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Die Reform der Bundeswehr schreitet voran. Am Donnerstag, 14. Juni 2012, nahm der Bundestag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen das von der Bundesregierung eingebrachte Bundeswehrreform-Begleitgesetz (17/9340) in der durch den Verteidigungsausschuss geänderten Fassung (17/9954) an. SPD und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich bei der Abstimmung. Die Linksfraktion lehnte die Vorlage ab. Ziel des Gesetzes ist es, die personalrechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Umfang der Bundeswehr in den kommenden Jahren auf bis zu 185.000 Soldaten zu reduzieren.
Von einem sozialverträglichen Personalabbau könne keine Rede sein, kritisierte die Linksfraktion während der Debatte. SPD und Grüne vermissten Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der Bundeswehr und sprachen von einer vertanen Chance. Aus Sicht der Koalition ist hingegen vor allem die im Zuge der Ausschussberatungen in das Gesetz eingearbeitete Aufhebung der Zuverdienstgrenze ein wichtiges Signal für die Soldaten.
Das Gesetz richte sich vorrangig an diejenigen, die die Bundeswehr verlassen und einen anderer Tätigkeitsbereich suchen, sagte Ernst-Reinhard Beck (CDU/CSU). "Wir können nicht erwarten, dass Soldaten und Beamte mit Lebenszeitverträgen die Bundeswehr freiwillig verlassen und auf viel Geld verzichten", so Beck. Der Umgang mit Menschen, die viele Jahre lang ihre Arbeitskraft der Bundeswehr gewidmet haben, wirke auch "als Zeichen in die Streitkräfte hinein".
Die Reform dürfe nicht dazu führen, dass die Bundeswehr demotiviert ist und desillusioniertes Personal ohne Perspektive zurücklässt, machte der Unionsabgeordnete deutlich. Daher müsse jedem Soldaten ein individuelles Angebot zum Verlassen oder zum Verbleib in der Bundeswehr gemacht werden, forderte er. Als Folge einer Expertenanhörung, so Beck weiter, habe man den Kreis der Anspruchsberechtigten für das Gesetz ausgeweitet. "Kernstück" des geänderten Gesetzes sei aber die Aufhebung der Zuverdienstgrenze. Diese Regelung gelte auch für Soldaten mit Vordienstzeiten aus der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR.
Als Herzstück der Bundeswehrreform bezeichneten Lars Klingbeil (SPD) das Begleitgesetz. Es richte sich an jene, "die der Bundeswehr in der Gesellschaft ein Gesicht geben". Was aber nun vorgelegt werde, sei eine "vertane Chance", kritisierte Klingbeil. Weder erhielten die Bundeswehrangehörigen eine Gewissheit über ihre Zukunft, noch würden Strukturentscheidungen in Einklang mit Personalplanungen gebracht, sagte er.
Wenn mit dem Gesetz nur halb so viele Soldaten- und Beamtenstellen abgebaut werden könnten, wie es das Verteidigungsministerium als nötig ansieht, würde dies zu einem massiven Beförderungsstau führen. "Die Attraktivität der Bundeswehr wird darunter leiden", prognostizierte Klingbeil und forderte ein "massives Attraktivitätsprogramm für die Truppe".
Die Koalitionsfraktionen hätten bereits im Rahmen der Haushaltsberatungen einen Antrag zur Verbesserung der Attraktivität der Streitkräfte beschlossen, entgegnete Elke Hoff (FDP). "Ich gehe davon aus, dass diese Forderungen mit Vehemenz durch das Ministerium abgearbeitet werden", setzte sie hinzu. Hoff machte zugleich deutlich, dass man sich auch den Erfordernissen des Haushalts zu stellen habe.
"Wir können nicht alles, was wünschenswert ist, aus dem Ärmel schütteln und so tun, als würde der Rest der Welt nicht existieren", machte die FDP-Abgeordnete deutlich. Zugleich verwies sie darauf, dass das Gesetz bis zum Jahr 2014 evaluiert werde. Sollte es also bei der Umsetzung holpern, könne man spätestens dann die Regelungen anpassen, sagte Hoff.
Das Ziel eines sozialverträglichen Personalabbaus werde mit dem Gesetz verfehlt, befand Harald Koch (Die Linke). Zugleich bleibe es bei der Ungleichbehandlung früherer NVA-Soldaten, kritisierte er. Den von der Koalition so gelobten Wegfall der Zuverdienstgrenzen nannte Koch "Augenwischerei". Nach wie vor seien Soldaten mit einer NVA-Vergangenheit bei der Rente schlechter gestellt als jene mit einer ausschließlichen Bundeswehrkarriere.
Ein Fehler der Reform sei es auch, "immer mehr Zivile aus der Bundeswehr herauszudrängen und durch Militärs zu ersetzen", sagte der Linken-Abgeordnete. "Das trägt zur schleichenden Militarisierung der Gesellschaft bei", so Koch. Das gleiche gelte auch für die unter dem Deckmantel der Gleichberechtigung stattfindende verstärkte Rekrutierung von Frauen.
Dem widersprach Agnes Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) ausdrücklich. Der Bedarf an Fachkräften sei nur zu decken, wenn mehr Frauen zur Bundeswehr gingen, sagte Brugger. Außer schönen Worten höre man dazu aber von der Bundesregierung nichts, bemängelte sie und verwies auf einen von ihrer Fraktion zu dem Thema vorgelegten Antrag (17/7351).
Aus Sicht der Grünen-Abgeordneten ist das Gesetz "keine runde Sache". Weder werde die Attraktivität der Bundeswehr erhöht noch erreiche man die Zielstrukturen. "Sie verschleppen die Probleme statt sie zu lösen", sagte Brugger an die Bundesregierung gewandt. Bei der anschließenden Abstimmung erhielten weder der genannte Antrag der Grünen noch die Entschließungsanträge von SPD (17/9986) und Grünen (17/9987) eine Mehrheit. (hau)