Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Textarchiv > 2011 > Kündigungsschutz
Das Thema Kündigungsschutz steht am Donnerstag, 27. Oktober 2011, ab 19.05 Uhr auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums. Abschließend beraten wird ein Gesetzentwurf der SPD zur Erweiterung des Kündigungsschutzes bei unter 25-Jährigen (17/775). Demnach sollen Beschäftigungszeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahres eines Arbeitnehmers angefallen sind, bei der Berechnung der Kündigungsfrist berücksichtigt werden. Als Grund für den Gesetzentwurf nennt die SPD eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), der am 19. Januar 2011 im Fall der Essener Angestellten Seda Kücükdeveci auf Vorlage des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf entschieden hatte, „dass die bisherige deutsche Regelung (...) nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist". Die Schlechterstellung sei nicht vereinbar mit dem allgemeinen unionsrechtlichen Verbot der Diskriminierung wegen Alters, schreibt die SPD über die Argumentation des Gerichts.
In der Begründung des Gesetzentwurfs schildert die SPD den Fall der Klägerin, die im Alter von 18 Jahren in einen Betrieb eingetreten war und zehn Jahre später entlassen wurde. Für die Bemessung der Kündigungsfrist sei nur die Betriebszugehörigkeit der drei nach Vollendung des 25. Lebensjahres zurückliegenden Jahre anerkannt worden, heißt es. Die Kündigungsfrist habe daher nur einen Monat betragen. "Bei voller Anrechnung der zehnjährigen Betriebszugehörigkeit hätte die Kündigungsfrist vier Monate betragen müssen", schreibt die Fraktion.
Der EuGH habe weiterhin entschieden, dass die Norm durch die nationalen Gerichte ab sofort nicht mehr angewendet werden dürfe, heißt es in dem Entwurf. "Deshalb ist der Gesetzgeber gefordert, unverzüglich eine klare Regelung zu treffen, damit Arbeitgeber oder Arbeitnehmer vor Ausspruch von Kündigungen die richtige Dauer der gesetzlichen Kündigungsfrist berechnen können", schreibt die SPD-Fraktion.
Ebenfalls zur abschließenden Abstimmung steht ein Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen (17/657) zur diskriminierungsfreien Ausgestaltung der Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen. Die Fraktion will erreichen, dass Beschäftigungszeiten von Arbeitnehmern, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres liegen, grundsätzlich bei der Berechnung von Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen berücksichtigt werden.
Eine gegenteilige Bestimmung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) soll nach dem Willen der Grünen gestrichen werden. Die Abgeordneten beziehen sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Januar 2010. Danach dürfe Paragraf 622 Absatz 2 Satz 2 BGB nicht mehr angewendet werden, weil er das europarechtliche Verbot der Altersdiskriminierung missachtet, heißt es in der Begründung zu dem Gesetzentwurf. Die Fraktion schreibt weiter, die nationalen Gerichte seien unionsrechtlich verpflichtet, die betreffende BGB-Norm nicht weiter anzuwenden. Deutschland sei verpflichtet, diese aufzuheben.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat dem Bundestag am Mittwoch, 26. Oktober, empfohlen, beide Oppositionsinitiativen abzulehnen (17/7489). (che)