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Sollen Werke digitalisiert werden können, wenn der Rechteinhaber nicht ermittelt werden kann? © picture alliance
Die Zahlung einer „angemessenen Vergütung" ist sowohl für die Nutzung vergriffener als auch verwaister Werke erforderlich. Darin waren sich Dr. Christian Sprang, Justiziar beim Börsenverein der Deutschen Buchhandels, der nach eigenen Angaben 5.700 Verlage und Buchhandlungen in Deutschland vertritt, und Dr. Robert Staats von der Verwertungsgesellschaft Wort (VG) einig. Durch die Einbeziehung von VG Wort – und zum Beispiel auch der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst – sei sichergestellt, dass die Belange der Urheber und sonstige Rechteinhaber gewahrt würden, gleichzeitig aber für die „privilegierten Einrichtungen angemessene und praktikable Nutzungsbedingungen" vorgesehen würden, betonte Staats weiter. Neun Sachverständige ergriffen das Wort bei einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses unter Vorsitz von Siegfried Kauder (CDU/CSU) zur Digitalisierung verwaister und vergriffener Werke, die am Montag, 19. September 2011, stattfand.
Prof. Dr. Johannes Kreile, Rechtsanwalt aus München, sprach sich ebenfalls dafür aus, verwaiste Werk vergütungspflichtig zu machen. Begründung: Es sei ein urheberrechtlich geschütztes Werk.
Es gab auch Gegenstimmen: Die Sachverständigen Prof. Dr. Rainer Kuhlen, Informationswissenschaftler von der Universität Konstanz, und Dr. Till Kreutzer betonten übereinstimmend, dass sie eine Vergütung für die Nutzung im öffentlichen Interesse und durch entsprechende Institutionen nicht für erforderlich hielten. Im Übrigen halte auch der Entwurf der EU-Kommission zu den verwaisten Werken eine Vergütung in diesem Fall nicht für erforderlich wohl aber bei einer kommerziellen Nutzung.
Der Sachverständige Sprang forderte des Weiteren, eine gesetzliche Regelung für vergriffene und verwaiste Werke durch den Bundestag solle ausdrücklich auf Bücher beschränkt werden, die in Deutschland verlegt worden und erschienen sind.
Umgekehrt solle die Bundesregierung darauf bestehen, dass in der gesamten EU das Ursprungslandprinzip strikt beachtet wird. Nur hinsichtlich deutscher Bibliotheken und Verwertungsgesellschaften hätten die hiesigen Verlage das „volle Vertrauen", dass Regelungen für die massenhafte Digitalisierung vergriffener und verwaister Bücher nicht missbraucht würden.In ausländischen Bibliotheken fehlten hingegen oft schon die für eine „sorgfältige Suche" nach einem Rechteinhaber eines deutschen Buches erforderlichen Quellen, so der Sachverständige weiter.
Dr. Elisabeth Niggemann, Generaldirektorin der Deutschen Nationalbibliothek aus Frankfurt am Main begrüßte, dass Werke, die ökonomisch nicht mehr verwertet würden, gleichwohl aus kulturellem Interesse heraus der Öffentlichkeit digital zugänglich gemacht werden.
Die SPD-Fraktion hat einen Gesetzentwurf (17/3991) vorgelegt, mit dem die Verwertungsgesellschaften in die Lage versetzt werden sollen, die Rechte treuhänderisch wahrzunehmen, wenn auch nach sorgfältiger Recherche kein Rechteinhaber ermittelt werden konnte. Die Verwertungsgesellschaften könnten dann Lizenzen für die Digitalisierung erteilen.
Nach Meinung der Linksfraktion soll öffentlichen Einrichtungen nach einer „angemessenen" standardisierten Suche die digitale Veröffentlichung verwaister und unter bestimmten Umständen vergriffener Werke zu nichtkommerziellen Zwecken ermöglicht werden. Die Fraktion legte dazu einen Gesetzentwurf (17/4661) vor.
In einem Antrag (17/4695) schlagen Bündnis 90/Die Grünen ebenfalls vor, gegen eine „angemessene Vergütung" den Nutzern eine elektronische Vervielfältigung oder eine nichtkommerzielle Nutzung öffentlich zugänglich zu machen. (bob)