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Die SPD-Fraktion hat in einem ausführlichen Antrag die Einführung eines existenzsichernden Mindestlohnes in Deutschland verlangt. "Lohndumping muss flächendeckend verhindert werden", heißt es in dem Papier, das der Bundestag am Freitag, 23. April 2010, in einer rund 75-minütigen Debatte beraten will, und: "Menschen, die Vollzeit arbeiten, müssen von ihrer Arbeit auch menschenwürdig leben können." Die SPD-Fraktion verweist darauf, dass Deutschland inzwischen in Europa zu den Ländern mit dem höchsten Anteil an Niedriglohnbeschäftigung zähle. Nach offiziellen Angaben arbeiteten 2008 etwa 6,65 Millionen Menschen als Niedriglohnjobber und verdienten damit weniger als zwei Drittel des Durchschnittslohnes.
Um ein weiteres Abrutschen in Armutslöhne zu verhindern, fordert die SPD-Fraktion den Bundestag auf, unverzüglich einen Gesetzentwurf für einen Mindestlohn vorzulegen. Die Höhe des Mindestlohnes soll von einer unabhängigen Kommission vorgeschlagen werden, die mit Vertretern von Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Wissenschaftlern besetzt ist.
Branchenspezifische Lösungen dürfen die festgelegte Lohnuntergrenze nicht unterschreiten. Die Zollverwaltungen kontrollieren die Einhaltung des Mindestlohnes.
Um drohende Billigkonkurrenz aus den EU-Beitrittstaaten zu verhindern, solle zudem das Arbeitnehmer-Entsendegesetz auf alle Branchen ausgedehnt werden. Damit würden ausländische Arbeitgeber verpflichtet, in Deutschland zwingend geltende Arbeitsbedingungen und Mindeststandards wie Arbeitsschutzmaßnahmen einzuhalten.
Ein Mindestlohn sei auch notwendig, weil die Tarifbindung von Unternehmen in den vergangenen Jahren in Deutschland weiter rückläufig gewesen sei, heißt es in dem Antrag. So gälten in Deutschland Tarifverträge nur noch für 61 Prozent aller Arbeitsverhältnisse. In den übrigen EU-Staaten sei die Tarifbindung deutlich höher und reiche von 70 Prozent in Portugal bis 99 Prozent in Österreich.
Die SPD-Agbeordneten verweisen in ihrem Antrag auch auf die positiven Wirkungen eines Mindestlohnes auf die sozialen Sicherungssysteme. Mit einem Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde würde erreicht, dass ein Vollzeitarbeitnehmer eine Alterssicherung erhält, die oberhalb der Leistungen der Grundsicherung von derzeit 660 Euro monatlich liegt. Für die gesetzliche Rentenversicherung ergäben sich Mehreinnahmen von rund drei Milliarden Euro und für die Bundesagentur für Arbeit von etwa 500 Millionen Euro jährlich. Die positiven Effekte für die Binnennachfrage seien damit noch nicht berücksichtigt.
Auch für Unternehmen hat ein Mindestlohn nach Überzeugung der SPD-Parlamentarier positive Auswirkungen. Sie verweisen dabei auf die Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern, insbesondere aus Großbritannien, wo eine gesetzlich vereinbarte unterste Lohngrenze keine negativen Beschäftigungseffekte gehabt habe, wie dies von Kritikern befürchtet werde.
Auch in Deutschland habe sich ein branchenbezogener Mindestlohn positiv auf die Beschäftigungssituation ausgewirkt, erklärt die Fraktion. Das betreffe beispielsweise das Bauhauptgewerbe, Gebäudereinigung, Briefdienstleistung, Wäschereidienstleistung und die Abfallwirtschaft.
"Lohndumping belastet seriös arbeitende Unternehmen und verdrängt diese vom Markt", schreiben die Abgeordneten. Deshalb dürfe es nicht sein, dass der Steuerzahler Lohndumping der Unternehmen durch ergänzendes Arbeitslosengeld II bezahlen müsse.
Als zwingend notwendig erachtet die SPD-Fraktion die Einführung einer unteren Lohngrenze, weil die Niedriglohnbeschäftigung seit den neunziger Jahren in Deutschland ständig zugenommen habe. Selbst in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs wie 2004 sei der Anteil der Niedriglohnjobber nach Angaben des Institutes für Arbeit und Qualifikation (IAQ) noch weiter gestiegen.
Der Verdienst von mehr als zwei Millionen Vollzeitbeschäftigten liege derzeit unterhalb von einem Stundenlohn von sechs Euro. "Fairer Wettbewerb soll über Produktivität und Qualität der Leistung und nicht über Lohndumping ausgetragen werden", heißt es deshalb in dem Antrag der Fraktion.