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Ein Geheimgremium will der Verteidigungsausschuss nicht sein. „Wir sind doch nicht der Bundessicherheitsrat", sagt die Ausschussvorsitzende Dr. Susanne Kastner (SPD). Und dennoch: Bei der immer mal wieder aufflammenden Diskussion, ob die Arbeit der Ausschüsse nicht grundsätzlich öffentlich stattfinden sollte, wird auch von den Befürwortern dieser Ansicht der Verteidigungsausschuss jeweils herausgenommen. Völlig zu Recht, wie Susanne Kastner findet: „Bei uns geht es um die Sicherheit des Landes. Da werden Themen besprochen, die eine generelle Öffnung nicht zulassen."
Der Verteidigungsausschuss ist ein geschlossener Ausschuss. Müssen die Mitglieder da eine Art Verschwiegenheitserklärung unterschreiben? Nein, sagt die Vorsitzende, unterschrieben werden müsse nichts. „Wer Mitglied im Verteidigungsausschuss wird, weiß worum es geht." An die Regeln des geschlossenen Ausschusses hätten sich alle zu halten.
Erfahrungen mit der Leitung öffentlicher Sitzungen hat die Ausschussvorsitzende Susanne Kastner dennoch gemacht. Beinahe zwei Jahre führte sie neben dem Verteidigungsausschuss auch den Kundus-Untersuchungsausschuss, der die politischen Verantwortlichkeiten für das Bombardement zweier Tanklastzüge im afghanischen Kundus aufklären sollte.
„Ich persönlich hätte gern noch mehr Vernehmungen öffentlich stattfinden lassen, hierfür hat es jedoch keine Mehrheit gegeben", sagt sie. Stattdessen habe man entschieden, lediglich die Befragungen von ohnehin öffentlichen Personen, wie etwa Ministern und Staatssekretären, überwiegend öffentlich durchzuführen, „weil es da nicht um Sicherheitsfragen ging, sondern darum, wie der Informationsfluss unter den politisch Verantwortlichen verlief".
Mit der Situation der Bundeswehrsoldaten in Afghanistan beschäftigt sich der Ausschuss regelmäßig in den Sitzungen aber auch vor Ort. „Ich bin als Ausschussvorsitzende bisher zweimal auf Truppenbesuch in Afghanistan gewesen", sagt Susanne Kastner. Auch die Obleute der Fraktionen im Ausschuss, Henning Otte (CDU/CSU), Rainer Arnold (SPD), Elke Hoff (FDP), Paul Schäfer (Die Linke) und Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen) würden regelmäßig die Einsatzkräfte in Afghanistan besuchen.
„Wir sind uns aber bewusst, dass solche Besuche die Einsatzkräfte zusätzlich belasten, zumal diese auch die Sicherheit der Abgeordneten gewährleisten müssen." Dennoch seien die Reisen für die Parlamentsarbeit sehr wichtig, so Kastner. „Wir reden dort mit vielen Soldaten und Soldatinnen unterschiedlicher Dienstgradgruppen und machen uns so ein ungeschminktes Bild von der Lage vor Ort."
Einer, der ebenfalls viel mit den Soldaten redet, ist der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus. Welchen Kontakt hat der Ausschuss mit Königshaus? „Der Wehrbeauftragte ist als Hilfsorgan des Parlaments bei jeder Ausschusssitzung dabei und kann von den Mitgliedern befragt und um Stellungnahme gebeten werden", sagt Susanne Kastner.
„Auch über den Wehrbeauftragten erhalten die Mitglieder die Möglichkeit, sich direkt über die Sorgen und Nöte der Soldatinnen und Soldaten zu informieren. Sein Jahresbericht ist regelmäßiger Gegenstand der Beratungen im Ausschuss. "
Wie es mit dem Bundeswehreinsatz in Afghanistan weitergeht und vor allem mit welcher Truppenstärke, wird der Bundestag Anfang des kommenden Jahres auf Vorlage der regelmäßigen Mandatsanträge der Bundesregierung beraten und beschließen. Susanne Kastner rechnet fest mit einer Truppenreduzierung. „Die Afghanistan-Konferenz Anfang Dezember in Bonn wird zeigen, welche Aufgaben den Afghanen in Eigenverantwortung übergeben werden können."
Vor dem Hintergrund der Ergebnisse dieser Konferenz folge noch vor Weihnachten die erste Lesung zur Isaf-Mandatsverlängerung. „Ich denke, dass es in den nächsten Jahren eine kontinuierliche Truppenreduzierung geben kann, die aber koordiniert erfolgen muss", sagt sie. Zu einem Wettlauf um den Abzug dürfe es nicht kommen, warnt die Ausschussvorsitzende.
Während diese Frage den Ausschuss noch beschäftigen wird, sind in Sachen Aussetzung der Wehrpflicht die Würfel längst gefallen. Gab es hier Einigkeit im Verteidigungsausschuss? „Am Ende schon", sagt Kastner. Auch wenn ihrer Einschätzung nach „die Union von ihrem eigenen Minister dabei völlig überrollt wurde".
Ihre Partei, die SPD, habe hingegen schon auf ihrem Parteitag 2007 festgestellt, dass es keine Wehrgerechtigkeit mehr gebe und etwas getan werden müsse. „Uns hat das Ganze daher nicht so überrascht", sagt sie und urteilt rückblickend: „Art und Weise der Aussetzung der Wehrpflicht waren schon ein ganz schöner Husarenritt des Ministers zu Guttenberg."
Dass dieser seinerzeit mit Einspareffekten, die die Wehrpflichtaussetzung mit sich brächte, argumentiert habe, erschließt sich der SPD-Abgeordneten nicht. „Jeder, der sich mit dem Thema beschäftigt, weiß, dass der Weg von der Aussetzung der Wehrpflicht hin zu einer Freiwilligenarmee erst einmal Geld kostet", sagt sie.
Die Sparverpflichtung steht trotzdem: Bis 2015 sollen 8,3 Milliarden Euro eingespart werden. Ist das denn machbar? Im kommenden Jahr sei die Lage noch weitgehend entspannt, sagt Kastner. Richtig problematisch werde es ab 2013. Dann seien die letzten Wehrpflichtigen ausgeschieden und es müsse mit Attraktivitätssteigerung und Werbemaßnahmen verstärkt für den Dienst beim Bund geworben werden.
„Das kostet alles Geld", stellt Kastner klar. Was nun, wenn es trotz aller Bemühungen nicht genug Freiwillige gibt? Soweit werde es nicht kommen, glaubt sie, räumt aber ein: „Das Ganze ist wie eine Operation am offenen Herzen."
Wird die Bundeswehr wie geplant kleiner, braucht man auch weniger Standorte. Über die Kürzungs- und Schließungspläne hat Bundesverteidigungsminister de Maizière unlängst den Ausschuss informiert. Bei vielen Abgeordneten dürfte es lange Gesichter gegeben haben, wenn Kasernen in ihrem Wahlkreis betroffen waren.
Auch in Kastners bayerischem Wahlkreis Bad Kissingen wird beim Personal gekürzt. Haben die Parlamentarier bei den Standortentscheidungen kein Mitspracherecht? Nein, sagt die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses. „Das ist rein exekutives Handeln."
Mag das im konkreten Fall auch so sein, so hat doch der Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages als dessen Fachausschuss im Vergleich mit den europäischen Partnerausschüssen weitaus größere Einflussmöglichkeiten. „Für Auslandseinsätze braucht das Bundesverteidigungsministerium die Zustimmung des Parlaments", erläutert Kastner.
In den Augen der Verbündeten sei man dadurch zwar manchmal zu schwerfällig, aber: „Wir sind mit Recht stolz darauf, dass wir eine Parlamentsarmee haben", sagt sie. Die Partner müssten sich eben daran gewöhnen, „dass wir einen aufwendigeren, aber dafür demokratischeren Weg haben". (hau)