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Am 26. April jährt sich die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl zum 25. Mal. © pa//APA/picturedesk.com
Den 25. Jahrestag der Katastrophe in Tschernobyl am 26. April hat der Bundestag am Freitag, 8. April 2011, zum Anlass genommen, um zurückzublicken und gleichzeitig vor dem Hintergrund des Atomunfalls in Japan die energiepolitische Zukunft in Deutschland zu debattieren. Unter der Überschrift "Lehren aus Tschernobyl“ berieten die Parlamentarier über Anträge der Fraktionen von SPD (17/5366), Bündnis 90/Die Grünen (17/5375) sowie der Linksfraktion (17/5379), die mit den Stimmen der Koalition abgelehnt wurden.
Während der Debatte bemühten sich die Redner weitgehend um einen besonnenen Ton und würdigten die Opfer der Katastrophen in Tschernobyl und Fukushima, schlugen allerdings ebenso den Bogen zur aktuellen Atomdebatte. Dabei betonte Jürgen Trittin (Bündnis 90/ Die Grünen), seit dem "schwersten Unfall in der Geschichte der Atomindustrie" vor 25 Jahren gebe es einen Konsens in Deutschland: "Raus aus der Kernenergie!" Vor diesem Hintergrund übte er scharfe Kritik an der Bundesregierung: "Den Konsens der rot-grünen Energiewende hat Schwarz-Gelb aufgekündigt. Dies war eine historische Fehlentscheidung", sagt er.
Mit Blick auf das von der Regierung beschlossene Moratorium, "mit dem sie sich eine dreimonatige Denkpause verordnet hat, um ihre Fehlentscheidung zu überdenken", forderte Trittin Bundesumweltminister Dr. Norbert Röttgen (CDU) auf: "Bauen Sie eine Brücke zurück in den Konsens der Bevölkerung!“ Dafür müssten vor allem die sieben ältesten Atomkraftwerke dauerhaft vom Netz genommen werden und nicht nur vorübergehend.
Demgegenüber kritisierte Michael Kauch (FDP), die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sei in ihrem Antrag "hinter den Erwartungen zurückgeblieben“. Das Papier sei zu allererst ein Forderungskatalog an die Regierung und beziehe den Aspekt der menschlichen Schicksale aus der Tschernobyl-Katastrophe nicht mit ein – im Gegensatz zum Antrag der SPD-Fraktion, so Kauch, den er ausdrücklich für die Einbeziehung der Opfer lobte.
Mit Blick auf die aktuelle Atomdebatte in Deutschland sagte Kauch, angesichts der Signale der Bürger wolle die Regierung nun schneller aus der Kernenergie aussteigen als geplant. Andererseits bedeute dies nicht, das Energiekonzept der Regierung "nun auf den Müll zu werfen“. Vielmehr gelte es nun, den dort bereits angedachten Umbau der Energiepolitik schneller hinzubekommen.
Auch Marie-Luise Dött (CDU/CSU) sprach sich vor dem Hintergrund der Ereignisse in Japan dafür aus, "die Kernenergie möglichst schnell zu beenden“. Daher werde nun geprüft, ob der Ausstieg schneller gelingen könnte als ursprünglich angenommen. "Die Bürger können sich darauf verlassen, dass nun gründliche Analysen vorgenommen werden“, betonte Dött. Sicherheit habe nun höchste Priorität.
Eine Beschleunigung beim Umbau der Energieversorgung werde in der angestrebten Novelle des Erneuerbare-Energie-Gesetzes (EEG) enthalten sein, versicherte sie und betonte gleichzeitig, dass die Bürger andererseits wissen müssten, dass entsprechende Maßnahmen wie der vorgesehene Netzausbau oder die Schaffung von Energiespeichern nicht umsonst zu haben seien.
Außerdem müsse die Abwanderung von Unternehmen verhindert werden. "Daher wird es mit uns keinen Umbau Hals über Kopf geben, und an einem Unterbietungswettbewerb, wer am schnellsten aus der Kernenergie aussteigen will, werden wir uns nicht beteiligen“, sagte Dött und stieß dabei auf Unverständnis bei Marco Bülow (SPD).
"Diesen Wettbewerb gibt es in der Regierung durchaus, gerade in der Union“, sagte er und stellte die Glaubwürdigkeit der Koalition in der Atomdebatte insgesamt in Frage. "Nach Fukushima haben sich plötzlich die ewigen Atomdinosaurier zu Fans der erneuerbaren Energien gewandelt“, spottete Bülow und forderte die Koalition auf, sich für die Aufkündigung des rot-grünen Energiekonsens zu entschuldigen.
"Schwarz-Gelb hat noch vor wenigen Monaten den Konsens ohne Beteiligung des Parlaments aufgebrochen“, sagte er und kritisierte, die Regierung entmündige erneut das Parlament, wenn "nicht-legitimierte Gremien wie die Ethikkommission über Fragen beraten, über die das Parlament entscheiden muss“.
Auch die Abgeordnete der Linksfraktion Eva Bulling-Schröter nahm in ihrem Redebeitrag die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke durch die Koalition ins Visier. "Noch im letzten Jahr waren Sie in dieser Frage beratungsresistent“, sagte sie an die Vertreter der Regierungsfraktionen gewandt. Damals sei es ausschließlich um die Profite der Konzerne gegangen und nicht um Brückentechnologie, kritisierte Bulling-Schröter.
Das Moratorium der Regierung sei auch ein Erfolg der Anti-Atomkraftbewegung, betonte sie und forderte "einen unumkehrbaren Ausstieg“ aus der Atomenergie. "Daher wollen wir, dass ein Verbot für die Anwendung von Atomtechnologie im Grundgesetz verankert wird.“ Außerdem dürfe eine Technologie, die nicht versicherbar sei, nicht betrieben werden, sagte sie und betonte: "Wir müssen Schaden vom Volk abwenden!“ (jmb)