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Die SPD will ein generelles Schüler-BAföG einführen, das bedürftige Schüler weiterführender Schulen ab Klasse 10 als Vollzuschuss erhalten sollen. Im Bundestag stieß der Antrag "Einführung eines generellen Schüler-BAföG — Ein Instrument für mehr Chancengleichheit im deutschen Schulsystem" (17/9576), der zur Beratung in den Ausschuss überwiesen wurde, in der Debatte am Donnerstag, 28. Juni 2012, auf ein geteiltes Echo: Die Linke unterstützt ihn, Koalition und Grüne sind skeptisch.
Für die Bildungspolitikerin Marianne Schieder (SPD) ist klar: Ein allgemeines Schüler-BAföG könne vor allem finanzschwachen Familien den Entschluss erleichtern, ihre Kinder auf eine weiterführende Schule zu schicken. Noch immer hänge in Deutschland der Bildungsweg zu stark von der sozialen Herkunft und damit "dem Geldbeutel der Eltern" ab. Dieser Zusammenhang sei besonders stark in Bayern und Niedersachsen ausgeprägt. Gegen diese "soziale Schieflage" müsse etwas unternommen werden.
Von der geforderten Ausweitung der bisherigen BAföG-Regelungen könnten rund 183.00 Schüler profitieren. Auch angesichts des Fachkräftemangels sei dies sinnvoll. Schieders Fraktionskollege Swen Schulz (SPD) sagte, auch der nationale Bildungsbericht belege, dass Bildung abhängig sei von der sozialen Herkunft. So würden 77 Prozent der Kinder von Akademikern den "Weg an die Hochschulen finden", bei Eltern mit Hauptschulabschluss seien es nur 13 Prozent. Dass die CDU als Reaktion auf den Bericht dessen Autoren beschimpfe, sei eine "Wissenschaftsfeindlichkeit", die die SPD nicht mitmache.
Die Linke unterstützt den Vorstoß der Sozialdemokraten, fordert jedoch noch deutlich mehr. So sagte Nicole Gohlke (Die Linke), man wolle das Recht auf BAföG auf alle Schüler weiterführender allgemeinbildender Schulen ausweiten und es zudem sofort um zehn Prozent anheben.
Die Leistung müsse "die Lebenswirklichkeit real abdecken", dies sei mit der "lausigen Erhöhung" aus dem Jahr 2010 nicht möglich. Wenn die Politik handele, sei das BAföG der "beste Schutz vor Bildungsausgrenzung".
Diese Ansicht teilen Bündnis 90/Die Grünen: Kai Gehring sagte, der SPD-Antrag sei "allenfalls gut gemeint", lasse aber außer acht, dass Investitionen in Schulen meist wirkungsvoller seien als Transfers. So seien bessere Ganztagsschulen die beste Voraussetzung für eine erfolgreiche Schullaufbahn. Zudem sei bekannt, dass der Weg zu Abitur und Studium nicht vorrangig aus finanziellen Gründen in der Oberstufenphase scheitere.
Die "negative Auswahl" erfolge viel früher, in der Regel schon beim Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule. Zudem, so Gehring, sei ein "echtes Schüler-BAföG" zunächst Sache der Länder — und da seien aus den SPD-geführten Bundesländer keine relevanten Initiativen bekannt.
Auch die Koalition lehnt die SPD-Forderung ab. Unter Rot-Grün seien alle Vorstöße zum BAföG-Ausbau am Veto des ehemaligen Kanzlers Dr. Gerhard Schröder (SPD) gescheitert, sagte der CDU-Bildungspolitiker Stefan Kaufmann. Die Studie "Chancenspiegel", auf die sich die Sozialdemokraten in ihrem Antrag bezögen, sei "nicht ernst zu nehmen" — inzwischen führten "viele Wege" zur Hochschulzugangsberechtigung. Er sehe "keine strukturelle Benachteiligung".
Kaufmann warf der SPD eine "Wünsch-dir-was-Mentalität verbunden mit medialer Schaumschlägerei" vor. Es gehe momentan um eine Modernisierung des BAföG. Besonders bedeutend seien dabei die geplante Vereinfachung des Antragsverfahrens und die flächendeckende Einführung eines Online-Antrags.
Für die FDP forderte der bildungspolitische Sprecher der Fraktion Patrick Meinhardt (FDP), man müsse einen Blick auf die Realität werfen: Derzeit würden 200.000 Schüler Schüler-BAföG erhalten, dies sei "gelebte Bildungsgerechtigkeit". Wenn er jedoch sehe, dass in Sachsen die Bezugszahlen um 18 Prozent gestiegen, in Mecklenburg-Vorpommern dagegen um mehr als 21 Prozent gesunken seien, dann laufe "bildungspolitisch granatenmäßig etwas falsch".
Er fordere von der SPD eine klare Aussage, ob ihre Ministerpräsidenten dazu bereit seien, sich an einer Ausweitung des BAföG zu beteiligen und sich dann nicht "in die Büsche zu schlagen", wenn es um die Finanzierung ihres Anteils geht, sagte Meinhardt. (sku)