Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Textarchiv > 2011 > Sitzungswoche 28. - 30. September 2011
Der Bundestag hat am Donnerstag, 29. September, und Freitag, 30. September 2011, folgende Beschlüsse gefasst:
Ja zur Ausweitung des Euro-Rettungsschirms: Mit 523 Ja-Stimmen bei 85 Gegenstimmen und drei Enthaltungen hat der Bundestag am 29. September den Gesetzentwurf von CDU/CSU und FDP „zur Änderung des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus“ (17/6916) in der vom Haushaltsausschuss geänderten Fassung (17/7067, 17/7130) in namentlicher Abstimmung angenommen. Damit wird der Gewährleistungsrahmen der Bundesrepublik zur Abwendung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit von Euro-Mitgliedstaaten von 123 Milliarden Euro auf 211,0459 Milliarden Euro erhöht. Einen Änderungsantrag der Linksfraktion (17/7179) zum Gesetzentwurf lehnte der Bundestag ebenso ab wie zwei Entschließungsanträge der Linksfraktion (17/7180, 17/7194), einen Entschließungsantrag der SPD (17/7175) sowie einen Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen (17/7195).
Das Änderungsgesetz geht auf Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs der Eurozone vom 11. März und 21. Juli 2011 zurück. Im März hatten sie beschlossen, bis zum Auslaufen der Zweckgesellschaft „Europäische Finanzstabilisierungsfazilität“ (EFSF) zum 30. Juni 2013 und der Übernahme ihrer Aufgaben durch einen dauerhaften Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) die vereinbarte maximale Darlehenskapazität der EFSF von 440 Milliarden Euro in vollem Umfang bereitzustellen. Im Juli wurde beschlossen, die EFSF mit zusätzlichen, flexibleren Instrumenten auszustatten. Danach kann die EFSF, vulgo Euro-Rettungsschirm, künftig unter Auflagen auch vorsorglich eine Kreditlinie zugunsten eines Euro-Mitgliedstaates bereitstellen, Darlehen an Staaten zur Refinanzierung ihrer Banken gewähren und bei außergewöhnlichen Umständen auf dem Finanzmarkt und Gefahren für die Finanzstabilität Anleihen eines Euro-Mitgliedstaates auf dem Sekundärmarkt kaufen, um „Ansteckungsgefahren“ zu verhindern. Zur künftigen Beteiligung des Bundestages hatte der Haushaltsausschuss auf Antrag von Union und FDP Regelungen in das Gesetz eingefügt.
Den zur Abstimmung stehenden Antrag der Koalitionsfraktionen zur Parlamentsbeteiligung (17/6945) erklärte der Bundestag für erledigt. Im Gesetz heißt es nun unter anderem, die Bundesregierung dürfe in EFSF-Angelegenheiten einem Beschlussvorschlag, der die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages berührt, durch ihren Vertreter nur zustimmen oder sich bei einer Beschlussfassung enthalten, nachdem der Bundestag dazu einen „zustimmenden Beschluss“ gefasst hat. Ohne diesen Beschluss muss der deutsche Vertreter den Beschlussvorschlag ablehnen. In EFSF-Angelegenheiten, in denen eine Entscheidung des Bundestages nicht vorgesehen ist, wird der Haushaltsausschuss beteiligt, der das Recht zur Stellungnahme hat und den Vollzug der Vereinbarungen über Notmaßnahmen überwacht. Zustimmen muss der Haushaltsausschuss zum einen, wenn die Regierung die Leitlinien des Direktoriums der EFSF annehmen oder ändern will. Zum anderen ist sein Placet auch erforderlich, bevor die Bundesregierung Entscheidungen über den Einsatz weiterer Instrumente zustimmt.
Bundeswahlgesetz geändert: In namentlicher Abstimmung hat der Bundestag am 29. September den Gesetzentwurf von CDU/CSU und FDP zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (17/6290) in der vom Innenausschuss geänderten Fassung (17/7069) angenommen. 294 Abgeordnete der Koalition votierten dafür, 241 Abgeordnete aus der Opposition dagegen. Die Änderungen waren erforderlich geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht am 3. Juli 2008 dem Gesetzgeber aufgetragen hatte, bis zum 30. Juni 2011 ein verfassungskonformes Bundeswahlgesetz zu schaffen. Das Gericht hatte entschieden, dass die Grundsätze der Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl nach Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes verletzt waren – soweit ermöglicht wird, dass ein Zuwachs an Zweitstimmen zu einem Verlust an Sitzen der Landeslisten oder ein Verlust an Zweitstimmen zu einem Zuwachs an Sitzen der Landeslisten führen kann („negatives Stimmgewicht“). Die beschlossene Gesetzesänderung sieht vor, dass die Möglichkeit der Listenverbindung abgeschafft wird. Das Verfahren für die Verteilung der nach Landeslisten zu besetzenden Sitze bleibt zweistufig: Im ersten Schritt wird die Zahl der Sitze ermittelt, die von der Gesamtzahl der Sitze im Bundestag auf jedes Land entfällt. Im zweiten Schritt werden die auf ein Land entfallenden Sitze auf die dort zu berücksichtigenden Landeslisten verteilt. Die vom Innenausschuss vorgenommene Änderung sieht vor, dass bei der Zuteilung der weiteren Sitze vorrangig die Landeslisten berücksichtigt werden, bei denen die Zahl der in den Wahlkreisen errungenen Direktmandate die Zahl der zu verteilenden Sitze übersteigt. Die Alternativmodelle in den Gesetzentwürfen der SPD (17/5895), der Linksfraktion (17/5896) und von Bündnis 90/Die Grünen (17/4694) erhielten keine Mehrheit. Dem SPD-Entwurf stimmten lediglich noch die Grünen zu, dem Entwurf der Linken keine der übrigen Fraktionen und dem Entwurf der Grünen lediglich noch die SPD.
Stasi-Unterlagen-Gesetz novelliert: Der Bundestag hat am 30. September die Novellierung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (17/5894, 17/7170) beschlossen. Der Gesetzentwurf wurde mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke bei Enthaltung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Mit der von den Koalitionsfraktionen vorgelegten Novelle wird das Gesetz bis zum 31. Dezember 2019 verlängert, das Recht auf Akteneinsicht erweitert und die Möglichkeiten für eine Überprüfung von Beschäftigten im öffentlichen Dienst ausgeweitet. Zudem wurde ein Beschäftigungsverbot für ehemalige Stasi-Mitarbeiter in der Stasi-Unterlagen-Behörde beschlossen. Einen von SPD und Grünen vorgelegten Änderungsantrag (17/7199), der darauf abzielte, die vorgesehene "anlasslose Überprüfung von Mitarbeitern im öffentlichen Dienst " zurückzunehmen, lehnten CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Linksfraktion ab. Der Gesetzesänderung lag eine Empfehlung des Ausschuss für Kultur und Medien (17/7170) zugrunde.
Bundeswehreinsatz in Südsudan verlängert: In namentlicher Abstimmung hat der Bundestag am 29. September beschlossen, die Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der von den Vereinten Nationen geführten Friedensmission im neuen Staat Südsudan (UNMISS) längstens bis zum 15. November 2012 fortzusetzen. Dem Antrag der Bundesregierung (17/6987) stimmten auf Empfehlung des Auswärtigen Ausschusses (17/7213) 462 Abgeordnete zu, 58 dagegen, es gab eine Enthaltung. Im Ausschuss hatte lediglich die Linksfraktion dagegen votiert. Bis zu 50 Soldatinnen und Soldaten können eingesetzt werden. Nicht mehr vorgesehen ist, dass die Bundeswehr Aufgaben der Militärbeobachtung wahrnimmt.
Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse: Gegen das Votum von Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung von SPD und Linksfraktion hat der Bundestag am 29. September einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen (17/6260) in der vom Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung geänderten Fassung (17/7218) angenommen. Damit sollen die Verfahren zur Anerkennung und Bewertung von ausländischen Berufsqualifikationen ausgeweitet, vereinfacht und verbessert werden. Dort, wo der Bund zuständig ist, wird ein allgemeiner Anspruch auf eine individuelle Prüfung der Gleichwertigkeit von ausländischen mit inländischen Berufsqualifikationen geschaffen. Ausschlaggebend für den Zugang zu diesem Verfahren sind künftig nur Inhalt und Qualität der Qualifikationen, nicht aber Staatsangehörigkeit oder Herkunft. Zugleich nahm der Bundestag einen Antrag von CDU/CSU und FDP (17/3048) an, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, die Praxis der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in einem transparenten, zügigen und zuverlässigen Verfahren zu gestalten. Durch gemeinsame Standards soll eine weitestgehend einheitliche Bewertung stattfinden und ausländische Berufsabschlüsse in das deutsche System der Leistungsbemessung eingegliedert werden. Linke und Grüne votierten dagegen, die SPD enthielt sich. Keine Mehrheit fand ein Antrag der SPD (17/108), den nur die Grünen unterstützten, während Die Linke mit Union und FDP dagegen stimmte. Die SPD hatte die Regierung aufgefordert, einen einheitlichen Rechtsanspruch auf ein Anerkennungsverfahren zu schaffen, mit dem die Gleichwertigkeit ausländischer Aus- und Fortbildungsberufe bundesweit verbindlich festgestellt wird. Abgelehnt wurde auch ein Antrag der Linksfraktion (17/117), zu dem sich SPD und Grüne enthielten. Die Linke hatte darin die Regierung aufgefordert, die Feststellung, Bewertung und Bescheinigung der im Ausland erworbenen Bildungs- und Berufsqualifikationen für alle Eingewanderten zu gewährleisten. Abgewiesen wurde zudem ein Antrag der Grünen (17/123), zu dem sich SPD und Linksfraktion enthielten. Die Grünen drangen darin auf einen Rechtsanspruch, der darauf ausgerichtet ist, eine verbindliche und einheitliche Anerkennung für Zuwanderer und Deutsche zu schaffen, die einen Abschluss im Ausland erworben haben. Einen weiteren Antrag der Linksfraktion (17/6271) lehnten dagegen alle übrigen Fraktionen ab. Danach sollte die Regierung alle Qualifikationen erfassen und anerkennen, die Menschen in Deutschland im Ausland erworben haben. Schließlich lehnte der Bundestag einen Antrag der Grünen (17/6919) ab, dem bei Enthaltung der Linksfraktion nur noch die SPD zustimmte. Darin hatte die Fraktion verlangt, dass Antragsteller umfassend beraten und begleitet werden müssten und Anerkennungsverfahren zentral zu steuern seien.
Kampf gegen politischen Extremismus: Gegen das Votum der Opposition hat der Bundestag am 29. September einen Antrag von CDU/CSU und FDP (17/4432) angenommen, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, Programme zur Bekämpfung von politischem Extremismus weiterzuentwickeln und zu stärken. Damit wird der Regierungsansatz gestützt, der darauf abzielt, nicht nur den Kampf gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und damit verbundene Phänomene fortzusetzen, sondern auch Strategien und Programme zur Bekämpfung von Linksextremismus und religiösem Extremismus zu entwickeln. Gegen das Votum der Opposition lehnte die Koalitionsmehrheit einen Antrag der SPD (17/3867) ab, in dem zu einer „Demokratieoffensive gegen Menschenfeindlichkeit“ aufgerufen wurde. Die Regierung sollte zivilgesellschaftliche Arbeit gegen Rechtsextremismus nachhaltig unterstützen. Die Opposition votierte auch geschlossen für einen Antrag der Linksfraktion (17/3045), die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus zu verstärken und Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus auszubauen und zu verstetigen. Mit dem gleichen Abstimmungsverhalten lehnte der Bundestag einen weiteren Antrag der Linken mit dem Titel "Arbeit für Demokratie und Menschenrechte braucht Vertrauen – Keine Verdachtskultur in die Projekte gegen Rechtsextremismus tragen" (17/4664) ab. Schließlich lehnte die Koalition gegen das Oppositionsvotum auch den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel "Daueraufgabe Demokratiestärkung – Die Auseinandersetzung mit rassistischen, antisemitischen und menschenfeindlichen Haltungen gesamtgesellschaftlich angehen und die Förderprogramme des Bundes danach ausrichten" (17/2482). Der Bundestag folgte bei seinen Voten einer Empfehlung des Familienausschusses (17/5435).
Seenotrettung im Mittelmeer: Der Bundestag hat am 29. September auf Empfehlung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (17/7174) mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Linksfraktion einen Antrag zum Thema Seenotrettung im Mittelmeer (17/6467) abgelehnt. In ihrem Antrag hatten die Grünen die Bundesregierung aufgefordert, dafür einzutreten, dass die völkerrechtliche Pflicht zur Seenotrettung im Mittelmeerraum innerhalb der EU konsequent durchgesetzt, umfassend beachtet und eingehalten wird. Die Regierung sollte sich ferner dafür einsetzen, dass das völkergewohnheitsrechtliche Prinzip des Non-Refoulement auch auf Hoher See von allen EU-Mitgliedstaaten sowie im Rahmen von Frontex-Missionen (Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen) beachtet und sichergestellt wird. Das Non-Refoulement-Prinzip verbietet einem Staat, einen Flüchtling in ein Land zurückzuschicken, in dem sein Leben gefährdet sein könnte.
Entschließung zur Seveso-II-Richtlinie: Gegen das Votum der Opposition hat der Bundestag am 29. September eine Entschließung zum EU-Richtlinienvorschlag zur Beherrschung derGefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (sogenannte Seveso-II-Richtlinie, Ratsdokument 18257/10) mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen. Er folgte damit einer Empfehlung des Umweltausschusses (17/5891). Hauptziel der Seveso-II-Richtline ist es, schwere Unfälle mit großen Mengen gefährlicher Stoffe zu verhüten und die Folgen solcher Unfälle für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu begrenzen. Aufgrund von Änderungen am EU-System zur Einstufung gefährlicher Stoffe waren eine Aktualisierung und Präzisierung erforderlich. Der Bundestag forderte die Regierung in der Entschließung unter anderem dazu auf, sich in Brüssel dafür einzusetzen, dass der Vollzug der Richtlinie für Betreiber und Behörden im Vergleich zu den bisherigen Verfahren nicht verkompliziert wird.
Menschenrechte in Sri Lanka: Auf Empfehlung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (17/4699) hat der Bundestag am 29. September einen Antrag der Linksfraktion (17/2417) mit den Stimmen der von CDU/CSU und FDP gegen das Votum der Linken und Grünen bei Enthaltung der SPD abgelehnt. Die Abgeordneten hatten von der Bundesregierung gefordert, den internationalen Druck auf die Regierung Sri Lankas mit dem Ziel zu verstärken, dass die Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen, die von der Regierung, der Armee, den paramilitärischen Gruppen und Rebellen begangen wurden, von einer unabhängigen Kommission untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Die Bundesregierung sollte sich zudem für die strikte Einhaltung der Genfer Konventionen und für den Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern sowie Journalistinnen und Journalisten in Sri Lanka einsetzen.
Härtefallregelung im Bundesvertriebenengesetz: Der Bundestag hat auf Empfehlung des Innenausschusses (17/7178) am 29. September beschlossen, eine Härtefallregelung zur nachträglichen Einbeziehung von Ehegatten oder Abkömmlingen eines Spätaussiedlers zu schaffen. Voraussetzung soll künftig neben dem Vorliegen eines Härtefalles sein, dass der Spätaussiedler seinen ständigen Aufenthalt bereits im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat und der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Angehörige die sonstigen Aufnahmevoraussetzungen nach dem Bundesvertriebenenrecht erfüllt. Der Gesetzentwurf (17/5515) wurde mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen und Linksfraktion angenommen. Zwei Änderungsanträge von Bündnis 90/Die Grünen (17/7214, 17/7215)wurden abgelehnt.
Perspektiven für Jungen und Männer: Mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP gegen das Votum von SPD und Linksfrkation bei Enthaltung der Grünen hat der Bundestag am 29. September einen Antrag von CDU/CSU und FDP angenommen (17/5494), die Gleichstellungspolitik auf Jungen und Männer zu erweitern. Zuvor hatte der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die Annahme des Antrags empfohlen (17/7088). In dem Antrag wurde unter anderem konstatiert, dass viele junge Männer auf der Suche nach Perspektiven jenseits traditioneller Lebensentwürfe und stereotyper Lebensentwürfe seien. Der Antrag enthält 19 Forderungen an die Bundesregierung, darunter eine Erweiterung des Berufwahlspektrums, Förderungen von Väterprojekten sowie die Prüfung des Bundesgleichstellungsgesetzes, um die Funktion von Gleichstellungsbeauftragten auch für Männer zu öffnen.
Elektronischer Entgeltnachweis aufgehoben: Der Bundestag hat am 29. September auf Empfehlung des Wirtschaftsausschusses (17/7200) mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP gegen das Votum von SPD, Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Beherbergungsstatistikgesetzes und des Handelsstatistikgesetzes (17/6851) zugestimmt. Die Änderungen beziehen sich auf den Bereich der Statistik. Union und FDP hatten im Vorfeld einen Änderungsantrag eingebracht, der unter anderem vorsieht, Teile des Elena-Verfahrensgesetzes aus dem Jahr 2009 aufzuheben. Dabei handelt es sich um das Gesetz über das Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises (Elena), mit dem die Arbeitgeber verpflichtet wurden, seit 2010 die Entgeltdaten ihrer Beschäftigten an eine Zentrale Speicherstelle zu übermitteln. Die Gesetzesänderung besagt, dass das Elena-Verfahren eingestellt wird und die Arbeitgeber von den Meldepflichten entlastet werden.
Befristete Arbeitsverträge: Keine Mehrheit haben Initiativen der Opposition am 29. September im Bundestag gefunden, die sich gegen die Zunahme befristeter Arbeitsverhältnisse wenden. Einen Antrag der SPD mit dem Titel "Langfristige Perspektive statt sachgrundloser Befristung" (17/1769) stimmten lediglich SPD und Die Linke zu. Die Koalition lehnte ihn ab, Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich. Der Antrag der Linksfraktion, die Befristung von Arbeitsverhältnissen einzudämmen (17/1968), wurde mit Koalitionsmehrheit bei Enthaltung von SPD und Grünen zurückgewiesen. Dem Antrag der Grünen mit dem Titel "Kein Sachgrund, keine Befristung – Befristete Arbeitsverträge begrenzen" stimmten lediglich die Grünen selbst und Die Linke zu. Die Koalition lehnte ab, die SPD enthielt sich. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hatte zu allen drei Anträgen eine Beschlussempfehlung vorgelegt (17/4180).
Grenzbrücke nach Luxemburg: Einstimmig hat der Bundestag am 29. September einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Abkommen vom 21. Oktober 2010 mit Luxemburg über die Erneuerung und Erhaltung der Grenzbrücke über die Mosel zwischen Wellen und Grevenmacher (17/6615) zugestimmt. Er folgte damit einer Empfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (17/7092). Die bestehende Brücke soll wegen nur beschränkter Tragfähigkeit und erheblicher Baumängel durch eine neue Brücke ersetzt werden.
Agrarstatistikgesetz geändert: Vorgaben der EU zur Statistik der pflanzlichen Erzeugung, der Aquakulturstatistik, der Weinstatistik und zu Statistiken der ökologischen und biologischen Produktion hat der Bundestag am 29. September in deutsches Recht umgesetzt. Einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Agrarstatistikgesetzes (17/6642) nahm er in der vom Landwirtschaftsausschuss geänderten Fassung (17/7192) einstimmig an. Mit den Änderungen sollen die Auskunftspflichtigen nach Angaben der Regierung so weit wie möglich entlastet werden.
Seesicherheits-Untersuchungs-Gesetz geändert: Einstimmig hat der Bundestag am 29. September das Seesicherheits-Untersuchungs-Gesetz an EU-Vorgaben angepasst, indem er einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Gesetzes (17/6334) in der vom Verkehrsausschuss geänderten Fassung (17/7193) annahm. In deutsches Recht umgesetzt wurden die Grundsätze für die Untersuchung von Unfällen im Seeverkehr. Weitere Änderungen betreffen die Verkehrskontrolle bei der Führung von Wasserfahrzeugen, die Kontrolle der Verkehrstüchtigkeit und die daraus resultierenden Konsequenzen. Ziel ist es, Alkoholmissbrauch hinter dem Steuerrad zu verhindern.
Streitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht: Der Bundestag hat am 29. September einstimmig empfohlen, in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. Oktober 2011 vor dem Bundesverfassungsgericht im Verfahren der konkreten Normenkontrolle (2 BvL 4/10) eine Stellungnahme abzugeben und den Bundestagspräsidenten zu bitten, einen Prozessbevollmächtigten zu stellen. In dem Verfahren hat das Verwaltungsgericht Gießen den Karlsruher Richtern die Frage zur Prüfung vorgelegt, ob die Besoldung der Professoren nach den Grundgehaltssätzen der Bundesbesoldungsordnung mit dem Alimentationsgrundsatz nach Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes vereinbar ist. Der Bundestag hatte am 8. Juli beschlossen, von einer Äußerung oder einem Verfahrensbeitritt abzusehen (17/6453). Am 13. Juli hatte das Verfassungsgericht den Bundestag aber zur mündlichen Verhandlung am 11. Oktober geladen. Erörtert werden sollen "gesetzgeberische Pflichten bei der Besoldungshöhe, Regelungszuständigkeiten, Bestimmungsfaktoren und Vergleichsgruppen". Der Bundestag folgte bei seinem Beschluss einer Empfehlung des Rechtsausschusses (17/7035).
Deponieverordnung geändert: Gegen die Stimmen der Linksfraktion und von Bündnis 90/Die Grünen hat der Bundestag am 29. September einer Verordnung der Bundesregierung zur Änderung der Deponieverordnung (17/6641) zugestimmt. Er folgte dabei einer Empfehlung des Umweltausschusses (17/7066). Mit der Änderung werden Vorgaben der EU umgesetzt. Unter anderem wird eine Gleichwertigkeitsklausel für Erzeugnisse für Deponieabdichtungssysteme aus anderen EU-Mitgliedstaaten aufgenommen.
Beschlüsse zu Petitionen: Ohne Aussprache hat der Bundestag am 29. September Beschlüsse zu einer Reihe von Petitionen gefasst. Im Einzelnen wurden die Empfehlungen des Petitionsausschusses zu den Sammelübersichten 309 bis 317 übernommen (17/7036, 17/7037, 17/7038, 17/7039, 17/7040, 17/7041, 17/7042, 17/7043, 17/7044). (vom/ah/eis)