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Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) (17/6906) ist unter Verbänden und Experten umstritten. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Köhler, sagte am Mittwoch, 19. Oktober 2011, in einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses unter Vorsitz von Dr. Carola Reimann (SPD), der Entwurf sei „grundsätzlich geeignet“, vor allem der ärztlichen Unterversorgung insbesondere in ländlichen Regionen entgegenzuwirken. Genau dies bezweifelte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg. Wer glaube, Unterversorgung beseitigen zu können, ohne ärztliche Überversorgung vor allem in Großstädten „wirksam zu bekämpfen“, irre, sagte Stackelberg.
Er forderte, die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) zu verpflichten, frei werdende Praxen aufzukaufen, um sie vom Markt zu nehmen. Der Gesetzentwurf sieht ein Vorkaufsrecht für KVen, wenn in überversorgten Gebieten die Nachbesetzung einer Praxis ansteht. Als überversorgt gilt ein Gebiet, wenn das Plansoll für eine Facharztgruppe um mehr als zehn Prozent überschritten wird.
Ilona Köster-Steinebach vom Verbraucherzentrale Bundesverband schloss sich der Kritik des GKV-Spitzenverbandes an. Sie bemängelte zugleich, dass die Möglichkeiten zur Zulassungsbefristung in der überversorgten Regionen nicht ausreichten.
Der Vorstandsvorsitzende der Ersatzkassen, Thomas Ballast, regte an, sich in dem Gesetzentwurf stärker auf den Nachwuchs zu konzentrieren. Um viele der jährlich neu hinzukommenden rund 5.000 neuen Ärzten für den Beruf des Landarztes zu begeistern, reichten die gewählten Ansätze nicht aus.
Ballast kritisierte in diesem Zusammenhang insbesondere die geplante Einführung einer so genannten spezialärztlichen Versorgung ohne Mengenbegrenzung. Dies sei für junge Ärzte attraktiver und konterkariere das mit dem Entwurf verbundene Ziel, mehr Ärzte aufs Land zu locken.
Der Einzelsachverständige Wolfgang Spoerr betonte hingegen, die von der Regierung geplanten Maßnahmen seien geeignet, die Stadt-Land-Problematik bei der ärztlichen Versorgung anzugehen. Der Jurist lobte, dass der Entwurf „viel Zuckerbrot und relativ wenig Peitsche“ enthalte.
Um eine wohnortnahe, flächendeckende medizinische Versorgung sicherzustellen, sollten Landärzte nach dem Willen der Bundesregierung von Maßnahmen der Budgetbegrenzung ausgenommen werden. Normalerweise müssen Ärzte Honorarabschläge hinnehmen, wenn in ihrer Praxis eine bestimmte Zahl an Behandlungen überschritten wird. Davon sollen nun Mediziner, die sich in unterversorgten ländlichen Gebieten niederlassen, befreit werden.
Umstritten war in der Anhörung auch die geplanten Änderungen bei den zulässigen Rechtsformen der Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Vorgesehen ist hier, nur noch die Gründung von MVZ als Personengesellschaft oder GmbH zu erlauben.
Während der Direktor des Deutschen Instituts für Gesundheitsrecht, Helge Sodan, dies als mit dem Grundgesetz vereinbar bezeichnete, bestritt der Einzelsachverständige Reimar Buchner genau dies. Der Berliner Medizinrechtler sagte, darin liege ein nicht akzeptabler Eingriff in die Berufsfreiheit.
Der Anhörung lagen auch Anträge der Fraktionen Die Linke (17/3215) und Bündnis 90/Die Grünen (17/7190) zugrunde. Die Linksfraktion verlangt unter anderem, in der Analyse und Planung des Versorgungsbedarfs und der anschließenden Umsetzung sollten Kriterien wie die Morbidität, die Mobilität und die regionale Infrastruktur integriert werden.
Die Grünen wollen unter anderem Vergütungsanreize für Ärzte schaffen, die sich in unterversorgten Regionen niederlassen. Diese seien aber nur dann zu finanzieren, „wenn gleichzeitig auch die erhebliche Überversorgung in manchen Regionen“ wirksam bekämpft werde. (mpi)