Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Textarchiv > 2010 > Banken-Restrukturierungsgesetz
Um zukünftig "systemische Risiken" für Banken wirksam zu begrenzen, hat die Bundesregierung den Entwurf für ein Banken-Restrukturierungsgesetz (17/3024) vorgelegt. Der Bundestag wird sich am Freitag, 1. Oktober 2010, ab 12.20 Uhr eine Stunde lang in erster Lesung mit der Vorlage auseinandersetzen. Fast auf den Tag genau vor zwei Jahren meldete in den USA die Investmentbank Lehman Brothers Konkurs an, mit dramatischen Folgen für das Finanzsystem weltweit. Auch Deutschland blieb von der Krise nicht verschont. Dem Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE), einer als "systemrelevant" eingestuften Bank, drohte das Aus, was mit weitreichenden Folgen für das Kreditwesen auch hierzulande verbunden gewesen wäre.
In einer dramatischen Rettungsaktion, dem sogenannten Bankenrettungswochenende, gelang es Finanzindustrie und Politik die HRE-Pleite abzuwenden. Doch diese Rettung hat ihren Preis: Seit dem Frühjahr 2009 bürgt der Bund mit 102 Milliarden Euro für die Schulden der Bank. Erst Anfang September 2010 mussten dem inzwischen verstaatlichten Unternehmen weitere 40 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden.
Im Gesetzentwurf ist vorgesehen, ein besonderes Reorganisationsverfahren einzuführen, das systemrelevante Banken im Falle einer Sanierung und Reorganisation unterstützt. Wenn eine eigenverantwortliche Reorganisation nicht möglich ist, sollen Geschäftsbereiche von Banken, die eine starke Auswirkungen auf die Stabilität des Finanzsystems haben, auf eine "Brückenbank" übertragen werden können. Ergänzend will die Regierung die aufsichtsrechtlichen Instrumente der Bankenaufsicht durch verstärkte Eingriffsrechte anpassen.
Damit zukünftig nicht der Steuerzahler für derartige Restrukturierungsmaßnahmen aufkommen muss, sollen Kreditinstitute eine Bankenabgabe zahlen, die in einen Restrukturierungsfonds fließt. Die Höhe dieser Bankenabgabe richtet sich nach der Risikoausrichtung, dem Vernetzungsgrad und der Größe des jeweiligen Instituts und soll nicht als Betriebsausgabe steuerlich abzugsfähig sein.
"Die Bankenabgabe reduziert den Anreiz für hochriskante Geschäftsaktivitäten und trägt somit zur Stabilität des Finanzsektors bei", heißt es dazu aus dem Bundesfinanzministerium.
Für den finanzpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Leo Dautzenberg, stellt die Vorlage einen "weiteren Meilenstein für einen festen Ordnungsrahmen der Finanzmärkte" dar. Durch die Einführung einer Sonderabgabe für alle Kreditinstitute, der Bankenabgabe, und der Errichtung eines Restrukturierungsfonds solle der Finanzmarkt zukünftige Krisensituationen selbst meistern können.
"Auf den Steuerzahler darf in Krisen nicht mehr zurückgegriffen werden", betont Dautzenberg. Auch sein FDP-Kollege Dr. Volker Wissing lobt den Entwurf. Mit ihm werde eine "Sicherheitslücke im bestehenden System geschlossen". Die Finanzierung künftiger Kriseninterventionsstrukturen über eine Bankenabgabe sei ein "fairer Weg", so Wissing.
Von einer "Alibiabgabe" spricht hingegen der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Joachim Poß. Das Aufkommen sei viel zu gering, um damit den Finanzbedarf bei der Restrukturierung systemrelevanter Banken decken oder die Geschäftspolitik der Bankenvorstände beeinflussen zu können. "Schon jetzt ist klar, dass bei einer künftigen Bankenkrise die Steuerzahler trotzdem wieder zur Kasse gebeten werden," kritisiert Poß.
Auch Dr. Gerhard Schick, Finanzexperte von Bündnis 90/Die Grünen, ist von dem Gesetzentwurf "noch nicht überzeugt". Zwar sei der Ansatz richtig, ein Insolvenzrecht für Banken zu schaffen, um für die Zukunft Rettungsmaßnahmen auf Kosten des Steuerzahlers auszuschließen und den Großbanken die implizite Staatsgarantie zu nehmen.
Allerdings sei die Bankenabgabe "zu mickrig". "Es fehlt zudem ein Mechanismus, der Banken in Schieflage automatisch und im Zweifel gegen den Willen und zulasten von Anteilseignern und Gläubigern Liquidität und Kapital sichert", sagt Schick.
Von "laschen Regierungsvorschlägen" spricht die wirtschaftspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sahra Wagenknecht. Angesichts einer "Bankenabgabe, die ihren Namen nicht verdient hat", sei der Gesetzesentwurf nichts weiter als die Absicherung der bisherigen Praxis, dass im Notfall staatlich abgesicherte Gelder in die Banken gepumpt werden.
Was für die Opposition zu wenig ist, ist für die Betroffenen zu viel. Der Bundesverband deutscher Banken bezeichnet den Gesetzentwurf zwar als "in die richtige Richtung gehend", fordert aber, den Beitrag zum Restrukturierungsfonds zu senken. Die geplante Höhe von 15 Prozent des letzten Jahresüberschusses sei zu hoch und die Erhebung eines Mindestbeitrags im Verlustfall unangemessen, heißt es in der Stellungnahme des Bankenverbandes. (hau)