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Bundesregierung und FDP-Fraktion haben sich in der Debatte über den Etat 2012 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie am Donnerstag, 24. November 2011, strikt gegen die Einführung sogenannter Eurobonds zur gemeinsamen Schuldenaufnahme der Euroländer ausgesprochen. Nachdem Rot-Grün den Stabilitätspakt in Europa aufgeweicht habe, müsse es einen neuen „Stabilitätsakt II zur Stabilisierung unserer gemeinsamen Währung“ geben, verlangte Wirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler (FDP). Eine Transferunion dürfe es nicht geben, weil der deutsche Steuerzahler nicht für die Schulden anderer Länder aufkommen solle.
Eurobonds würden dramatisch steigende Zinsen nach sich ziehen und das Wachstum schwächen. „Die Menschen können auf diese Regierungskoalition zählen. Wir werden alles drei verhindern: Transferunion, Eurobonds und Jürgen Trittin als Bundesfinanzminister“, sagte Rösler, der den Bundestag aufrief, sich geschlossen gegen den Eurobonds-Vorschlag von EU-Kommissionspräsident Barroso zu stellen.
Auch FlorianToncar (FDP) unterstützte diese Position: „Sie können Schulden nicht mit noch mehr Schulden bekämpfen“, warnte er.
Eurobonds seien ein Verstoß gegen alle ökonomischen Gesetze und kein tauglicher Versuch zur Lösung der Krise.
Rösler verwies darauf, dass sich die Finanzmärkte verselbstständigt hätten. „Genau das müssen wir gemeinsam stoppen.“ Eine Finanztransaktionssteuer sei ihm zu wenig: „Das ist nur Abkassieren, nicht Regulieren. Wir brauchen etwas mehr, wenn wir die Finanzmärkte weltweit in den Griff bekommen wollen.“ So würden Staatsanleihen nicht auf das Eigenkapital der Banken angerechnet. „Damit werden Anreize gesetzt, unsolide Staatsanleihen zu kaufen.“ Für die Banken müsse es jedoch wieder attraktiver werden, an den Mittelstand Kredite auszureichen statt unsolide Staatsanleihen zu kaufen, verlangte der Minister.
„Deutschland bleibt Wachstumslokomotive in Europa“, stellte Rösler zur Wirtschaftsentwicklung fest und verwies auf die Wachstumsraten der vergangenen zwei Jahre. Auch im schwieriger werdenden Jahr 2012 werde es Wachstum geben. Rösler lehnte es ab, sich für Handelsbilanzüberschüsse zu entschuldigen. Diese Überschüsse seien Ausdruck der Stärke der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft. Die müsse durch Fachkräftesicherung, kluge Energiepolitik und Stabilisierung der Währung gestärkt werden.
Klaus Brandner (SPD-Fraktion) sagte, Röslers Etat werde maßgeblich vom Auslaufen der Kohleförderung geprägt. Das sei eine „äußerst komfortable Situation“. Damit sehr der Wirtschaftsetat immer so aus, als wäre er beim Sparen immer vorne dabei, obwohl das in Wirklichkeit anders sei. Brandner sagte, im Etat werde überall „ein bisschen“ geändert, ohne dass nachhaltige Maßnahmen begonnen würden.
Er nannte vier Bereiche, wo zusätzliche Mittel sinnvoll eingesetzt werden könnten: Die Erwerbstätigkeitsquote der Frauen sei zu niedrig und sollte erhöht werden. Die Potenziale älterer Arbeitnehmer könnten durch Förderung des lebenslangen Lernens besser genutzt werden. Jugendliche müssten besser auf die Ausbildung vorbereitet werden, und den Langzeitarbeitslosen dürften die Mittel nicht gekürzt werden. „Hier darf es ruhig ein bisschen mehr sein“, forderte Brandner.
Dr. Michael Luther (CDU/CSU) sagte, wenn man nach Problemen im wirtschaftlichen Bereich frage, würden Fachkräftemangel und Schwierigkeiten, einen Handwerker zu bekommen, genannt. „Das sind Probleme, um die beneiden uns unsere europäischen Nachbarn. Die Lage ist gut, allerdings sie ist offensichtlich schlecht für die Opposition“, sagte Luther. Man müsse die Weichen für die Zukunft stellen und dürfe sich nicht auf den Erfolgen ausruhen, warnte der CDU-Politiker.
Luther verwies auf die Technologieförderung. Die Koalition habe 50 Millionen Euro zusätzlich für Luft- und Raumfahrt bereitgestellt. Der Opposition, die diese Erhöhung ablehne, warf er vor: „Sie haben nicht verstanden, was es heißt, morgen noch Spitze in der Welt zu sein.“ Weitere wichtige Aspekt des Haushalts seien die Förderung des Mittelstandes und der erneuerbaren Energien nach dem Atomausstieg, erläuterte Luther.
„Die realen Ergebnisse Ihrer Wirtschaftspolitik sind ein inzwischen fest etablierter Niedriglohnsektor“, kritisierte Roland Claus (Fraktion Die Linke). Im Osten Deutschlands sei der Anteil an Leiharbeit und Niedriglohn doppelt so hoch. „insbesondere junge Menschen werden beim Eintritt in ihr Berufsleben dadurch verunsichert, dass sie in aller Regel nur Zeitverträge haben.“
Sie seien nicht wirklich in der Lage, eine Lebensplanung vorzunehmen und seien gerade mit Kindern einem Armutsrisiko ausgesetzt. Über die Hälfte der neu geschaffenen Arbeitsplätze seien keine Vollzeitstellen. „Das ist ein Skandal“, sagte Claus, der allerdings auch darauf hinwies, dass mit dem nach Abzug der Subventionen nur kleinen Wirtschaftsetat keine wirkliche Industriepolitik gemacht werden könne.
Tobias Lindner (Bündnis 90/Die Grünen) warf Rösler vor, er habe versprochen zu liefern, aber die Menschen würden bis heute darauf warten. Wäre die FDP ein Pizzadienst, befände sie sich in geordneter Insolvenz. Die Ankündigung von Steuersenkungen auf Pump sei ein „Rettungsschirm für die FDP“.
Steuersenkungen seien aber in einer Zeit der Konjunkturabflachung das falsche Signal. Auch die Energiewende sei finanziell unzureichend ausgestattet, beklagte Lindner, der der Koalition vorwarf, zu wenig Geld für Netzausbau und Speichertechnologien einzusetzen.
Der vom Bundestag beschlossene Etat des Wirtschaftsministeriums für 2012 (17/6600, 17/6602, 17/7109, 17/7123, 17/7124, 17/7125) bleibt gegenüber dem Entwurf (rund 6,12 Milliarden Euro) für das laufende Jahr mit Ausgaben von rund 6,11 Milliarden Euro beinahe unverändert. Auf Antrag der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP waren die Zuschüsse für den Absatz deutscher Steinkohle zur Verstromung, zum Absatz an die Stahlindustrie sowie zum Ausgleich von Belastungen infolge von Kapazitätsanpassungen um 112 Millionen auf 1,2 Milliarden Euro zurückgenommen worde.
Ebenfalls auf Antrag der Koalitionsfraktionen hatte der Haushaltsausschuss den Titel „Fachkräftesicherung für keine und mittlere Unternehmen“ um vier auf 14,5 Millionen Euro abgehoben. Die Verpflichtungsermächtigung wurde um zwei auf rund 20,89 Millionen Euro angehoben. Auch im Bereich der Bundesnetzagentur wurden mehrere Erhöhungen vorgenommen, um bei der Umsetzung der Energiewende anfallenden Mehraufwand abzudecken. Einen Änderungsantrag der Linksfraktion (17/7829) lehnte der Bundestag ab. (hle)