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Jobs unter der Kuppel

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Johann Küster, Azubi "Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik".
Johann Küster, Azubi "Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik".

Johanna Metz, Volontärin.
Johanna Metz, Volontärin.

Nicole Schiller, Polizistin im Bundestag.
Nicole Schiller, Polizistin im Bundestag.

Henrik Volpert, Praktikant im Abgeordnetenbüro.
Henrik Volpert, Praktikant im Abgeordnetenbüro.

Johann im Materiallager
Johann im Materiallager ...

und an der Werkbank
... und an der Werkbank

Farbige Prüf- und Messspitzen.
Farbige Prüf- und Messspitzen.

Gleichzeitig tippen und telefonieren – möglich dank Headset.
Gleichzeitig tippen und telefonieren – möglich dank Headset.

Zeitungslektüre gehört zu Johannas Job.
Zeitungslektüre gehört zu Johannas Job.

Johanna am Arbeitsplatz. Über TV kann sie die Debatten im Parlament verfolgen.
Johanna am Arbeitsplatz. Über TV kann sie die Debatten im Parlament verfolgen.

Henrik im Jakob-Kaiser-Haus.
Henrik im Jakob-Kaiser-Haus.

Einsatz in der Kuppel.
Einsatz in der Kuppel.

Na klar, im Bundestag wird Politik gemacht. Doch im Parlament arbeiten nicht nur Politiker – sie sind sogar in der Minderheit. Menschen mit vielen Fähigkeiten und Berufen sorgen dafür, dass alles reibungslos läuft: Köche und Polizisten gibt es, Elektriker und Verwaltungsangestellte, Computertechniker und Bibliothekare. Mehr als 8.000 Menschen haben ihren Arbeitsplatz im Reichstagsgebäude und in den umliegenden Häusern. Unter ihnen sind viele, die eine Ausbildung machen, Praktika absolvieren oder gerade den Einstieg ins Berufsleben gewagt haben.

Einsätze in lichter Höhe

Wenn es Johann Küster und seine Kollegen nicht gäbe, läge der Deutsche Bundestag vermutlich im Dunkeln. Abgeordnetenbüros, Ausschusssäle, Cafeterien, Flure und selbst der Plenarsaal unter der gläsernen Kuppel des Reichstagsgebäudes – alles wäre ohne Licht und Strom. Zusammen mit den Elektrikern des Referats Liegenschaften und Gebäudetechnik sorgt er dafür, dass überall in den Gebäuden des Bundestages die richtige Spannung herrscht. Er kümmert sich um banale Dinge – und um ganz außergewöhnliche. Um Dinge, die jeder für selbstverständlich nimmt, wie Lichtschalter und Steckdosen. Und um Dinge, die jeder bestaunt: Wie den spiegelbesetzten riesigen „Rüssel“, der sich aus der Glaskuppel in den Plenarsaal senkt. Vor fünf Monaten begann Johann seine dreieinhalbjährige Ausbildung zum Elektroniker für Energieund Gebäudetechnik – im Deutschen Bundestag.

Als nach der Bundestagswahl 2005 eine Reihe von Abgeordnetenbüros umgebaut wurden, mussten viele neue Stromkreise installiert und jede Menge Steckdosen und Lichtschalter versetzt werden. Für Johann hieß das „Wahlergebnis“ deshalb auch: Kabel verlegen, Leitungen prüfen, Verteiler montieren. Das Austauschen von Leuchtmitteln ist dagegen eher Routine: Ob Deckenstrahler oder Nothinweisleuchte – tausende von Lampen müssen die Elektriker des Bundestages überprüfen. Gerade in den letzten Tagen hat Johann unzählige ausgewechselt – oft auf einer Hebebühne in mehr als vier Metern Höhe. Zum Glück ist er schwindelfrei.

Kürzlich hatte er einen Einsatz an dem Ort, der Tag für Tag hunderte Besucher magisch anzieht: die Kuppel des Reichstagsgebäudes. In dem rüsselförmigen Trichter, der in der Mitte der Kuppel bis in den Plenarsaal hinunterragt und dessen 360 Spiegel das Sonnenlicht in den Saal lenken, sollte er mit einem Kollegen eine neue Stromverteilung installieren – und hatte dabei eine besondere Aussicht. „Durch die Lüftungsschächte konnte ich gut in den Plenarsaal gucken“, erzählt Johann. Während der Arbeiten fand natürlich keine Sitzung dort statt. Sonst wäre das ein Logenplatz gewesen – mit einer ganz ungewöhnlichen Perspektive auf die Politik.

Spezialität neutrale Information

Johanna Metz dagegen hat das politische Geschehen immer bestens im Blick. Die 26Jährige arbeitet als Volontärin bei der Wochenzeitung „Das Parlament“, die ihre Redaktionsräume im JakobKaiserHaus hat, direkt gegenüber dem Reichstagsgebäude. Alles, was dort im Bundestag passiert, im Plenum und in den Ausschüssen, ist Thema für die Zeitung, deren Herausgeber der Deutsche Bundestag selbst ist. Die Spezialität des Mediums: neutrale Information. Der Bundestag als Institution ist dazu verpflichtet. Das Motto der Redaktion lautet: Meinungsbildung statt Meinungsmache. „Das Parlament“ hat ganz klar einen Bildungsauftrag“, erklärt Johanna. „In welcher Zeitung sonst findet sich so eine große Bandbreite an Informationen rund um das parlamentarische Geschehen?“ Für ihr Politikstudium hat sie die Zeitung oft genutzt. Im Gegensatz zu anderen Journalisten bleiben die Türen der nicht öffentlichen Ausschüsse für die Redakteure des „Parlaments“ nicht verschlossen. „Die Meldungen haben nur wir“, sagt Johanna, „und andere Zeitungen, sogar Nachrichtenagenturen, bedienen sich gern dieser Informationen.“

Politik beobachten, recherchieren und schreiben – für Johanna ein Traumberuf. „Als Volontärin habe ich hier viele Möglichkeiten, vielleicht sogar mehr als Volontäre bei anderen Zeitungen“, vermutet sie. „Ob nun Berichterstattung wie in einer Nachrichtenagentur oder Reportagen schreiben – beides ist möglich.“ Zudem betreut sie in Abstimmung mit der Redaktion ein eigenes Ressort, die „Kehrseite“ mit bunten Themen. „Ich beauftrage die Autoren, redigiere ihre Texte, wähle Bilder aus und layoute die Seite.“ Diese Verantwortung gefällt ihr: „Jedes Foto, jede Überschrift – zum Schluss ist es irgendwie mein Produkt.“ Neulich war Johanna auf Recherchereise. Drei Tage lang begleitete sie den NPDAussteiger Matthias Adrian bei einer Vortragstour durch thüringische Schulen. Sie hat ein Porträt des ehemaligen Neonazis geschrieben, der sich heute dem Kampf gegen den Rechtsextremismus widmet. Johannas Artikel füllte eine ganze Zeitungsseite. „Für mich war das ein absolutes Highlight“, sagt sie begeistert.

Rechte Hand der Abgeordneten

Ein ungewöhnliches Erlebnis hatte auch Henrik Volpert. In seiner ersten Woche als Praktikant im Bundestag stieg der 24Jährige in einen Fahrstuhl und stand plötzlich den Politikern Gregor Gysi und Oskar Lafontaine von der Fraktion Die Linke. gegenüber – schnell war er mitten in einer Plauderei über die Einführung von gesetzlichen Mindestlöhnen. Als Henrik den Fahrstuhl wieder verließ, war er beeindruckt: „Wir haben locker geredet, über die Debatte im Plenum gescherzt. Auch wenn ich politisch nicht unbedingt ihrer Meinung bin, war es gut zu sehen, dass die Leute, die man nur aus dem Fernsehen kennt, gar nicht so abgehoben sind, wie man vermuten könnte.“

Fünf Wochen hospitiert Henrik, der in Tübingen Internationale VWL und Politikwissenschaft studiert, im Büro der SPDPolitikerin Angelica SchwallDüren. Sie ist Abgeordnete aus dem Münsterland, wo Henrik aufgewachsen ist. „Ich wollte einfach hinter die Kulissen gucken“, erklärt Henrik, „und sehen, wie Politik funktioniert.“ So entschied er, in den Semesterferien ein Praktikum im Bundestag zu absolvieren und bewarb sich direkt bei der Abgeordneten aus seiner Heimat. Seitdem hat Henrik eine Menge zu tun: Fraktionssitzung, Europaausschuss, Podiumsdiskussion – so oft es geht, begleitet er die Politikerin zu ihren täglichen Terminen. Zu seinen Aufgaben gehört auch die inhaltliche Vorbereitung solcher Termine – ein wichtiger Job, den normalerweise wissenschaftliche Mitarbeiter übernehmen. Sie unterstützen den Abgeordneten, damit er über jedes Thema informiert und auf dem neuesten Stand ist. Dabei hilft Henrik nun mit.

Gerade hat er zum Armutsbericht recherchiert: „Wichtig ist, sich einen Überblick über das Thema zu verschaffen, zu wissen, wie dazu die Parteilinie aussieht – und die Positionen der politischen Gegner zu kennen.“ Thematisch arbeiten, argumentieren – das gefällt Henrik. In Tübingen ist er Mitglied im UniDebattierclub „Streitkultur“. Und so verfolgt er die Diskussionen im Bundestag mit einem fast fachlichen Interesse: „Viele haben Spaß am politischen Diskurs, das merkt man“, findet er. „Und es läuft fast wie bei uns – wenn auch in einem größeren Maßstab natürlich!“

Schaltzentrale der Bundestagspolizei

Dass solche Debatten, und überhaupt das gesamte parlamentarische Geschehen, in sicherer Atmosphäre stattfinden können, dafür sorgt die Bundestagspolizei. Dort, wo sich Presse oder Besucher aufhalten, auf der Kuppel des Reichstagsgebäudes, bei den Sitzungen in den öffentlichen Ausschüssen oder auf den Tribünen im Plenarsaal, sind Polizisten anwesend. Unauffällig, aber präsent sind sie in ihrer zivilen dunklen Kleidung: Die Dienstwaffe wird verdeckt getragen und zu erkennen sind die Beamten nur an ihren grünweißen Ausweisen und an den Anstecknadeln am Revers. In Aktion treten die Polizisten erst, wenn etwas die normalen Abläufe im Parlament stört, Menschen oder die Bundestagsgebäude gefährdet: Messer oder andere Waffen, die in den Sicherheitskontrollen gefunden werden, aber auch Besucher, die sich als Demonstranten entpuppen und mit Transparenten die Plenarsitzung stören.

Nicole Schiller hat solche Situationen erlebt. Sie ist eine der rund 200 Bundestagspolizistinnen und polizisten. Seit fast sieben Jahren arbeitet die 27Jährige bereits im deutschen Parlament, dem kleinsten Polizeipräsidium in Deutschland. „Polizeipräsident“ ist der Bundestagspräsident Norbert Lammert. Ihre Ausbildung machte Nicole jedoch ganz regulär bei der Bundespolizei – in Lübeck. Dann stieß die junge Cottbusserin im Internet auf eine Ausschreibung der Bundestagspolizei und bewarb sich: „Berlin, die Nähe zur Politik, das hat mich gereizt“, sagt Nicole. Ob Staatsbesuch oder Bundestagswahl – was andere im Fernsehen sehen, erlebt sie jetzt live. „Selbst Tom Cruise habe ich schon durchs Haus begleitet“, erzählt sie.

Ihre erste Bewährungsprobe war der „Tag der offenen Tür“. Nicole ging Streife. „Das war irre spannend! So viele Menschen, ein neues Gebäude – und alles sollte klappen.“ Mittlerweile arbeitet sie in der Leitstelle. Das ist die Schaltzentrale der Bundestagspolizei. Ob Polizeioder Rettungseinsatz, Kontakt zu anderen Dienststellen oder Einsatzplanung für Großveranstaltungen, hier laufen alle Fäden zusammen. Organisieren, koordinieren, schnell reagieren – das liegt ihr. Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen müssen das immer wieder unter Beweis stellen, wie etwa an dem Abend im vergangenen Juli, als ein Kleinflugzeug knapp neben dem Reichstagsgebäude abstürzte. Natürlich war da die Bundestagspolizei vor Ort und sicherte zusammen mit der Berliner Polizei die Absturzstelle am Platz der Republik.

Text: Sandra Schmid | Fotos: Anke Jacob
Erschienen am 10.04.2006

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