Navigationspfad: Startseite > Besuchen Sie uns > Ausstellungen > Ständige Ausstellung > Katalog > I. Französische Revolution und deutscher Frühparlamentarismus, Teil 3
In den Jahrzehnten zwischen 1815 und der im März 1848 ausbrechenden Revolution, dem so genannten "Vormärz", entwickeln sich in Opposition zum Deutschen Bund zahlreiche politische Gegenströmungen, zu deren einflussreichsten die liberale und nationale Bewegung zählen. Trotz unterschiedlicher sozialer und politischer Zielvorstellungen sind sich die Anhänger dieser Bewegungen darin einig, dass die überkommene Gesellschafts- und Staatsordnung nur in einem Nationalstaat auf parlamentarischer Grundlage überwunden werden könne. Während in Burschenschaften organisierte Studenten am 18. Oktober 1817 auf der Wartburg in erster Linie für die nationale Einheit Deutschlands demonstrieren und im Anschluss daran einige von ihnen mit der Verbrennung absolutistischer Symbole den politischen Gegner provozieren wollen, geht es den Vertretern des Liberalismus hauptsächlich um die Durchsetzung bürgerlicher Freiheitsrechte sowie um direkte politische Mitsprache in allen das staatliche Gemeinwesen betreffenden Fragen. Dieses Anliegen wollen sie auf legalem Weg erreichen und in modernen Repräsentativverfassungen verankert sehen. Zwar gelingt es den Liberalen in den für das Bürgertum eingerichteten parlamentarischen Vertretungen, den Kammern, einzelne Reformen durchzusetzen, doch scheitern substanzielle Forderungen immer wieder an dem Alleinvertretungsanspruch der Monarchie.
Eine verfassungspolitische Dynamik, jetzt vor allem in den nord- und mitteldeutschen Staaten, entwickelt sich erst wieder nach der französischen Julirevolution von 1830, in deren Folge es auch in Deutschland zu zahlreichen Erhebungen kommt. Das Hambacher Fest, auf dem im Mai 1832 über 20.000 Menschen für die nationale Einheit, Pressefreiheit und Verfassungsreformen demonstrieren, und der gewaltsame Umsturzversuch einer Handvoll Studenten und Handwerker in Frankfurt am Main 1833 liefert den Monarchen erneut Anlass, die Schraube der Repression stärker anzuziehen. Dies hält jedoch sieben Professoren der Göttinger Universität 1837 nicht davon ab, gegen einen Willkürakt des hannoverschen Königs zu protestieren, der die vier Jahre zuvor erlassene konstitutionelle Verfassung eigenmächtig wieder aufgehoben hat. Durch diese Zivilcourage, die ihre Entlassung nach sich zieht, werden die "Göttinger Sieben" über Nacht zu nationalen Symbolfiguren des liberalen Widerstands. Hoffnungen auf politische Veränderungen macht sich die liberale Bewegung aber erst wieder mit der Thronbesteigung Friedrich Wilhelm IV., der in Preußen gemäßigte Minister beruft und die Repressionsmaßnahmen lockert. Vor diesem Hintergrund kristallisieren sich bei den Liberalen eine stärker republikanische und eine eher konstitutionelle Richtung heraus, was im Herbst 1847 zur Spaltung der Bewegung führt.