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Die neue Demografiestrategie, auf die sich die Bundesregierung zuvor in ihrer Kabinettsitzung geeinigt hat, stand im Mittelpunkt der Regierungsbefragung am Mittwoch, 25. April 2012, ab 13 Uhr. Ziel der Strategie, mit der die Koalition auf die Herausforderungen des demografischen Wandels reagieren will, sei es, den Menschen in jedem Alter die Chance zur Entfaltung und Nutzung ihrer Fähigkeiten zu geben, sagte Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU) bei der Vorstellung im Plenum. "Wir brauchen jeden zur Gestaltung der Gesellschaft." Jedes Alter zählt, sei deshalb auch das Motto der Demografiestrategie.
Schon jetzt seien die Auswirkungen des demografischen Wandels greifbar: "Kurz gesagt, wir werden weniger und älter." Doch auf diese Tatsache dürfe die Politik nicht reagieren wie das Kaninchen auf die Schlange und abwarten, bis sie zum Problem werde, mahnte Friedrich. "Wir müssen den Wandel als Chance für eine Modernisierung der Gesellschaft begreifen." In diesem Sinne habe die Bundesregierung mit der Strategie ein Rahmenwerk zur Verfügung gestellt.
Im Mittelpunkt der Strategie stünden, so der Innenminister, insgesamt sechs Themenbereiche, in denen die Menschen die Auswirkungen des demografischen Wandels ganz unmittelbar erfahren: So etwa "Familie", "Arbeitswelt", "Selbstbestimmtes Leben im Alter" oder "Ländlicher Raum und Metropole". Diese Themen würden nun in Arbeitsgruppen "ebenenübergreifend" im Dialog mit Ländern und Kommen diskutiert, kündigte der Innenminister an. Die Verabschiedung der Strategie im Kabinett sei dafür der"Startschuss", sagte Friedrich, bevor er sich nach seiner etwa fünfminütigen Vorstellung der Strategie den Fragen der Parlamentarier stellte.
So wollte Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) insbesondere wissen, wie denn die vom Innenminister zuvor skizzierten Strategieziele zu dem ebenfalls von der Bundesregierung geplanten Betreuungsgeld passten. Innenminister Friedrich betonte daraufhin, man wisse, dass ein großes Anliegen vieler Familien mehr Zeitsouveränität sei.
Diesem komme die Bundesregierung nach, in dem sie ihnen verschiedene Angebote mache: "35 bis 40 Prozent der Eltern wollen ihr Kind in der Kita betreuen lassen, dem tragen wir Rechnung und treiben den Kitaausbau voran", sagte der Unionspolitiker. Andere bevorzugten aber Tagesmütter oder betreuten lieber ihre Kinder selbst. "Wir unterstützen diese Wahlfreiheit, und das Betreuungsgeld leistet dazu einen Beitrag."
Welche Lösungsansätze die Bundesregierung gefunden habe zum Umgang mit den schon jetzt "frühen und heftigen" Folgen des demografischen Wandels im ländlichen Raum, wollte dagegen Ingbert Liebing (CDU/CSU) wissen. "Welche Themen und Handlungsfelder haben Sie identifiziert? Welche Maßnahmen wollen Sie umsetzen?", fragte der Abgeordnete aus Nordfriesland.
Friedrich nannte insgesamt vier seiner Ansicht nach zentrale Bereiche, in denen Anstrengungen notwendig seien: So insbesondere der Zugang zu Bildung, die Verbesserung der Infrastruktur - also der Mobilität, aber auch der Versorgung mit Internet – die Gesundheitsversorgung und die Kultur. Gerade die Wichtigkeit dieses Bereichs unterstrich der Minister: "Es darf nicht sein, dass Kultur nur in Metropolen existiert und man anderswo keinen Zugang dazu hat."
Heidrun Dittrich (Die Linke) wollte dagegen vom Innenminister wissen, ob er mit ihr übereinstimme, dass es eine der Grundlage des deutschen Sozialstaates und der Gesellschaft sei, dass die, die arbeiten, jene unterstützen, die dies nicht oder nicht mehr könnten. Derzeit sei der Gesamtquotient, also die Relation im Verhältnis von Alten und Jungen, in der Gesellschaft so niedrig wie nie zuvor, gab die Abgeordnete zu bedenken und fragte nach möglichen Verteilungsproblemen.
Friedrich stimmte dem zu und betonte, dass es deshalb so wichtig sei, kein Potenzial zu verschenken: Die Jahre des Ruhestands könnten etwa in einem Ehrenamt sinnvoll für die Gesellschaft genutzt werden. "Wir müssten dieses Potenzial nutzen, um die Gesellschaft zu verändern, aber auch um große Errungenschaften zu bewahren", so Friedrich.
Sebastian Körber (FDP) interessierte sich für die Pläne der Bundesregierung im Bereich Wohnen und Städtebau: "Was soll hier passieren?"
Innenminister Friedrich machte daraufhin klar, dass gerade der alters– und behindertengerechte Ausbau von Wohnungen ein wichtiger Bestandteil der Strategie sei, um dem Wunsch der meisten Menschen nachzukommen, so lange wie möglich im Alter in ihren eigenen vier Wänden leben zu können.
Elisabeth Scharfenberg (Bündnis 90/Die Grünen) gestand zu, dass in der Strategie insbesondere im Themenbereich "Alter" wichtige Punkte genannt würden. Sie kritisierte jedoch, dass diese bei aktuellen Gesetzesvorhaben, wie etwa dem Pflegeneuausrichtungsgesetz, nicht berücksichtigt würden: "Wenn wir doch dies alles wissen, warum wird es dann nicht umgesetzt? Warum bleibt es, wie etwa beim neuen Pflegebegriff, immer nur bei Absichtserklärungen, denen keine Taten folgen?"
Friedrich wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in Deutschland der Zeitraum zwischen dem Pflegebeginn und dem Tod häufig relativ lang sei. Der Prävention komme hier eine wichtige Rolle zu, denn so sei es möglich, diesen Zeitraum zu verkürzen. Beim Thema Pflege sei insbesondere der Aspekt des menschenwürdigen Lebens zu beachten, so der Minister. (sas)