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Nicht nur die Ergebnisse aus dem Nationalen Bildungsbericht 2010 (17/3400) standen bei einem öffentlichen Fachgespräch des Bildungsausschusses unter Vorsitz von Ulla Burchardt (SPD) am Mittwoch, 13. April 2011, im Fokus. Diskutiert wurden auch Aussagefähigkeit und Methodik des Berichts an sich. Alle zwei Jahre gibt eine Gruppe von Wissenschaftlern darin im Auftrag der Kultusministerkonferenz und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung einen Überblick über das Bildungswesen in Deutschland. Thema im vergangenen Jahr waren die "Perspektiven des Bildungswesens im demografischen Wandel“.
Prof. Dr. Jürgen Baumert vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung betonte, der Nationale Bildungsbericht sei ein Instrument zur "Dauerbeobachtung des Systems“. Die Entwicklung im Bildungssystem sei in den vergangenen zehn Jahren in fast allen Gebieten positiv gewesen.
Unter anderem habe es Leistungsverbesserungen gegeben, eine Verkleinerung der Risikogruppe und der Gruppe in den Übergangssystemen sowie eine Expansion im Hochschulbereich.
Dennoch - da waren sich die Experten einig - gibt es Probleme. "Die Chancengerechtigkeit ist noch nicht abgeschlossen“, sagte Josef Erhard vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultur. Als Konfliktfelder nannte er finanzielle Probleme, soziale Schwierigkeiten und Elternhäuser mit niedriger Bildungsbeteiligung.
Prof. Dr. Horst Weishaupt vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung sprach in diesem Zusammenhang besonders Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund an. Die Zahl nehme weiter zu. Bereits heute hätten 40 Prozent der Ein- bis Fünfjährigen in den westdeutschen Flächenstaaten einen Migrationshintergrund, ergänzte Baumert.
Besonders betroffen seien die alten Bundesländer, die Stadtstaaten und Ballungsgebiete. Die Politik müsse diesem Sachverhalt entschiedener begegnen, forderten die Experten und nannten als Beispiel etwa das im Nationalen Bildungsbericht 2010 prognostizierte Umschichtungspotenzial von knapp 20 Milliarden Euro bis 2025. Davon könnte ein Teil in die Bildung von Migranten und in die individuelle Förderung von Kindern investiert werden, sagte Erhard.
Vor allem die SPD-Fraktion regte an, den Nationalen Bildungsbericht nicht nur als eine Ist-Darstellung zu gestalten, sondern darin auch Empfehlungen auszusprechen. Der Abschnitt "Perspektiven" am Ende jedes Kapitels habe schon jetzt Empfehlungscharakter, betonte sie.
Der Vorschlag stieß bei den Sachverständigen jedoch auf Skepsis. Man spreche bewusst keine Empfehlungen aus, sagte Weishaupt. Die verantwortliche Gruppe der Wissenschaftler lege einen analytischen Bericht vor und deute Handlungsmöglichkeiten an.
Damit sei die Grenze der wissenschaftlichen Aussagefähigkeit erreicht, sagte auch Baumert. Aufgrund der zahlreichen angesprochenen Themen würde es "willkürlich“ wirken, bei allen auch eine Empfehlung zu geben. (tyh)