Navigationspfad: Startseite > Besuchen Sie uns > Ausstellungen > Ständige Ausstellung > Katalog > II. Die Revolution von 1848/49, Teil 1
Der politische Gärungsprozess in Deutschland und Europa wird seit Mitte der 1840er Jahre von wirtschaftlichen Krisen begleitet, die sich im Februar 1848 zunächst in Frankreich in sozialen Unruhen entladen und zum Sturz des "Bürgerkönigs" Louis Philippe führen. Nur wenige Tage vergehen bis der revolutionäre Funke auch auf die deutschen Staaten überspringt, wo sich das Bürgertum bald an die Spitze der Volksversammlungen und Demonstrationen stellt und den politischen und sozialen Protest in den so genannten Märzforderungen artikuliert. Die Kernforderungen zielen auf die Einführung der Pressefreiheit, die Einrichtung von Schwurgerichten, die Volksbewaffnung und die Berufung eines nationalen Parlaments.
Die regierenden Monarchen indes trifft die Dynamik der Ereignisse so überraschend, dass sie es kaum wagen, den revolutionären Erhebungen breiter Schichten militärisch entgegenzutreten. Im Gegenteil: Um die Lage zu entschärfen, kommen sie den Forderungen mit der Berufung liberaler Minister entgegen. Während in Österreich der hochkonservative Staatskanzler Fürst Metternich dem gewaltigen Druck der Straße weichen muss, eine bewaffnete Bürgergarde zugelassen und dem Volk eine Verfassung versprochen wird, spitzt sich auch in Preußen die Lage zu. Nachdem es in den Tagen zuvor mehrfach zu blutigen Zusammenstößen zwischen Militär und dem protestierenden Volk gekommen war, veranlassen die Nachricht von der erfolgreichen Erhebung in Wien und die angespannte Atmosphäre in Berlin den preußischen König dazu, die Zensur aufzuheben und den Landtag einzuberufen. Als während der Beifallsbekundungen der auf dem Schlossplatz versammelten Menge zufällig ein Schuss fällt, kommt es doch noch zu Straßenkämpfen, bei denen mehr als 230 Menschen sterben. Drei Tage später reitet der König mit angelegter schwarz-rot-goldener Binde durch Berlin und weckt mit seiner Ankündigung, Preußen gehe fortan in Deutschland auf, bei vielen Bürgern die Hoffnung auf die nationale Einheit. Mit der Berufung eines liberalen Ministeriums sowie der Einsetzung einer preußischen Nationalversammlung im Mai schafft er die Voraussetzungen für eine konstitutionelle Monarchie in Preußen.
Die Mehrheit des liberalen Bürgertums ist mit Erfüllung der Märzforderungen an einer Weiterführung der Revolution, wie sie die radikale Linke fordert, nicht mehr interessiert. Sie setzt ihre politischen Hoffnungen auf die Einberufung eines nationalen Parlaments und die konstruktive Zusammenarbeit mit den alten Gewalten.