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Die Situation des Profisports in Ostdeutschland ist jämmerlich. Zu dieser Einschätzung gelangte der Vorstandsvorsitzende des Fußballvereins FC Hansa Rostock, Bernd Hofmann, während der Sitzung des Sportausschusses unter Vorsitz von Dagmar Freitag (SPD) am Mittwoch, 11. Mai 2011. Hofmann machte die "wirtschaftlichen Standortnachteile im Osten" als Hauptgrund für die Misere aus.
"Wir haben eine geringere Nettokaufkraft und die Wirtschaftskraft der Unternehmen ist geringer als im Westen", sagte Hofmann. Sämtliche in Deutschland ansässigen Dax-Unternehmen hätten ihre Stammsitze im Westen und würden die dortigen Vereine unterstützen. "Das hat nichts mit Neid zu tun, sondern ist lediglich eine Feststellung", betonte er.
Folge des Fehlens von Großsponsoren sei es, dass begehrte Spieler zu dem Verein wechseln würden, der ihnen das wirtschaftlich beste Angebot macht. Als "Ostverein" müsse man daher einen anderen Weg gehen, so Hofmann. Der FC Hansa investiere jährlich 1,3 bis 1,5 Millionen Euro in die Nachwuchsförderung. Diese Kosten müssten jedoch durch die Profi-Abteilung "querfinanziert" werden.
Genau in diesem Bereich könne die Politik die ostdeutschen Vereine unterstützen, sagte der Rostocker Vorstandsvorsitzende. "Es geht nicht darum, mit diesen Mitteln in Rostock den Nachwuchsspielern das gleiche Geld zu zahlen wie in Hoffenheim", stellte er klar. Gäbe es staatliche Finanzhilfen für die Ausbildung der Kinder und Jugendlichen, müssten diese zumindest nicht mehr aus dem schmalen Topf der Profi-Abteilung finanziert werden.
Christian Sachs als Vertreter der Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) sprach ebenfalls von einer schwierigen Situation für ostdeutsche Profivereine. Es fehle an potenten Sponsoren aus dem Mittelstand, wie es sie im Westen der Republik gebe. Anders als in den Profi-Ligen sei die Entwicklung bei den olympischen Sportarten durchaus positiv, sagte Sachs und verwies auf die Erfolge der Wintersportzentren in Thüringen und Sachsen.
Auf diese Diskrepanz machte auch der Abgeordnete Frank Steffel (CDU/CSU) aufmerksam. Zwar könne die Politik die Kultur und auch die Olympiastützpunkte im Osten unterstützen. Beim Profisport sei dies jedoch "sehr kompliziert“. Nicht zuletzt weil auch immer ein Eingriff in den Wettbewerb befürchtet werde. Dass es Handlungsbedarf gebe, stehe für ihn außer Frage. Wenn von 68 Erstligisten im Fußball, Handball, Eishockey oder Basketball nur fünf aus dem Osten und davon drei aus Berlin kämen, sei dies eine "ernüchternde Bilanz", urteilte Steffel.
Statt eines neuen Goldenen Plans Ost zur Förderung von Stadionneubauten sollten eher mittelfristige Perspektiven wie die der Hansa-Talentförderung unterstützt werden, sagte die Grünen-Abgeordnete Viola von Cramon-Taubadel. Sie kritisierte mit Bezug auf die kurzfristige Absage eines geladenen Vertreters des Landratsamtes Erzgebirgskreis, dass bei einigen offenbar "die Dramatik noch nicht angekommen ist".
Der Nachholbedarf im Sportstättenbau sei geschafft, urteilte auch der FDP-Abgeordnete Joachim Günther. Das Problem sei vielmehr, dass mit Ausnahme des Viertligisten RB Leipzig keine ostdeutsche Profimannschaft einen großen Konzern als Sponsor habe.
Der Profisport lebe nicht unter einer Glasglocke, sagte Katrin Kunert (Die Linke). Wenn große Regionen Ostdeutschlands unter massiver Abwanderung zu leiden hätten, sei es nicht verwunderlich, wenn die Wirtschaftskraft für Profivereine fehle. Dies habe wiederum mit der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zu tun.
Kunert kritisierte auch, dass die Bundesregierung den Goldenen Plan Ost "geerdet“ habe, obwohl es ihrer Ansicht nach einen großen Sanierungsbedarf gebe. (hau)