozesse rechtzeitig und umfassend einzuleiten.
Der Einzelsachverständige Frank Siebens sah dagegen in der Unterrichtung und Anhörung "das Kernelement der Richtlinie und des Europäischen Betriebsräte-Gesetzes“. Diese müssten dringend verbessert werden. In der Vergangenheit sei es häufig vorgekommen, so Siebens, dass Europäische Betriebsräte bei Entscheidungen mit grenzüberschreitendem Charakter nicht oder zu spät angehört worden seien. (jmb)