Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > Januar 2011 > Wehrbeauftragter: Defizite bei der Vereinbarkeit von Dienst und Familie
Berlin: (hib/AW/MIK) Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages Hellmut Königshaus bemängelt Defizite bei der Vereinbarkeit von Dienst und Familie in der Bundeswehr. In seinem Jahresbericht 2010 (17/4400), den er am Mittwoch Bundestagspräsident Norbert Lammert übergab, betont er, dass diese Thematik fast alle anderen Probleme der Streitkräfte durchgehend als übergeordnete Fragestellung begleite. Die Situation in den Auslandseinsätzen hinsichtlich Ausrüstung und Ausbildung sowie die andauernden personellen Probleme im Sanitätswesen stellen die zwei weiteren Schwerpunktthemen seines Berichts dar.
Die derzeit diskutierten Vorkommnisse auf der ”Gorch Fock“, dem Segelschulschiff der Marine, und die Beschwerden deutscher Soldaten im Isaf-Einsatz wegen geöffneter Briefe in die Heimat sind im Jahresbericht 2010 nicht thematisiert, da die entsprechenden Eingaben nach Angaben von Königshaus erst nach dem Jahreswechsel 2010/2011 bei ihm eingegangen seien. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 4.976 Eingaben beim Wehrbeauftragten gemacht. Das ist der niedrigste Stand seit dem Jahr 2001. Damals waren es 4.891 gewesen. Königshaus weist in seinem Bericht darauf hin, dass die Zahl der Eingaben seit September 2009 zurückgegangen sei, seit dem dritten Quartal 2010 aber wieder ansteige.
Königshaus mahnt in seinem Bericht an, dass die Attraktivität des Arbeitsgebers Bundeswehr entscheidend dafür sei, dass zukünftig genügend geeignete Bewerberinnen und Bewerber für den Dienst in den Streitkräften gewonnen werden können. Und die Vereinbarkeit von Familie und Dienst sei ”einer der zentralen Attraktivitätsfaktoren“. Doch die Umsetzung der vor mehr als vier Jahren erlassenen Konzeption ”Vereinbarkeit von Familie und Dienst“ des Bundesverteidigungsministeriums falle ”eher bescheiden“ aus. So sei bei der Kinderbetreuung ”bisher kein Durchbruch zu erkennen“, die meisten Betreuungsplätze seien auf private Initiative geschaffen worden. Zudem werde das Familienleben vieler Soldatinnen und Soldaten besonders stark durch das Pendeln zwischen Wohnort und Dienstort und sonstige dienstlich begründete Abwesenheiten belastet.
Mängel benennt der Wehrbeauftragte in seinem Bericht bei der Ausrüstung der in Afghanistan eingesetzten Soldaten und bei der einsatzvorbereitenden Ausbildung. Dort sei die Bundeswehr im vergangenen Jahr mehr denn je durch Sprengfallen und Selbstmordattentate attackiert und ”nahezu täglich in Feuergefechte verwickelt“ worden. Vor dem Hintergrund, dass im vergangenen Jahr sechs Soldaten bei Anschlägen und Gefechten getötet und 64 verwundet worden sind, stehe ”es außer Frage, dass Ausbildung und Ausrüstung der Soldatinnen und Soldaten höchste Priorität haben müsse“. Doch trotz der ”unverkennbaren Anstrengungen“ des Verteidigungsministeriums seien viele Probleme immer noch ”nicht hinreichend gelöst“. Ein generelles Problem liegt nach Angaben des Wehrbeauftragten ”in der Schwerfälligkeit der Beschaffungsverfahren“. So stünden beispielsweise noch immer nicht genügen Fahrzeuge von den Typen ”Yak“, ”Fuchs“, ”Eagle IV“ und ”Dingo“ an allen Standorten in Deutschland zur Verfügung, um Kraftfahrer für den Einsatz realistisch auszubilden.
Das Leistungsniveau des Sanitätsdienstes der Bundeswehr in den Auslandseinsätzen sei zwar ”international anerkannt“ und gelte als ”vorbildlich“, Sorge bereitet dem Wehrbeauftragten aber die Situation im Inland. Obwohl die negative Personalentwicklung durch Einrichtung zusätzlicher Dienstposten und Neueinstellungen habe gestoppt werden können, seien im Jahresdurchschnitt immer noch rund 13 Prozent aller Dienstposten im Sanitätsdienst nicht besetzt. Bei den Truppenärzten betrage die sogenannte Tagesantrittsstärke durchschnittlich sogar nur knapp 40 Prozent. Die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung habe deshalb nur noch durch die Inanspruchnahme von zivilen Ärzten sicher gestellt werden können.
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