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„Die Raumfahrt ist ein wirklich europäisches Projekt und wir müssen angesichts der Schuldenkrise die entsprechenden Teilhaushalte tapfer verteidigen“, begrüßte der CDU-Bundestags- abgeordnete Klaus-Peter Willsch, Vorsitzender der Parlamentsgruppe Luft- und Raumfahrt (PGLR), Delegationen aus der EU, aus Russland, Japan und Taiwan auf der Europäischen Interparlamentarischen Weltraumkonferenz am Montag, 17. Oktober 2011.
Im Europasaal des Paul-Löbe-Hauses in Berlin erklärte Willsch, diesjähriger Präsident der Konferenz, dass die Raumfahrt ein großer Aufwand für einzelne Staaten sei und nur in gemeinsamer Zusammenarbeit gelingen könne. „Der Lissabon-Vertrag weist der EU die Kompetenzen zu und lässt sie zum Hauptakteur werden“, stellte er fest.
Willsch mahnte zugleich, dass „die europäische Zusammenarbeit effizienter werden muss“. Die Marktaufteilung in der herstellenden Industrie sei hauptsächlich mono- oder duopolistisch. Rund 90 Prozent der Unternehmen in der EU würden sich auf sechs Mitgliedstaaten verteilen. „Wir brauchen mehr Wettbewerb.“
In das Stammbuch der Politik schrieb er, dass der Lissabon-Vertrag dazu verpflichte, auch auf politischer Ebene für mehr Klarheit zu sorgen. Die Rollenverteilung zwischen EU, der Europäischen Weltraumagentur (ESA) und den Mitgliedstaaten müsse besser geregelt werden.
„Doch es ist nicht billig“, räumte Willsch in seiner Eröffnungsrede ein. Er unterstrich aber mit Blick auf die Schuldenkrise, dass Investitionen in Forschung und Technologie nicht nur weiter gefördert werden müssen, sondern Investitionen in die Raumfahrt Wachstum bedeuten. „Die satellitengestützte Navigation umfasst derzeit ein wirtschaftliches Jahresvolumen von 70 Milliarden Euro und wird bis in das Jahr 2020 voraussichtlich auf ein Volumen von 170 Milliarden Euro wachsen.“
Die dem amerikanischen Global-Positioning-System (GPS) entsprechende europäische Variante „Galileo“ werde in Zukunft nicht nur Teil dieses Marktes sein, sondern könnte darüber hinaus zur Vermeidung von Staus im Straßenverkehr sorgen. „Das kann zur Senkung des energetischen Verbrauchs führen“, sagte Willsch.
Die nächste Generation dieser Technik werde ferngesteuerten Straßenverkehr ermöglichen und erheblich zur Steigerung der Effizienz beitragen – das bedeute erhebliche Einsparpotenziale und Nachhaltigkeit. „Aus diesem Grund können wir nicht auf Galileo verzichten.“
„Die Versöhnung von Mobilitätswünschen und die Wahrung von Umweltstandards stehen in der Zukunft im Vordergrund“, so der Präsident der Konferenz. Die Bereitstellung der dafür notwendigen Informationen lege die entsprechenden Grundlagen.
Klaus-Peter Willsch sprach auf dem Weltrautreffen die seiner Ansicht nach dafür nicht weniger wichtigen Wissenschaftsmissionen an: „Diese führen zu Technologieschüben, und es wäre in dieser Hinsicht verantwortungslos, die Prioritäten falsch zu setzen.“
Gastredner Peter Hintze, Parlamentarischer Saatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, unterstrich, dass die Bundesregierung der Raumfahrt die Bedeutung einer Schlüsseltechnolgie zumesse. „Ihre Wirkung reicht über ihre eigentlichen Anwendungsbereiche hinaus“, sagte er in seiner Funktion als Koordinator der Luft- und Raumfahrt für die Regierung.
Die Regierung wolle sich deshalb dafür einsetzen, dass trotz immer wieder in Frage stehender Haushaltsmittel das Maximum erreicht werde. Darüber hinaus wolle die Bundesrepublik der Frage nach Nachhaltigkeit mehr Platz einräumen. „Es bedarf Modellen, die Weltraumschrott vermeiden.“ Von diesem Schrott würden Sicherheitsrisiken ausgehen.
Ferner wolle sich die Regierung dafür einsetzen, dass ein einheitlicher Rechtsrahmen für die kommerzielle Nutzung des Weltraums geschaffen wird.
Zur sicherheitspolitischen Dimension der Raumfahrt sprach in einem Vortrag Christian Schmidt (CSU), Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministeriums für Verteidigung. "Der künftige Einsatz moderner Waffensysteme hängt davon ab, ob diesen weltraumbasierte Informationen bereitgestellt werden“, verdeutlichte er den Bedarf am Beispiel von verlässlichen Wettervorhersagen, der Navigation und Kommunikation.
Schmidt erläuterte, ein wesentliches Ziel von Raumfahrtforschung sei es, diese für irdische Anwendungen zu nutzen. Deutschland sei in der militärischen Nutzung ein „Spätstarter“. Durch den ersten Auslandseinsatz der Bundeswehr in Somalia Anfang der neunziger Jahre sei deutlich geworden, dass die eigenen Fähigkeiten hinsichtlich einer verlässlichen Satellitenkommunikation nicht ausreichend waren.
Mit dem Kosovo-Einsatz Ende der neunziger Jahre seien Schwächen in der Satellitenaufklärung offensichtlich geworden, weil sich die EU-Partner nicht ausreichend vernetzt hätten. Dennoch sah Schmidt den Trend zur Zusammenarbeit: „Wir befinden uns derzeit in einer pragmatisch-positiven Phase.“ Viele Staaten hätten die technischen Potenziale erkannt und seien auf Kooperation angewiesen. „Die Bundesregierung ist bereit, sich einzubringen“, sagte Christian Schmidt. (eis)