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Um den Schutz der Menschen vor Straßen- und Schienenlärm und um einen neuen Infrastrukturkonsens ging es am Donnerstag, 14. April 2011, im Deutschen Bundestag. Grundlage der Debatte war ein Antrag der SPD-Fraktion (17/5461). Darin setzt sich die Fraktion für einen neuen Infrastrukturkonsens ein und fordert unter anderem von der Bundesregierung, das unter dem sozialdemokratischen Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee erarbeitete nationale Verkehrslärmschutzprojekt II "zügig und mit Nachdruck“ umzusetzen sowie ein wirksames Lärmschutzgesetz vorlegen. Grundsätzlich solle das Verursacherprinzip stärker angewendet werden, um diejenigen zu entlasten, die Lärm erzeugen, und diejenigen zu schützen, die davon betroffen sind. Die Kosten des Lärmschutzes sollten daher vorrangig auf die Verursacher umgelegt werden.
Die Investitionen in die Lärmschutzforschung im Bereich der Entwicklung lärmarmer Fahrzeuge für Straße oder Schiene sowie der Fahrwege sollen intensiviert und verstetigt werden, heißt es in dem Antrag. Es solle geprüft werden, ob eine Kennzeichnung für die Geräuschentwicklung geschaffen werden könne.
Die im Rahmen des Pilotprojektes "Leiser Rhein“ vorgesehene Umrüstung von bis zu 5.000 Güterwagen dürfe nicht als "Feigenblatt“ missbraucht werden. Die Fraktion fordert von der Regierung, umgehend zu prüfen, wie eine zügige Umrüstung der übrigen etwa 150.000 in Deutschland gemeldeten Güterwagen bis 2020 abgeschlossen werden kann.
Außerdem soll die für den Schienenverkehr im Jahr 2007 auf 100 Millionen Euro angehobenen Lärmsanierungsmittel erhöht werden. Dabei solle sich darauf konzentriert werden, den Lärm "vorrangig an der Quelle“ zum Beispiel mit neuen Schallabsorbern an den Schienenwegen zu bekämpfen.
Bei den Bundesfernstraßen fordert die SPD, bei der Festlegung der Höhe der Lkw-Maut den Faktor Lärmbelästigung zu berücksichtigen. Zudem soll geprüft werden, wie die Einführung lärmarmer Verkehrsträger für den Individualverkehr "deutlich“ begünstigt werden kann.
"Lärmschutz muss auch auf der Straße zum Wettbewerbsfaktor werden“, heißt es in dem Antrag. Die Ausgaben des Bundes für Lärmschutz an Bundesfernstraßen soll an den Bedarf angepasst und verstetigt werden. Eine weitere Forderung der SPD-Fraktion ist es, mit einem gezielten Ausbau der Elektromobilität den Verkehrslärm auf der Straße zu reduzieren.
Gustav Herzog (SPD) wies in der Debatte darauf hin, dass es sich beim Lärmschutz um ein "flächendeckendes Thema“ handele. 20 Prozent der Menschen würden "erheblich“ durch den Schienenlärm beeinträchtigt und 13 Millionen Menschen würden vor allem in den Städten unter dem Straßenverkehr leiden.
"Deshalb ist Lärm eine existenzielle Frage für unsere Lebensqualität und unsere Gesundheit“, sagte er. Um den Lärm zu verringern, sei ein Konsens sowohl in der Planung als auch im Betrieb von Infrastrukturmaßnahmen notwendig.
"Wir müssen die Menschen mitnehmen“, betonte Herzog. Nur dann komme es nicht zu "Aufständen“.
Für die Union wies Daniela Ludwig (CDU/CSU) einerseits auf die Notwendigkeit sowohl der Infrastruktur als auch des Schutzes vor Lärm hin. "Bei jedem Prospekt müssen diese beiden Aufgaben zusammengebracht werden, um die Akzeptanz der Menschen zu finden“, sagte sie.
Die Abgeordnete erwähnte das nationale Lärmschutzpaket II hin, in dem viele Forderungen der SPD schon umgesetzt würden. "Die Koalition zieht erfolgreich an einem Strang“, betonte sie und kritisierte, dass in dem SPD-Antrag keinerlei Stellung zu der Finanzierung der Lärmschutzmaßnahmen gemacht würden.
Herbert Behrens (Die Linke) stellte das Verkehrswachstum insgesamt in Frage. "Die Lastwagen dürfen nicht die Lagerhallen der Industrie sein“, betonte er. Deshalb setze er sich für weniger Lärm durch weniger Verkehr ein. Es sei notwendig, die Ideen der Bevölkerung bei Lärmschutzmaßnahmen zu übernehmen.
"Bürgerideen kosten Geld“, sagte er. Dies sei bei den Kommunen wegen der Schuldenbremse und der Finanznot nicht mehr vorhanden.
Werner Simmling (FDP) warnte vor dem "Herzinfarkt durch den Verkehrsinfarkt“. Um dies zu vermeiden, sei ein gezielter Ausbau der Infrastruktur notwendig. Durch intelligente Verkehrsleitsysteme könne Lärm vermieden werden.
Dr. Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen) wies darauf hin, dass gerade die sozial Schwachen vom Lärm betroffen seien.
Die anderen würden sich erfolgreich in Bürgerinitiativen wehren oder im Zweifelsfalle wegziehen. (mik)