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Eine endgültige Definition dieser neuen Kennziffer hat die Arbeitsgruppe noch nicht entwickelt. Vogelsang skizzierte jedoch vor den 17 Parlamentariern und 17 Wissenschaftler des unter dem Vorsitz von Daniela Kolbe (SPD) tagenden Gremiums die Zielrichtung dieser Diskussion. So soll eine begrenzte Zahl von Indikatoren helfen, einen erweiterten Wohlstandsbegriff zu finden, der über das BIP hinausreicht.
Laut Zwischenbericht kann sich etwa der gesellschaftliche Zusammenhalt darin widerspiegeln, wie es um Freiheit und Demokratie steht. Die Einkommensverteilung sowie der Zugang zu Arbeit und Bildung würden den Faktor Verteilungsgerechtigkeit verdeutlichen. Der Zugang zu medizinischen Leistungen könne offenlegen, was es mit der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung auf sich hat. Diskussionsbedarf wird es aus Vogelsangs Sicht nicht zuletzt bei den Kategorien der ökologischen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit geben. Bei diesen Kennziffern dreht es sich beispielsweise um den Ressourcenverbrauch und die Energieeffizienz sowie unter finanziellen Gesichtspunkten um die Staatsverschuldung.
Vogelsang betonte, der neue Fortschrittsbegriff müsse präzise gefasst und „gut kommunizierbar“ sein, damit das Ergebnis der Enquetekommission „nicht in Bücherschränken verschwindet“, sondern von der Bevölkerung verstanden und akzeptiert werden könne. Die kompliziert formulierte Nachhaltigkeitsstrategie der Regierung sei bei den Bürgern bislang kaum bekannt. Als CDU-Politikerin unterstrich sie die Position der Unionsfraktion, dass zu einem erweiterten Wohlstandsbegriff auch künftig Wirtschaftswachstum und die „Dimension der Freiheit“ gehören.
Für die SPD erläuterte der Sachverständige Gert Wagner, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt wesentlich in einer gerechten Verteilung von Einkommen und Vermögen wurzele. Bei der Neudefinition von Lebensqualität, die sich nicht mehr allein auf das BIP stütze, spielten überdies die Wohnqualität, die Teilhabe an „guter Arbeit“, eine gute Gesundheitsversorgung und Chancengleichheit im Bildungswesen eine zentrale Rolle. Zu berücksichtigen seien, natürlich auch ökologische Kriterien, sagte Wagner. Finanzielle Nachhaltigkeit drücke sich vor allem in einem langfristig ausgeglichenen Staatshaushalt aus.
Der FDP-Abgeordnete Florian Bernschneider verwies auf ein Dilemma jeder Wohlstandsmessung, die sich nicht auf das rein ökonomisch und statistisch ausgerichtete BIP beschränkt: Jeder definiere anders, was für ihn Wohlergehen und Lebensqualität bedeute, weshalb ein solcher Begriff stets sehr persönlich geprägt sei. Aus Sicht des Liberalen muss man sich bei der Erarbeitung eines neuen Fortschrittsindikators auch mit wenig beachteten Detailproblemen auseinandersetzen. So könne etwa angesichts aktuell hoher BIP-Zuwächse aus dem Blick geraten, dass gleichzeitig vielleicht die Zahl der Patentanmeldungen spürbar zurückgehe – was sich dann in der Zukunft auf das BIP negativ auswirken würde.
Im Namen der Linksfraktion kritisierte Sabine Leidig die einseitige Verteilung des Wirtschaftswachstums, die sich im BIP bislang nicht niederschlage. Zudem beklagte die Parlamentarierin, dass einerseits die Staatsverschuldung wachse, andererseits aber die privaten Geldvermögen zunähmen. Ökologische Belastungen würden vom BIP ebenfalls nicht erfasst. Vor allem wegen solcher Widersprüche sei das BIP als Messgröße für Wohlstand in „Verruf geraten“.
Für die Grünen sagte die Abgeordnete Valerie Wilms, ein neuer Fortschrittsbegriff müsse besonders die Nachhaltigkeit in den Kategorien des ökonomischen, ökologischen und sozialen Wohlstands zum Ausdruck bringen. Es sei „erstaunlich“, wie wenig bekannt bislang Nachhaltigkeitsstrategien selbst bei vielen Parlamentariern und anderen politischen Entscheidungsträger seien. Deshalb müsse ein neuer Indikator für Lebensqualität „kommunizierbar“ definiert werden, damit sich die Bürger von dieser Diskussion angesprochen fühlten.
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