Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Textarchiv > 2011 > Haushaltsdebatte: Auwärtiges Amt
Politische und dipomatische Lösungen sollten immer dort angestrebt werden, wo dies auch möglich sei. Diese Überzeugung vertrat Bundesaußenminister Dr. Guido Westerwelle (FDP) bei der Beratung seines Etats am Mittwoch, 7. September 2011. Aber niemand sollte dort herauslesen, dass Deutschland nicht bereit sei, auch international Verantwortung zu überzunehmen, sagte der Minister. Aber gleichzeitig sagte er,zehn Jahre, nachdem der Einsatz in Afghanistan begonnen hat, sei es das "erklärte Ziel der Bundesregierung, dass wir uns eine Abzugsperspektive erarbeiten".
Der Außenminister fügte hinzu: eine Abzugsperspektive in Verantwortung. Deswegen werde man auch nicht den Ratschlägen der Opposition nachgeben und verraten, wo und in welchem Monat was abgezogen werde. "Das wäre eine Gefährdung der Soldaten", so der FDP-Außenminister. Auch nach dem Jahr 2014 werde man die Verantwortung für Afghanistan nicht vergessen.
Der Bundesregierung hat den Etat des Auswärtigen Amtes für 2012 nach Kürzungen im vergangenen Jahr wieder um 220 Millionen Euro aufgestockt. Insgesamt sind im Einzelplan 05 des Bundeshaushalts Ausgaben von 3,31 Milliarden Euro vorgesehen. Etwa zwei Drittel des Etats wird für die operative Außenpolitik verwendet, etwa für den Einsatz für Demokratisierung, Frieden und Sicherheit sowie für eigene Programme für Wiederaufbau, Konfliktmanagement und Krisenprävention.
Heftige Kritik musste Westerwelle von Dr. Gernot Erler einstecken: Der SPD-Außenexperte sprach "von einer Zumutung für dieses Hohe Haus". Der Außenminister sei zur „Personifizierung einer deutschen Außenpolitik von befremdender Gestalt und verhängnisvoller Wirkung“ geworden. Der deutsche Außenminister habe im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen durchgesetzt, dass Deutschland sich der Stimme enthalten habe, als es um den Schutz der libyschen Zivilbevölkerung ging. Damit habe Deutschland sich von so wichtigen Alliierten wie den USA, Frankreich und Großbritannien entfernt.
Der SPD-Abgeordnete hielt Westerwelle vor: "Der Begriff Einsicht taucht in ihrem Reaktionsrepertoire offensichtlich grundsätzlich nicht auf."
Der FDP-Abgeordnete Dr. Rainer Stinner nahm den Außenminister hingegen in Schutz und warf der Opposition ihrerseits Vergesslichkeit vor.
An der "klaren Einbettung Deutschlands in das westliche Bündnis" und an der werteorientierten Außenpolitik gebe es nichts zu deuteln, sagte Stinner.
Der CDU-Abgeordnete Dr. Andreas Schockenhoff verwies auf die wichtige Rolle Libyens, "denn es liegt in unser unmittelbaren Nachbarschaft". Man müsse Libyen das Angebot einer Partnerschaft machen.
Auch Schockenhoff äußerte sich zur deutschen Nichtbeteiligung am militärischen Vorgehen der Nato in Libyen: Der Bundesregierung habe sich aufgrund der nach ihrer Sicht "unabsehbaren Risiken" nicht an den militärischen Operationen beteiligt. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe aber keinen Zweifel daran gelassen, auf welcher Seite Deutschland stehe. "Wir sind froh, dass sich unsere Bedenken nicht bestätigt haben", so Schockenhoff.
Stefan Liebich (Die Linke) machte deutlich, man könne sich nicht an einem Bürgerkrieg mit ungewissem Ausgang beteiligen. Dies hieße, deutsche Soldaten in ein militärisches Abenteuer mit offenem Ausgang zu schicken.
Frithjof Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen) fand, man sollte die Verdienste der Nato dabei würdigen. Westerwelles Problem sei, dass er das "nicht ohne Nachhilfe" zum Ausdruck gebracht habe. (bob)