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Sein Lieblingsverein ist der FC Bayern München. Und bei der Fußball-Europameisterschaft drückt er dem deutschen Nationalteam die Daumen. Adnan Muminovic aus Bosnien-Herzegowina hat eine ganz enge Beziehung zu Deutschland. Kein Wunder: Sechs Jahre lebte der heute 24-Jährige als Bürgerkriegsflüchtling in München. Jetzt ist er für einige Monate zurück in seiner zweiten Heimat. Im Rahmen des Internationalen Parlaments-Stipendiums (IPS) arbeitet Adnan Muminovic noch bis Ende Juli als Praktikant im Büro der Bundestagsabgeordneten Marieluise Beck (Bündnis 90/Die Grünen) und ist begeistert: "Ich hatte wirklich große Erwartungen an das IPS, die noch übertroffen wurden", sagt er und fügt hinzu: "Außerdem bin ich ein riesiger Deutschland-Fan."
Dabei hätte Adnan Muminovic allen Grund, enttäuscht von Deutschland und seinen Politikern zu sein. Als 13-Jähriger wurde er im Jahr 2000 mit seiner Familie nach Bosnien abgeschoben. Obwohl er auf das Gymnasium ging, beide Eltern gearbeitet haben und in der Familie sehr gut deutsch gesprochen wurde. "Wir waren das, was sich deutsche Politiker unter sehr gut integriert vorstellen", sagt er. Damals, so erinnert er sich, ist er schon wütend und enttäuscht gewesen.
Doch rückblickend betrachtet hatte das Ganze auch Vorteile. "Als ich nach Sarajevo zurückkam, war ich von den Zuständen schockiert", sagt er. Seine Schlussfolgerung lautete daher: "Wenn ich mal wieder nach Deutschland zurück will, ist meine einzige Chance, mehr in mich und in meine Bildung zu investieren." Das tat er dann auch. "Wenn andere nach bestandenen Prüfungen ans Meer gefahren sind, habe ich Sommerschulen besucht, damit ich etwas anbieten kann",sagt Adnan Muminovic. "Ich weiß nicht, ob ich diesen Weg auch gegangen wäre, wenn ich in Deutschland geblieben wäre."
Und noch etwas kam als Folge der Abschiebung dazu: Mehr als es wohl sonst der Fall gewesen wäre, musste sich der junge Mann mit der Situation in seiner Heimat befassen und kommt daher auch zu sehr kritischen Einschätzungen, für die er das ein oder andere mal auch getadelt wird. "Es wird mir oft der Vorwurf gemacht, ich sei meinem Land gegenüber zu pessimistisch", sagt er. "Ich sehe die Sachen aber einfach nur real und will den Menschen die Augen öffnen", betont Adnan Muminovic. Die Wahrheit könne man nicht leugnen und auch nicht alles schönreden, findet er.
Zu dieser Wahrheit gehört seiner Ansicht nach, dass in Bosnien nach wie vor eine große Korruption herrscht. "Das ist eines unserer größten Probleme", sagt er. Wenn es keinen gut funktionieren Rechtsstaat gibt, würden die Leute schnell merken, dass es leichter ist, etwas zu bezahlen, als auf die Durchsetzung eines im Grunde vorhandenen Rechtsanspruchs zu warten, urteilt Adnan Muminovic. Viele seiner Landsleute hätten zudem auch resigniert. "Nach dem Krieg gab es viele Hoffnungen, dass nun alles besser würde", erzählt er. Ein paar Jahre lang sei das auch so gewesen. Dann aber kamen die wirtschaftlichen Probleme, die wiederum Wegbereiter der ausufernden Korruption seien.
Adnan Muminovic, das wird deutlich, ist bereit anzupacken und daran etwas zu ändern. Und er kann sich eine politischen Karriere durchaus vorstellen. "Ja", sagt er, "das ist der Weg den ich gehen will." Für ihn ist Politiker "der schönste Beruf", da man etwas Wichtiges und Langfristiges verändern könne.
Auf dem Weg zu seinem "Traumberuf" ist das IPS ein wichtiger Schritt. Im Büro von Marieluise Beck fühlt er sich gut aufgehoben. Als "überzeugtem Sozialdemokraten" war es ihm wichtig, für eine der Oppositionsfraktionen zu arbeiten. Dass es nun mit der grünen Migrationsexpertin geklappt hat, findet er "perfekt". Schließlich ist die ehemalige Ausländerbeauftragte der Bundesregierung derzeit Vorsitzende der Parlamentariergruppe Bosnien und Herzegowina und zudem sowohl im Auswärtigen Ausschuss als auch im Europaausschuss aktiv. "Das passt auch super zu meinem aktuellen Studiengang", sagt er.
Nach dem Bachelor in Wirtschaftswissenschaften absolviert er derzeit einen Masterstudiengang "Europäische Studien" an der Universität seiner Heimatstadt Sarajevo. Dass der Praktikant Muminovic an den Sitzungen des Auswärtigen Ausschusses nicht teilnehmen kann, findet er nicht so tragisch. "Das ist eben so. Aber ich bekomme bei der Arbeit im Büro dennoch viel mit."
Außerdem hat er Marieluise Beck schon in deren Wahlkreis Bremen besucht. "Das waren vier wunderschöne Tage", schwärmt er. Höhepunkt dabei war eine Diskussion der Deutsch-Israelischen Gesellschaft nur wenige Tage, nachdem Günther Grass sein umstrittenes Gedicht veröffentlicht hatte. "Es war sehr spannend, von so vielen verschiedenen Seiten etwas darüber zu hören", sagt Adnan Muminovic. Ohnehin war er beeindruckt von der Wahlkreisarbeit Becks und wagte einen Vergleich mit der Heimat. "Bei uns würde kein Abgeordneter auf die Idee kommen, sich bei seinen Wählern zu bedanken."
Und noch einen Unterschied hat er zwischen Bundestag und bosnischem Parlament ausgemacht. "Für mich ist es einfacher ein Praktikum im Bundestag zu erhalten als eines in unserem Parlament", schätzt er ein. Auch wenn es schwer sei, im Wettbewerb um einen IPS-Platz zu bestehen, könne man sich immerhin dafür bewerben. "Bei uns ginge es — wie immer — wohl nur über Empfehlungen und Kontakte", vermutet Adnan Muminovic. Es sind diese Sachen, die ihn an seiner Heimat erkennbar stören. Um so wichtiger, dass sich einer wie er bereit erklärt, sich politisch zu engagieren. (hau)