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Zur Gerichtssprache Englisch in internationalen Wirtschaftsstreitsachen nahmen Experten Stellung. © pa/chromorange
Die Mehrheit der Sachverständigen ist der gleichen Meinung wie der Bundesrat, der mit einem Gesetzentwurf (17/2163) bei deutschen Landgerichten Kammern für internationale Handelssachen einrichten will, vor denen in englischer Sprache verhandelt werden kann. Das zeigte sich am Mittwoch, 9. November 2011, in einer Anhörung des Rechtsausschusses unter Vorsitz von Siegfried Kauder (CDU/CSU). Der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) begrüßte die Initiative. Seine Vertreterin Dr. Julia Hoecht sagte, der BDI nehme positiv auf, dass englischsprachige Verfahren vielleicht künftig möglich werden. Die Einrichtung von Kammern für internationale Handelssachen könnte die Attraktivität des Justizstandstandorts Deutschland steigern und es ausländischen Vertragspartnern erschweren, Sprachprobleme als Argument gegen den deutschen Gerichtsstandort anzuführen.
Prof. Dr. Hanns Prütting, Direktor des Instituts für Verfahrensrecht der Universität in Köln, beurteilte den vorliegenden Entwurf ebenfalls positiv: Als ein für die allgemeine Rechtsentwicklung durch deutsche Gerichte ausgesendetes „wichtiges Signal“ gegen die absolute Dominanz von Schiedsgerichten in internationalen Wirtschaftsstreitigkeiten sei der vorliegende Entwurf nachdrücklich zu begrüßen.
Das Gesetz sollte umgehend verabschiedet und den interessierten Bundesländern die Chance zur Einrichtung von Kammern für internationale Handelssachen gegeben werden, vor denen auch auf Englisch prozessiert werden kann. Dieser Meinung war Prof. Dr. Hanns-Christian Salger, Rechtsanwalt aus Frankfurt.
Johannes Riedel, Präsident des Oberlandesgerichts Köln, sagte, die Grundtendenz des Entwurfs sei uneingeschränkt zu begrüßen. Brigitte Kamphausen, Vorsitzende Richterin am Landgericht Duisburg, plädierte ebenfalls dafür, Englisch an Kammern für internationale Handelssachen zuzulassen.
Martin IIImer vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht aus Hamburg sagte, der Entwurf verfolge ein berechtigtes Anliegen und sei daher in seiner jetzigen Form an sich zu begrüßen. Er greife jedoch vom Grundansatz her zu kurz: Englisch sei als Verfahrenssprache auch in schiedsgerichtsbarkeitsbezogenen Annex- und Kontrollverfahren nach der Zivilprozessordnung zuzulassen.
Englisch als Gerichtssprache bringe einer englischsprachigen Partei in einem Zivilprozess vor einem deutschen Gericht keinen nennenswerten Vorteil. Dieser Ansicht war Wolfgang Ball, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof. Die Gerichtssprache Englisch sei nur dann sinnvoll, wenn sie über den gesamten Instanzenweg gewährleistet wäre. Daran fehle es jedenfalls für die dritte und letzte Instanz.
Der ehemalige Lehrstuhlinhaber für deutsches, europäisches und internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung an der Berliner Humboldt-Universität, Prof. Dr. Axel Flessner, stellte den Gesetzentwurf massiv in Frage. Unter anderem warf er die These auf, wenn das Grundgesetz auf Deutsch sei, wäre es befremdlich, wenn eine Gerichtsverhandlung auf Englisch abgehalten würde. (bob)