Navigationspfad: Startseite > Besuchen Sie uns > Ausstellungen > Ständige Ausstellung > Katalog > IV. Die Weimarer Republik, Teil 4
IV. Die Weimarer Republik
4. Innenpolitische Stabilisierung und fortdauernde Konflikte
In dem Jahrfünft zwischen 1924 und 1929 kommt es zu einer relativen Stabilisierung der innen- und außenpolitischen sowie der wirtschaftlichen Verhältnisse. Trotzdem gelingt es dem Parlament und den Parteien nicht, das politische und sozialökonomische System auf Dauer zu festigen und stabile Regierungsmehrheiten zu bilden. Die Gründe sind einerseits in der kompromisslosen Haltung der Koalitionsparteien in Einzelfragen zu suchen, andererseits in den oft divergierenden Ansichten zwischen den Regierungsparteien und den sie tragenden Fraktionen. In besonders umstrittenen Fällen erweist sich deshalb bereits in dieser Phase der Reichspräsident als letzte Entscheidungsinstanz. Nach dem Tod von Friedrich Ebert 1925 erfolgt unter der Ägide seines Nachfolgers, des Kriegshelden und Monarchisten Paul von Hindenburg, eine konservative Trendwende. Der schleichende Macht- und Ansehensverlust des Parlaments manifestiert sich auch immer wieder in fortdauernden Konflikten, die zur Krise oder zum Sturz der jeweiligen Koalitionsregierung führen.
Obwohl die bis dahin regierenden Parteien bei den Reichstagswahlen im Dezember 1924 angesichts erster Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung von den Wählern eine neue Chance erhalten, sind sie nicht in der Lage, eine Mehrheitsregierung zu bilden. Selbst das daraufhin gebildete bürgerliche Minderheitskabinett unter Hans Luther (parteilos) scheitert nach seiner ersten Umbildung binnen weniger Monate an einem politisch vergleichsweise geringfügigen, symbolisch aber aufgeladenen Problem. Im - am Ende für die Monarchisten erfolgreichen - Streit darüber, ob an deutschen Gesandtschaftsgebäuden in Übersee die Flagge des Kaiserreichs gehisst werden darf, verliert die Regierung ihren parlamentarischen Rückhalt und stürzt über einen Misstrauensantrag der SPD. Für folgenreiche Kontroversen sorgt auch der von SPD und KPD initiierte Volksentscheid über die Enteignung fürstlichen Vermögens zu Gunsten sozialer Reformmaßnahmen. Obwohl mehr als 15,6 Millionen Deutsche die Enteignung befürworten, scheitert der kurz zuvor von Hindenburg an die Erreichung der absolute Mehrheit geknüpfte Plebiszit. Der von den bürgerlichen Parteien als Provokation empfundene Volksentscheid verhindert zunächst ein Zusammengehen mit der SPD. Erst als das bürgerliche Kabinett Marx im Mai 1928 auseinander fällt, kommt es zur Bildung einer Großen Koalition unter Führung Hermann Müllers (SPD). Aber auch sie leidet an koalitions- und fraktionsinternen Differenzen, die trotz der gemeinsamen außenpolitischen Erfolge nicht überwunden werden können. Schließlich zerbricht das Regierungsbündnis an den politischen Herausforderungen der Weltwirtschaftskrise.