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Frauen verdienen weniger als Männer. Das hat zwar vielfältige Gründe, doch eine Ursache liegt bei ihnen, den Frauen, selbst. Zum überwiegenden Teil entscheiden sie sich für typisch weibliche Berufe. "Klassische Frauenberufe werden aber schlechter bezahlt“, sagte Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Die Linke) in ihrer Begrüßung der 17 Schülerinnen, die am Donnerstag,14. April 2011, anlässlich des elften Girls’ Days die Verwaltung des Deutschen Bundestages besuchten. Um diesen Trend zu brechen und Mädchen für technische Berufe zu begeistern, hatte das Bundesministerium für Bildung und Forschung vor elf Jahren den Girls’ Day ins Leben gerufen.
Mit einem Verweis auf ihre eigene Biografie machte Pau den Mädchen der Klassenstufen fünf bis zehn Mut, ihren Weg abseits ausgetretener Pfade zu suchen und sich zuzutrauen, in von Männern dominierten Berufen ihr Glück zu suchen.
Doch Worten müssen Taten folgen, und so sollten die Schülerinnen in der ersten Station ihres Rundgangs, dem Gas-Wasser-Sanitärbereich, selbst Hand anlegen. Die Aufgabe bestand darin, Rohre mittels einer elektrischen Zange, Muffen und Nippeln zu einem Rohrsystem zu verbinden.
Und obwohl die wenigsten Mädchen mit diesen Fachbegriffen etwas anfangen konnten, klappte es auf Anhieb. Der Ansatz des Girls’ Days, den Mädchen praxisnah die Scheu vor Technik zu nehmen, schien mit dem leicht krummen Rohr gut gelungen zu sein.
Berührungsängste hinsichtlich technischer Berufe sind der 13-jährigen Laura Tabea Mattern fremd. Ihre Lieblingsfächer sind Mathematik und Physik, außerdem spielt sie Cello. Beruflich möchte Laura "auf jeden Fall etwas mit Technik“ machen. Informatik kann sie sich gut vorstellen. Sie hat vor Kurzem mit ihrem Vater einen Computer zusammengebaut: "Das hat richtig Spaß gemacht.“ Benachteiligt fühlt sie sich als Mädchen jedenfalls nicht.
Auch die 15 Jahre alte Jona Berg sieht sich als Mädchen nicht diskriminiert. Allerdings ist sie ja noch auf der Schule, und "da sind die Mädchen ja eh besser“. Jona würde gern Fotografin werden. Vielleicht, so sicher ist sie sich nicht. Noch besucht sie die Realschule, will aber unbedingt ihr Fachabitur machen.
Bei der nächsten Station, dem Aufnahmestudio des Parlamentsfernsehens, durften die Schülerinnen den Profis im Regieraum über die Schulter schauen. Während einer simulierten Talkshow wurde die Technik im Aufnahmestudio erklärt, und die Mädchen konnten selbst die Kameras bedienen.
Jona war sofort Feuer und Flamme, kritisierte Bildeinstellungen und wollte wissen, ob man für den Beruf des Kameramanns Abitur braucht. Auch welche Ausbildung man benötigt, um eine Website zu programmieren, wollten die Schülerinnen wissen.
Anders als bei Jona und Laura hält die Tendenz der Mädchen, typische weibliche Berufe zu wählen, noch immer an. Das stellt auch Simone Heise, stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte des Bundestages, mit Bedauern fest: "Dieses Jahr wird es keine einzige Auszubildende in der Parlamentsverwaltung geben, die einen typischen Männerberuf erlernt.“
Angeboten würden beispielsweise Ausbildungen als Fachinformatikerin für Systemintegration. Das einzige zum Vorstellungsgespräch geladene Mädchen habe abgesagt. Von den insgesamt 89 Auszubildenden seien zwar 58 weiblich, doch nur eine habe sich im letzten Jahr für eine typische Männerdomäne entschieden.
Dies entspricht dem bundesweiten Trend. Unter den zehn am häufigsten von Mädchen gewählten Ausbildungsberufen ist nicht ein einziger technischer Beruf. Der Anteil von Frauen in diesen Berufen beträgt gerade einmal 27 Prozent. Frauen, die ein Studium der Ingenieurwissenschaften aufnehmen, sind noch immer die Ausnahme.
Doch nicht zuletzt wegen des demografischen Wandels würden Mädchen bald händeringend gesucht, fügte Petra Pau hinzu. (rov)