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Die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland ist unterfinanziert. Darin waren sich die Experten am Mittwoch, 13. April 2011, in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung unter Vorsitz von Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen) einig. Dabei ging es um insgesamt drei Anträge der Fraktionen der SPD "Stillstand in der Verkehrspolitik überwinden - Zukunftskommission zur Reform der Infrastrukturfinanzierung einrichten“ (17/5022), Die Linke "Grundlegende Neuausrichtung der Verkehrsinvestitionspolitik für Klima- und Umweltschutz, Barrierefreiheit, sozialer Gerechtigkeit und neue Arbeitsplätze“ (17/1971) sowie Bündnis 90/Die Grünen "Durch eine neue Investitionspolitik zu mehr Verkehr auf der Schiene“ (17/1988).
Dr. Andreas Kossak vom Arbeitskreis Forschung & Beratung in Hamburg betonte, dass nach seiner Ansicht die Unterfinanzierung sowohl bei der Straße als auch bei der Schiene und den Bundeswasserstraßen höher sei als bisher angenommen. "Vor diesem Hintergrund wird es für verfehlt angesehen, die Umschichtung von Mitteln aus einem unterfinanzierten Sektor in einen anderen unterfinanzierten Sektor in Betracht zu ziehen“, erklärte er.
Vielmehr müsse dies zum Anlass genommen werden, Instrumente und Prozeduren der Bundesverkehrswegeplanung auf den Prüfstand zu stellen. Deshalb begrüßte er auch die von der SPD geforderte Einsetzung einer "Untersuchungskommission zu der Form der Infrastrukturfinanzierung“.
Außerdem sprach sich der Sachverständige unter anderem für den vermehrten Einsatz von Öffentlich-Privaten Partnerschaften (Public Private Partnership, PPP) zur Finanzierung der Bundesverkehrswege aus. Richtig eingesetzt könne PPP einen wirkungsvollen Beitrag zur effizienteren Nutzung der verfügbaren Mittel liefern.
Er wies darauf hin, dass die meisten Gremien die schrittweise Einführung von entfernungs-, belastungs- und umweltwirkungsabhängigen Benutzungsgebühren für alle Motorfahrzeuge auf allen Straßen als notwendig erachteten. Es habe sich allerdings gezeigt, dass die Umsetzung einer Maut in der Öffentlichkeit umstritten sei.
Auch Dr. Stefan Kooths vom Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel sprach sich für eine Nutzerfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur aus. Er setzte sich dafür ein, die Finanzierungskreisläufe der Verkehrsinfrastruktur aus dem allgemeinen Staatshaushalt herauszulösen und in kapitalmarktfähige Bereitstellungsagenturen auszugliedern.
Der Sachverständige wies darauf hin, dass der Anteil der Investitionen an den Gesamtausgaben des Staates seit 20 Jahren "im Trend rückläufig“ sei.
Dr. Werner Reh vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisierte unter anderem die bisherigen Investitionen in die Schiene. Er schlug dagegen unter anderem vor, neue Vorhaben auf den Schienengüterverkehr und den Seehafen- und Hinterlandverkehr auszurichten, um die Kapazität des Güterverkehrs bis 2025 zu verdoppeln.
Außerdem regte er an, Großvorhaben neu zu diskutieren und eventuell umzuplanen. Dazu zählte er in seiner schriftlichen Stellungnahme das Projekt Stuttgart 21 in Verbindung mit der Neubaustrecke Ulm-Wendlingen (Kosten: zehn Milliarden Euro), die ICE-Strecken Nürnberg-Erfurt und Erfurt-Leipzig/Halle (sieben Milliarden Euro) und die "Y-Trasse“ Bremen/Hamburg-Hannover (drei Milliarden Euro).
Stefan Gerwens von "Pro Mobilität", der Initiative für Verkehrsinfrastruktur, forderte, die Investitionen in alle Bundesverkehrswege "deutlich“ zu steigern. Dabei müssten Vorhaben von hohem gesamtwirtschaftlichen Nutzen und einer deutlichen Verbesserung der Verkehrsqualität Vorrang haben.
Der eingeleitete Einstieg in einen Finanzierungskreislauf "Fernstraße" sei ein richtiger Schritt, um Fehler bei der Einführung der Lkw-Maut zu korrigieren. (mik)