Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2010 > Millenniumsziele
Die Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele ist in Gefahr. Das jedenfalls befürchtet die Opposition im Deutschen Bundestag und fordert daher in jeweils eigenen Anträgen, die am Donnerstag, 17. Juni 2010, ab 14.10 Uhr in erster Lesung beraten werden, ein verstärktes Engagement der Bundesregierung in Fragen der Entwicklungspolitik.
Auf der 55. Generalversammlung der Vereinten Nationen im September des Jahres 2000 in New York wurden sie vereinbart: die Millenniumsentwicklungsziele. Staats- und Regierungschefs einigten sich damals auf einen Maßnahmenkatalog mit konkreten Ziel- und Zeitvorgaben und dem übergeordneten Ziel, die Armut in der Welt bis zum Jahr 2015 zu halbieren.
Zu den Zielen zählt die Bekämpfung von extremer Armut und Hunger, die Schaffung von Bildungsmöglichkeiten für Jungen und Mädchen, die Gleichstellung der Geschlechter, die Reduzierung der Kindersterblichkeit, eine bessere Gesundheitsversorgung von Müttern, die Bekämpfung von Aids, ökologische Nachhaltigkeit und der Aufbau einer globalen Entwicklungspartnerschaft.
Aus Sicht der SPD-Fraktion ist die Zwischenbilanz bei der Umsetzung der Ziele "zwiespältig". In einigen Bereichen seien wichtige Fortschritte erzielt worden, heißt es im Antrag der Fraktion (17/2018).
In anderen wiederum seien "noch große Anstrengungen erforderlich", um die Zielvorgaben in den verbleibenden fünf Jahren erreichen zu können. Das UN-Gipfeltreffen im September in New York, so schreibt die Fraktion, sei die wohl letzte Chance, "konkrete Pläne für ein koordiniertes Vorgehen bei der Realisierung der Ziele zu entwickeln".
Dazu müsse sich aber das Verhalten der Bundesregierung ändern, fordern die Sozialdemokraten. Die Regierung müsse "ihrer Verantwortung für die Ärmsten gerecht werden" und zur "engagierten Entwicklungspolitik der Jahre 1989 bis 2009 zurückkehren". Deutschland solle eine Vorreiterrolle im Kampf gegen Armut und Hunger in der Welt einnehmen.
Die Kritik an der Entwicklungspolitik der Bundesregierung und damit an Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) besteht seit Beginn dieser Legislaturperiode. Nicht zuletzt deshalb, weil die Freidemokraten eigentlich das Entwicklungsministerium in das Auswärtige Amt integrieren wollten, ehe mit Niebel ausgerechnet ein FDP-Politiker das Ministerium übernahm.
Der hält auch weiter am Ziel fest, die Gelder für Entwicklungshilfe bis 2015 wie geplant auf 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung zu erhöhen. Noch im April jedenfalls hatte er im Gespräch mit UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon betont, dass Deutschland weiterhin zu seinen Verpflichtungen und seiner internationalen Verantwortung stehe. Die Bundesregierung setze sich nachdrücklich dafür ein, dass die Konferenz im September ein Erfolg wird.
Dass dies tatsächlich gelingen kann bezweifeln die Oppositionsfraktionen. Sie kritisieren, dass die Bundesregierung ihre Entwicklungsmittel in diesem Jahr nicht, wie im EU-Stufenplan zugesagt, auf 0,51 Prozent des Bruttonationaleinkommens gesteigert hat.
Deutschland verfehle mit einer prognostizierten Quote von 0,40 Prozent das Stufenziel der EU deutlich, schreibt etwa die Linksfraktion in ihrem Antrag (17/2024). Von dem Ziel, bis 2015 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens in Entwicklungshilfe zu investieren, sei Deutschland "weit entfernt".
Um die Glaubwürdigkeit der Entwicklungspolitik wiederherzustellen, müsse die Bundesregierung ihre Versprechen an die Entwicklungsländer "spätestens bis 2015 verbindlich erfüllen", fordern die Abgeordneten. Sie verlangen von der Regierung, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der das 0,7-Prozent-Ziel bis 2015 festschreibt.
Gleichzeitig wird gefordert, Mittel für Klimaschutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern nicht in die 0,7-Prozent Quote einzuberechnen, wie es die Bundesregierung tue, sondern zusätzlich bereitzustellen.
Auch die SPD-Fraktion fordert die Einhaltung des 0,7-Prozent-Ziels. Sie schlägt vor, die Mehrausgaben unter anderem durch innovative Finanzinstrumente wie etwa eine Finanztransaktionssteuer und Einnahmen aus der Versteigerung von Kohlendioxidzertifikaten zu finanzieren.
Die Linksfraktion plädiert ebenfalls für eine Finanzstransaktionssteuer sowie für eine Flugticketabgabe. Darüber hinaus sieht sie "große Einsparpotenziale" innerhalb des bestehenden Haushalts, insbesondere im Etat des Verteidigungsministeriums.
Neben den Anträgen von SPD- und Linksfraktion diskutieren die Abgeordneten am Donnerstag auch einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/2132), der fordert, "mit dem Global Green New Deal die Millenniums-Entwicklungsziele zu erreichen". Darin erinnern die Grünen daran, dass die Bundesregierung sich international verpflichtet habe, einen Beitrag im Kampf gegen Hunger und Armut zu leisten.
Bis 2010 sollten Mittel in Höhe von 0,51 Prozent des Bruttonationaleinkommens dazu bereitgestellt werden. Dieses Versprechen werde mit dem Bundeshaushalt 2010 alles andere als erreicht, so die Fraktion. Um 2,2 Milliarden Euro verfehle die Regierung ihr einst angekündigtes Ziel.