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Vorabmeldung zu einem Interview in der nächsten Ausgabe der Wochenzeitung
„Das Parlament“ (Erscheinungstag: 14.. Februar 2011)
– bei Nennung der Quelle frei zur sofortigen Veröffentlichung –
Bundesfrauenministerin Kristina Schröder (CDU) ist zuversichtlich, mit ihrem Konzept einer „flexiblen Frauenquote“ im März bei einem Treffen mit den Spitzen großer deutscher Unternehmen „offene Türen einzurennen“. „Welches Unternehmen will denn heute ernsthaft auf die Hälfte seines Potenzials verzichten?“, fragte Schröder in einem Interview mit der Wochenzeitung „Das Parlament“. Nach Schröders Stufenplan sollen die Unternehmen zwei Jahre Zeit erhalten, um den Frauenanteil in ihren Vorständen auf zehn Prozent und in den Aufsichtsräten auf 30 Prozent zu verdreifachen. Gelingt das nicht, soll eine „flexible Quote“ als „Verpflichtung zur Selbstverpflichtung“ gesetzlich eingeführt werden.
Der Stufenplan, der bis Sommer als Gesetzentwurf dem Bundeskabinett vorliegen soll, sei „ weder politische Gleichstellungs-Lyrik noch ein PR-Gag für die Wirtschaft, sondern er soll Frauen die Chance geben, tatsächlich aus eigener Kraft in die Unternehmensspitze aufzusteigen“, so Schröder: „Ich möchte Chancengleichheit für Frauen, keine künstliche Ergebnisgleichheit.“
Schröder sagte in dem Gespräch, aus Studien wisse man, „dass Frauen im Schnitt bessere Fähigkeiten in der Personalführung haben, oftmals konstruktiver bei der Bewältigung von Problemen sind und die Gesamtsituation des Unternehmens besser im Blick haben als Männer.“ Frauen seinen „natürlich nicht die besseren Männer – aber definitiv nicht die schlechteren Manager“.
Es gebe immer noch „viel zu wenige Frauen in Führungspositionen, da hat die (freiwillige) Vereinbarung von 2001 zu wenig gebracht“. „Aber eine starre staatliche Einheitsquote, die alle Unternehmen über einen Kamm schert, ist nicht das richtige Instrument“, sagte Schröder und wandte sich so indirekt gegen Pläne von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU).
Für Frauen sei es nach wie vor „sehr schwierig, in die Chefetagen vorzudringen“. Schröder: „Viele Frauen wollen Familie und Beruf unter einen Hut bringen und haben dadurch eine Doppelbelastung, die sich viele männliche Kollegen nicht antun müssen, weil sie familiäre Verpflichtungen an ihre Frauen ausgelagert haben.“ Man müsse deshalb an den „Ursachen ansetzen, nicht nur an den Symptomen rumdoktern“. Schröder: „Was wir brauchen, ist ein Wandel in der Unternehmenskultur – weg von den Präsenzritualen und der Missachtung von Teilzeit-Jobs.“
Das Interview im Wortlaut:
Sie wollen mit ihrem Stufenplan größeren Firmen zwei Jahre Zeit geben, um den Frauenanteil in Vorständen und Aufsichtsräten zu steigern. Andernfalls soll es flexible Quoten per Gesetz geben. Läuft nicht doch alles auf Quoten hinaus, die Wirtschaft hat ja auch ihre 2001 gemachte „freiwillige Vereinbarung“ für mehr Frauenchancen nicht erfüllt?
Tatsächlich sind immer noch viel zu wenige Frauen in Führungspositionen, da hat die Vereinbarung von 2001 zu wenig gebracht. Aber eine starre staatliche Einheitsquote, die alle Unternehmen über einen Kamm schert, ist nicht das richtige Instrument. Denn erstens wird eine solche Quote der unterschiedlichen Personal- und Arbeitssituation in den einzelnen Unternehmen nicht gerecht. Zweitens ist sie verfassungsrechtlich bedenklich. Und drittens halte ich sie auch aus ordnungspolitischer Sicht für falsch. Nicht umsonst schrieb uns 1993 die Gemeinsame Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat ins Stammbuch: ,Es bestand Einigkeit, dass diese Bestimmung eine Frauenförderung in Gestalt sog. starrer Quoten nicht gestattet.´ Ich habe deshalb eine flexible Quote vorgeschlagen, die es uns ermöglicht, den Anteil an Frauen in Führungspositionen zu erhöhen, ohne die Unternehmen zu bevormunden. Wenn diese Pflicht zur Selbstverpflichtung kommt und alle Unternehmen ihre selbst gesetzte Quote veröffentlichen müssen, dann herrscht Transparenz: Welche Unternehmen lassen Frauen an die Spitze, welche nicht? Das befeuert den Wettbewerb um die besten weiblichen Fach- und Führungskräfte und setzt die Konzernchefs auch öffentlich unter Druck.
Aber kommt es nicht erst einmal darauf an, wie groß der Frauenanteil in einem Unternehmen insgesamt ist, um daraus auch Ansprüche für Spitzenjobs anzumelden?
Richtig ist, dass man kaum eine Quote für Frauen in Vorständen fordern kann, wenn diese Frauen in zweiter Führungsebene gar nicht vorhanden sind. Aber richtig ist eben auch, dass es bislang für Frauen – egal wie stark sie in einem Unternehmen vertreten sind – sehr schwierig ist, in die Chefetagen vorzudringen. Viele Frauen wollen Familie und Beruf unter einen Hut bringen und haben dadurch eine Doppelbelastung, die sich viele männliche Kollegen nicht antun müssen, weil sie familiäre Verpflichtungen an ihre Frauen ausgelagert haben. Wir müssen deshalb an den Ursachen ansetzen, nicht nur an den Symptomen rumdoktern. Was wir brauchen, ist ein Wandel in der Unternehmenskultur – weg von den Präsenzritualen und der Missachtung von Teilzeit-Jobs. Nur wenn wir diese Benachteiligung dauerhaft beseitigen, haben Frauen gleiche Chancen im Wettbewerb um Spitzenpositionen.
Laut Personalberatern suchen große Firmen unter anderem aus Demografiegründen, aber auch wegen der öffentlichen Debatte, bereits nach Frauen für Führungsposten. Könnte sich so nicht die ganze Debatte auf natürliche Weise erledigen?
Das wäre das Beste. Und es beweist, dass eine Pflicht zur Selbstverpflichtung, wie ich sie will, auch tatsächlich funktioniert. Genau aus diesem Grund habe ich vorgeschlagen, eine flexible Quote einzuführen, sofern sich der Anteil von Frauen in Führungspositionen in Aufsichtsräten und Vorständen bis 2013 nicht deutlich erhöht. Die Wirtschaft bekommt also eine Chance, das Versäumte aufzuholen – sie muss sich dann aber auch bewegen!
Zuerst ist ja Arbeitsministerin Ursula von der Leyen vorgeprescht und hat eine Frauenquote gefordert. Warum hat sich die Frauenministerin hier nicht zuerst zu Wort gemeldet?
Das Bundesfamilienministerium erarbeitet schon seit vielen Monaten einen Stufenplan zur Förderung von Frauen in Führungspositionen – so wie der Koalitionsvertrag das auch vorsieht. Das habe ich ja auch schon vor Monaten angekündigt. Wir sind also längst dabei, sehr konkrete Schritte zu tun und haben uns dafür rechtliche Expertise eingeholt. Ich möchte keine Schnellschüsse, sondern wir brauchen hier saubere Arbeit. Schließlich ist der Stufenplan weder politische Gleichstellungs-Lyrik noch ein PR-Gag für die Wirtschaft, sondern er soll Frauen die Chance geben, tatsächlich aus eigener Kraft in die Unternehmensspitze aufzusteigen. Das ist vielleicht auch der zentrale Unterschied: Ich möchte Chancengleichheit für Frauen, keine künstliche Ergebnisgleichheit.
Sie waren früher Quoten-Gegnerin. Weshalb sind Sie umgeschwenkt?
Offensichtlich bin ich nach wie vor Quoten-Gegnerin. Nämlich Gegnerin einer staatlichen Einheitsquote. Mein Konzept setzt auf Transparenz, Wettbewerb und öffentlichen Druck – ist also marktwirtschaftlich motiviert. Ich bin also keineswegs umgeschwenkt, sondern habe eine Lösung präsentiert, die realistisch und praktikabel ist. Es ist ein deutlicher Unterschied, ob die Politik Unternehmen vorschreiben will, wie viele Männer und Frauen diese in ihren Vorständen haben dürfen – oder ob die Politik die Unternehmen verpflichtet, sich selbst völlig frei eine Benchmark festzulegen.
Im März laden Sie die großen Unternehmen ein, um über Frauenchancen zu diskutieren. Was werden Sie den Herren sagen?
Ich werde ihnen die Vorteile meines Konzepts verdeutlichen – und bin mir nach dem ersten Stimmungsbild aus der Wirtschaft auch sicher, dass ich offene Türen einrenne. Welches Unternehmen will denn heute ernsthaft auf die Hälfte seines Potenzials verzichten? Aus Studien wissen wir, dass Frauen im Schnitt bessere Fähigkeiten in der Personalführung haben, oftmals konstruktiver bei der Bewältigung von Problemen sind und die Gesamtsituation des Unternehmens besser im Blick haben als Männer. Frauen sind natürlich nicht die besseren Männer – aber definitiv nicht die schlechteren Manager!
Sehen Sie gar keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen? Gibt es nicht bei Frauen mehr Abneigung gegen sehr risikoreiche, extrem stressige und zeitintensive Tätigkeiten?
Ich bitte Sie! Können Sie mir eine Studie oder eine Umfrage zeigen, die belegt, dass Frauen eine Abneigung gegen stressige und zeitintensive Tätigkeiten haben? Jetzt bin ich mal ketzerisch: Wen dem so wäre, würden sich nicht so viele Frauen zu Hause um die Kinder kümmern. Denn das ist kaum weniger stressig oder zeitintensiv. Das heißt nicht, dass ich keine Unterschiede zwischen Frauen und Männern sehe – genau deshalb wurde ich ja von einigen Feministinnen harsch kritisiert. Aber kein Unterschied ändert doch etwas daran, dass wir Chancengleichheit brauchen, oder?
Allerdings sperrt sich der Koalitionspartner FDP gegen jede Quotenregelung...
Die FDP lehnt mit guten Gründen eine starre Einheitsquote ab, Aber natürlich sieht man auch in der FDP, dass sich etwas ändern muss. Ich bin mir deshalb sicher, dass wir eine gute gemeinsame Lösung finden. Zu dem Gespräch mit den Personalvorständen und Abteilungsdirektoren der DAX-30-Unternehmen im März lade ich ja gemeinsam mit der Bundesarbeitsministerin, der Bundesjustizministerin und dem Bundeswirtschaftsminister ein. Dann werden wir mit der Wirtschaft nach einem tragfähigen und praxistauglichen Weg suchen, um den Anteil von Frauen in Führungspositionen nachhaltig zu erhöhen.
Alle reden jetzt über Frauenquoten für Spitzenpositionen in der Wirtschaft. An deutschen Grundschulen etwa aber findet man Männer nur mit der Lupe. Müsste man nicht auch da über Quoten nachdenken, diesmal für Männer?
Stimmt, es gibt bestimmte Berufe, da muss man Männer mit der Lupe suchen. Deshalb habe ich in den Bereichen, für die ich zuständig bin, Förderprogramme gestartet. Mit dem Projekt „Mehr Männer in Kitas“ zum Beispiel wollen wir erreichen, dass sich Männer stärker für den Erzieherberuf interessieren. Gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium will ich dafür sorgen, dass mehr Männer mit der Ausbildung zum Altenpfleger beginnen. Und um schon den Jungs klarzumachen, dass es jenseits der klassischen Männerberufe attraktive und zukunftsfähige Tätigkeiten gibt, veranstalten wir im April zum ersten mal überhaupt den „Boy's Day“. Starre Quoten führen aber auch hier nicht zum Ziel.
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