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I. Französische Revolution und deutscher Frühparlamentarismus
2. Wiener Kongress und Deutscher Bund
Nach dem Sieg über Napoleon verhandeln vom September 1814 bis zum Juni 1815 in Wien die Fürsten und Minister der siegreichen Hauptmächte und Frankreichs über die Neuordnung der durch Revolution und Krieg aus den Fugen geratenen Staatenwelt Europas. Ziel aller Verhandlungsführer ist die Wiederherstellung des europäischen Mächtegleichgewichts. Für Österreich und Preußen bedeutet dies in erster Linie die Stabilisierung ihres europäischen Einflusses, während die unter Napoleon neu geschaffenen deutschen Mittelstaaten ihre Souveränität sichern wollen. Am Ende der Verhandlungen bleiben die territorialen Veränderungen in Deutschland - von einigen Ausnahmen abgesehen - weitgehend unangetastet, während die von Napoleon eingesetzten Statthalter wieder durch legitime Fürsten ersetzt werden. Die Wiederherstellung des 1806 aufgelösten Reiches wird von den Großmächten abgelehnt.
An seine Stelle tritt der aus 37 souveränen Fürstentümern und vier freien Städten zusammengesetzte Deutsche Bund, dessen gemeinsames Verfassungsorgan, die aus Gesandten der Fürsten bestehende Bundesversammlung, in Frankfurt am Main tagt. Ihre Aufgabe besteht vor allem darin, das monarchische System sowie die Unabhängigkeit der Einzelstaaten zu sichern und die neuen sozialen und politischen Kräfte niederzuhalten. Für die liberale Bewegung und die an den antinapoleonischen Freiheitskämpfen Beteiligten rückt damit nicht nur die angestrebte nationale Einheit, sondern auch die Erfüllung politischer Reformen in weite Ferne. Zwar besagt die den politischen Auftrag des losen Staatenbunds absteckende Bundesakte in Artikel XIII, dass in"allen Bundesstaaten eine landständische Verfassung stattfinden wird". Doch weder zu ihrer inhaltlichen Ausgestaltung noch über den Zeitpunkt ihrer Einführung enthält der Artikel genauere Aussagen, so dass den Fürsten genügend Ermessensspielraum verbleibt. Während Preußen und Österreich eine Konstitution ablehnen, nutzen allerdings die süddeutschen Staaten die Bestimmung der Bundesakte, um Repräsentativverfassungen zu erlassen, die zugleich freiheitliche Grundrechte, erste Ansätze politischer Gewaltenteilung und ihre Souveränität gegenüber dem Deutschen Bund sichern sollen. Angesichts der inneren Strukturunterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten findet die unter dem Vorsitz Österreichs stehende Bundesversammlung nur begrenzt zu einer für alle verbindlichen Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung. Erweist sie sich in dieser Hinsicht als äußerst schwerfällig und reformfeindlich, so gelingt es ihr durch die Unterdrückung freiheitlicher Bestrebungen, den inneren und äußeren Frieden für lange Zeit aufrecht zu erhalten.